Nach der Drohung eines Reichsbürgers bereitet sich die Polizei im Maierhöfen auf eine bewaffnete Konfrontation vor, kann den Mann aber zur Aufgabe bewegen.

Leichte Zunahme rechter Straftaten im Allgäu

Angriffe auf Geflüchtete, Nazipropaganda und Waffen: Auch im Allgäu spiegelt sich der bayernweit wieder leicht steigende Trend rechtsmotiverter Straftaten.

Für das 1. Halbjahr 2019 verzeichnet das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West derzeit 66 Straftaten aus dem Bereich Politisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK-rechts). Das teilte Behördensprecherin Johanna Graf auf Anfrage von Allgäu ⇏ rechtsaußen mit. Dabei handelt es sich wie in den vergangenen Jahren vor allem um Propagandadelikte und Fälle von Volksverhetzung.

Leichter Anstieg rechter Straftaten

Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren das noch 64 Taten. Das entspricht wie auch in ganz Bayern einem leichten Anstieg der rechtsmotivierten Straftaten. Im gesamten Jahr 2018 summierten sie sich für den Bereich Schwaben Süd/West auf 182. Rechnerisch kommt es damit im Allgäu alle zwei Tage zu einer rechten Straftat.

Mehr zu diesem Thema:  Alle zwei Tage eine rechte Straftat im Allgäu

Die diesjährige Fallzahl ist allerdings als vorläufig zu betrachten, denn sie bildet nur jene Straftaten ab, die sich im 1. Halbjahr ereigneten und bereits gemeldet wurden. Der Zeitraum zwischen der Tat und ihrer Anzeige bei der Polizei könne mehrere Wochen oder Monate betragen, so die Polizeihauptkommissarin. Daher können sich die Fallzahlen bis zur endgültigen Erhebung Anfang 2020 noch entsprechend verändern.

Angriffe auf Geflüchtete, Nazipropaganda und Waffen

Unter den rechtsmotivierten Straftaten im ersten Halbjahr 2019 sind mehrere Volksverhetzungsdelikte gegen Geflüchtete und Angriffe auf diese und ihre Unterkünfte. Einige davon sind erst jüngst bekannt geworden, da sie die Polizei sie nur intern erfasste, ohne die Öffentlichkeit zu informieren.

Im Folgenden listen wir eine Auswahl der von uns im ersten Halbjahr gemeldeten rechtsradikalen Taten aus dem Bereicht des Polizeipräsidium Schwaben Süd/West.

01. Januar 2019, Betzigau. Hakenkreuz in Motorhaube geritzt: Unbekannte ritzen ein Hakenkreuz in einen weißen Audi, der über den Jahreswechsel An der Letze geparkt war.

09. Januar, Kaufbeuren. Propaganda selbsternannter »Faschisten des dritten Jahrtausends« in Kaufbeuren: Propaganda der Identitären Bewegung und italienischer Faschisten wird in in der Stadtmitte und in der Hans-Seibold-Straße entfernt.

13. Januar, Lindau. Neonazis läuten das Jahr mit rassistischer Hetze in Lindau ein: Der Dritte Weg hetzt in Lindau gegen Geflüchtete.

20. Januar, Kempten. Neonazipartei hetzt in Kempten wegen möglichem Ankerzentrum: Neonzipartei nutzt mögliche Einrichtung eines Ankerzentrums, um gegen Betroffene zu hetzen.

05. Februar, Neu-Ulm. »NSU SÜD« in Neu-Ulm geschmiert: Unbekannte schmieren den Schriftzug »NSU SÜD» und ein Hakenkreuz an einen Verteilerkasten der SWU Stadtwerke im Neu-Ulmer Stadtteil Burlafingen.

06. Februar, Kaufbeuren. Nazischmierereien am Rathaus: Am Kaufbeurer Rathaus werden nationalsozialistische Symbole entdeckt.

