MIt Rechtsaußen-Redner und NS-Relativierung gegen Corona-Maßnahmen

Als sich in Ravensburg am Samstag Hunderte gegen die Maßnahmen auf Grund der Corona-Pandemie versammeln, beteiligen sich auch Neonazis und ein bekannter Rechtsaußen-Redner. Wieder waren Reden NS-relativierend und vom Verschwörungsglauben geprägt. 

In der dritten Auflage konnte die Versammlung aus der »Nicht ohne uns«-Bewegung in Ravensburg erneut eine steigende Teilnehmer_innenzahl verbuchen. Am Vortag wurde deren Mitbegründer Anselm Lenz in Berlin verhaftet. Er soll einen Stapel seiner Zeitung »Demokratischer Widerstand« auf eine Gruppe Polizisten geschmissen haben.

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Widersprüche und fehlendes Verständnis

Der erste Redner, Rechtsanwalt Klaus S., kritisiert, dass nicht nachvollziehbar sei, welche der Maßnahmen Wirkung zeigt, da man sie alle gleichzeitig eingeführt hätte. Die Reproduktionszahl sei bereits vor dem »Lockdown« bei 1 und seitdem zwischen 0,7 und 1 gewesen. Weiter fragt er sich, aus welchem Grund sie weiter aufrecht erhalten würden, wo doch das Ziel, die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, erreicht sei oder nicht hätte erreicht werden müssen da die Überlastung bereits erreicht gewesen sei. Diese Aussagen können als Musterbeispiel für das fehlende Verständnis vieler Menschen für die Bedrohung durch einen exponentiellen Anstieg der Infektionen, der eben durch die getroffenen Maßnahmen eingedämmt werden soll, gesehen werden.

Im darauf folgenden Beitrag bemängelt eine Rednerin, dass ihrer Ansicht nach in der Vergangenheit die Wirtschaftlichkeit über das Wohl und die Gesundheit der Bürger_innen gestellt und das Gesundheitssystem kaputtgespart wurde. Erklärt dann aber, dass sie mehr Angst vor den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen als vor dem Virus selbst hätte.

Rechtsaußen-Redner Rico Albrecht

Rico Albrecht spricht in Ravensburg. Über die »Wissensmanufaktur« verbreitet er Verschwörungstheorien.
Rico Albrecht spricht in Ravensburg. Über die »Wissensmanufaktur« verbreitet er Verschwörungstheorien.

Spätestens als der dritte Redner ans Mikrofon tritt, ist die Behauptung von Klaus S., sie hätten nichts mit rechtsaußen zu tun, widerlegt. Es spricht Rico Albrecht, der sich bereits 2015 in Plauen bei einer Veranstaltung der nationalistischen Gruppe Wir sind Deutschland mit dem antisemitischen Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen die Bühne teilte. Zusammen mit Andreas Popp, der sich Reichsbürgerjargon bedient und dessen Bücher über den rechtsradikalen verschwörungstheoretischen Kopp-Verlag vertrieben werden, ist er bei der sogenannten »Wissensmanufaktur« verantwortlich für die »wissenschaftlichen Gremien«. Darüber verbreiten sie, zusammen mit der Rechtspopulistin Eva Hermann, als »alternatives Medium« allerlei Verschwörungstheorien. So beispielsweise im Gespräch über »Kriegs- und Umsiedlungspolitik« mit dem Vorsitzenden des Lindauer AfD-Ortsverbands Rainer Rothfuß, bei dem die bei der Neuen Rechten beliebte Erzählung des »Großen Austausch« Thema ist.

In seiner Rede spricht Albrecht von einer »natürlichen Gesunderhaltung«, die durch die Maßnahmen eingeschränkt sei, weshalb die Bürger_innen in eine Abhängigkeit von der Pharmaindustrie getrieben würden. Diese eingeschränkte »Gesunderhaltung« sieht er auch als mögliche Ursache für eine erhöhte Sterblichkeitsrate. Auch die Zustimmung für einen bevorstehenden Impfzwang will er durch die »allgemeine Angst und Panik« schon gemanagt sehen. Weiter würden die Menschen, die in der aktuellen Situation Hilfsgelder beantragen müssen, in eine Abhängigkeit vom Staat getrieben.

Von »großen Plänen« und NS-Relativierung

Eine andere Rednerin, die sich wie auch andere Anwesende durch einen Alubommel als »Querdenkerin« ausweist, hat den Verdacht es ginge um ganz andere Dinge und meint alles was benötigt werde sei eine richtig große Krise weltweit, zum Verschleiern dessen »was die Machthaber wirklich vorhaben«. In den folgenden Beiträgen wird in NS-relativierender Manier die gerade angeblich stattfindende Zensur mit der Bücherverbrennung gleichgesetzt und mit Aussagen wie »in unseren Familien wurde schon immer gestorben« die weltweit an den Folgen der Corona-Pandemie Verstorbenen und ihre Angehörigen ins Lächerliche gezogen.

Wie auch bei den vergangenen Veranstaltungen blieben die kritischen Inhalte bis auf eine kurze Störung durch das Abspielen lauter Musik aus einer Wohnung unkommentiert und fanden sogar großen Anklang bei den Versammlungsteilnehmenden, die regelmäßig ihre Zustimmung durch Applaus und Jubel ausdrückten. Unter ihnen erneut »Querdenker« mit Alubommeln, Schilder und Kleidung mit der Aufschrift »Gib Gates keine Chance«, Menschen im T-Shirt des Verschwörungs-Youtubers Heiko Schrang und bekannte Neonazis.

Mit den Worten »Immer schön Querdenken« und der Aufforderung nächste Woche wiederzukommen wurde die Veranstaltung schließlich nach etwas mehr als einer Stunde beendet.

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