17. Februar, Kaufbeuren. Hakenkreuz am Ersatzbankhäuschen: Am Wochenende sprühen Unbekannte ein Hakenkreuz mit Graffiti auf ein Ersatzbankhäuschen am Fußballplatz des TSV Oberbeuren.

18. Februar, Pfronten. Mann beschimpft und verängstigt Kinder: Ein 56-Jähriger Mann verängstigt Schülerinnen, indem er sie mehrfach lauthals beschimpft. Die Polizei geht von einem ausländerfeindlichen Motiv aus.

19. Februar, Maierhöfen. Reichsbürger droht mit massiver Gewalt: Nach der Drohung eines Reichsbürgers bereitet sich die Polizei auf eine bewaffnete Konfrontation vor, kann den Mann aber zur Aufgabe bewegen.

22. Februar, Kempten. Erneute Hetze wegen möglichem Ankerzentrum: Schon wieder nutzt Neonazipartei mögliche Einrichtung eines Ankerzentrums, um gegen Betroffene zu hetzen.

23. Februar, Mindelheim. Hitlgergruß im Fasching: Wegen eines Hitlergrußes im Fasching ermittelt die Polizei gegen einen 18-Jährigen.

25. Februar, Friedrichshafen. Neonazis ködern Jugendliche: Der Dritte Weg verteilt angeblich Hunderte Flugblätter und will »der deutschen Jugend eine Alternative« zu den Grünen sein.

02. März, Memmingen. Wieder Konzert in Memminger Neonazi-Clubheim: Mit einem Konzert nimmt die Neonazikameradschaft Voice of Anger den Betrieb ihres Clubhauses bei Memmingen wieder auf. An der Polizei geht der Auftritt von Der Kahlkopf Metzger und Unbeliebte Jungs aber vorbei.

07. März, Kempten. Nazi-Hetze am Reichelsberg: Mehrere Anwohner berichten von erneuter Neonazi-Flugblattaktion. Damit will Der Dritte Weg ein mögliches Ankerzentrum zur Hetze gegen Betroffene instrumentalisieren.

09. März, Eisenburg. Der Dritte Weg flyert in Eisenburg: Die Neonazipartei Der Dritte Weg verteilt rassistische Flugblätter in Eisenburg und ruft zur Mai-Demonstration im sächsischen Plauen auf

10. März, Kempten/Lindau. »Heldengedenken« in der Tradition des Dritten Reiches: Nicht ohne direkten Bezug auf das Dritte Reich treffen sich Neonazis zum »traditionellen Heldengedenktag« in Kempten, Lindau und Vorarlberg.

18. März, Memmingen. Rassistische Flugblätter in Memmingen-Dickenreishausen und Trunkelsberg: Die Neonazipartei Der Dritte Weg verteilt wieder rassistische Flugblätter in Memmingen.

25. März, Unterallgäu. Rassistische Flugblätter in Buxheim und Zell: Die Neonazipartei Der Dritte Weg verteilt wieder rassistische Flugblätter in Buxheim und Zell.

30. März, Memmingen. »Geburtstagsfeier« im Voice of Anger Clubheim: Mehrere Dutzend Neonazis feiern im Clubheim von Voice of Anger einen angeblichen Geburtstag.

01. April, Ottobeuren. Neonazis flyern in Ottobeuren: Aktivisten der neonazistischen Partei Der Dritte Weg fallen erneut mit rassistischen Flugblättern auf.

09. April, Kimratshofen. Rassistische Flugblätter in Kimratshofen: Aktivisten der Neonazipartei Der Dritte Weg verteilen rassistische Flugblätter im Altusrieder Ortsteil Kimratshofen.

11. April, Türkheim. Scheibe an KZ-Gedenkstätte eingeworfen: Mit einem Stein werfen Unbekannte ein Scheibensegment auf der Rückseite der jüdischen KZ-Gedenkstätte ein. Die Polizei sieht ein rechtsradikales Motiv.

15. April, Sonthofen. Vater und Kleinkind bespuckt: Ein Radfahrer beleidigt »ausländischen Mitbürger« und Kleinkind und spuckt beiden ins Gesicht.

20. April, Memmingen. Hitler-Verehrer im Kleingarten: Am »Führergeburtstag« treffen sich Neonazis im Clubhaus von Voice of Anger in Memmingen. Während die Polizei keine Präsenz zeigt, patroullieren die Neonazis in der Gegend und greifen Journalisten an.

21. April, Markdorf. Nazi-Parolen in Fußgängerzone: Zwei Männer und eine Frau pöbeln in der Fußgängerzone Passanten an und rufen Nazi-Parolen. Einer ist »hochgradig aggressiv«.

8. Mai, Ravensburg. Reichsbürger rammt Streifenwagen der Polizei: Auf der Flucht vor der Polizei rammt ein 59-jähriger Reichsbürger aus Bad Saulgau einen Streifenwagen und löst einen Großeinsatz aus. Weil er mit Waffengewalt drohte, durchsuchten Spezialkräfte seine Anwesen nach Waffen und Sprengstoff.

8. Mai, Memmingen. Geschichtsrevisionistisches Ahnengedenken: Die Neonazipartei Der Dritte Weg führt am Tag der Befreiung ein geschichtsrevisionistisches Ahnengedenken auf einem Soldatenfriedhof durch.

18. Mai, Memmingen. Gast schlägt Wirt und ruft »Sieg Heil«: Die Polizei nimmt einen »amtsbekannten« Mann in Gewahrsam, der den Wirt einer Sportgaststätte von hinten gegen den Kopf schlägt und »Sieg Heil« brüllt.

21. Mai, Türkheim. Davidstern und Kreuz von KZ-Gedenkstätte gestohlen: Unbekannte stehlen Davidstern und Kreuz von KZ-Gedenkstätte bei Türkheim. Die Tat dürfte bereits Jahre zurückliegen, wie die Polizei erst jetzt mitteilt.

28. Mai, Senden. Mit »Fantasiedokumenten« in Polizeikontrolle ausgewiesen: Die Polizei will einen 36-Jährigen kontrollieren, der sich reichsbürgertypisch mit falschen Dokumenten ausweist.

29. Mai, Weißenhorn. Polizisten Hitlergrüße gezeigt: Ein 18-Jähriger zeigt einer Polizeistreife zweimal den Hitlergruß.

02. Juni, Durach. Ausländerfeindliche Flugblattaktion in Durach: Neonazis wollen mehrere hundert rassistische Flugblätter verteilt haben.

02. Juni, Lindau. Über die Grenze mit Waffen und Propagandamaterial: Ein 21-Jähriger Österreicher reist bewaffnet nach Deutschland ein. Dass er zudem rechtsradikales Propagandamaterial bei sich trägt, ist für die Bundespolizei »nicht relevant«.

11. Juni, Unterthingau. Neonazis verteilen rassistische Flugblätter in Unterthingau: Am Dienstag wollen Aktivisten des Dritten Weg Flugblätter in Unterthingau verteilt haben. Das jedenfalls behaupten die Neonazis am Folgetag auf ihrer Website.

19. Juni, Günzburg. Hakenkreuz geschmiert: Mit einem Hakenkreuz und anderen Zeichen besprühen Unbekannte eine Natursteinmauer zwischen Ichenhauser Straße und Marktgrafenweg.

20. Juni, Tussenhausen. Hakenkreuze und Waffen im Zimmer eines Jugendlichen: An einer Gartenhütte fallen Jugendliche mit rechtsradikalen Klamotten auf. Darauf findet die Polizei im Zimmer eines 17-Jährigen Bezüge zum Dritten Reich, Spiel- und Anscheinswaffen, ein Luftgewehr sowie ein verdächtiges Pulver.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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