Die neue Junge Alternative

In Baden-Württemberg wird ein Verein gegründet, der eine Alternative zur vom Verfassungsschutz beobachteten AfD-Jugendorganisation Junge Alternative bietet. Doch auch dieser könnte das Interesse des Inlandsgeheimdienstes wecken.

Im November 2018 trat die Führungsriege der Jungen Alternative Baden-Württemberg als Reaktion auf die Beobachtung durch den Landesverfassungsschutz zurück. Ein rein taktisches Manöver? Moritz Brodbeck gab an, die Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei das Resultat der ausgebliebenen Abgrenzung von JA-Mitgliedern gegenüber der Identitären Bewegung. Dabei war er es, der als Kader der Identitären Bewegung die AfD-Jugendorganisation in Baden-Württemberg mit aufgebaut hat. Schon damals hieß es, die Neugründung einer AfD-nahen Jugendorganisation sei denkbar. Nun treten Lukas Battenberg und Daniel Lindenschmid, die damals als Beisitzer zurückgetreten sind, als Gründungsmitglieder eines »AfD-nahen« Vereins auf.

Jugendarbeit für die AfD

Am 25. Juli 2020 wurde der Verein Jugend für Demokratie und Europa(Jugend@DE) in Reutlingen gegründet. Auf Facebook beschreibt sich der Verein als »AfD-nah« und erklärt, dass er »die Jugendarbeit im Bereich der politischen Bildung fördern und junge Menschen für die Politik in Baden-Württemberg begeistern« möchte. Was der Verein unter »AfD-nah« versteht, wird durch die bei Gründung beschlossene Vereinssatzung deutlich. Dort hieß es: »Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Jugendarbeit im Landesverband Baden-Württemberg der Partei Alternative für Deutschland, kurz AfD« und »Mitglied des Vereins kann jede natürliche und juristische Person werden, die Mitglied/Teil der Partei Alternative für Deutschland (AfD) ist und zuvor mindestens 12 Monate Fördermitglied war.« Für Nicht-Mitglieder sollte lediglich ein Beitritt zum »Freundeskreis« des Vereins möglich sein.

Wie das Registergericht Mannheim mitteilte, läuft das Eintragungsverfahren des Vereins derzeit noch. Grund dafür ist, dass dieser versucht als gemeinnützig – und damit steuerbegünstigt – anerkannt zu werden. Die oben angeführten Formulierungen zu Mitgliedschaft und Zweck dürften im Widerspruch zu einer Gemeinnützigkeit stehen – und wurden geändert. So heißt es dort nun: »Der Zweck des Vereins ist die Förderung der politischen Jugendarbeit im gesamten Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland« und »Mitglied des Vereins kann jede natürliche und juristische Person werden, die mindestens 12 Monate Fördermitglied war.«

Auch Jugend@DE für Verfassungsschutz interessant?

Der Verein Jugend für Demokratie und Europa scheint also die beim Rücktritt von 2018 angekündigte »Neugründung einer AfD-nahen Jugendorganisation« zu sein. Über eine solche Neugründung könnten deren Mitglieder weiterhin in einer AfD-Jugendorganisation aktiv sein und gleichzeitig der Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen. Dennoch dürfte auch Jugend@DE für den Verfassungsschutz interessant sein. Genau wie bei der Jungen Alternative Baden-Württemberg bestehen bei Gründungsmitgliedern von Jugend@DE Verbindungen zur Identitären Bewegung (IB) und anderen rechtsradikalen Organisationen.

Daniel Lindenschmid, der wie Lukas Battenberg 2018 als Beisitzer der JA Baden-Württemberg zurücktrat, marschierte am 28. Februar 2016 bei der Stuttgarter „Demo für alle“ im Block der Identitären Bewegung mit. Zeitweise soll Lindenschmid, der bei der Gründung von Jugend@DE als Versammlungsleiter beteiligt war, sogar deren Banner mitgetragen haben. Der Landtagskandidat des AfD-Kreisverbandes Rems-Murr für den Wahlkreis Backnang unterzeichnete die »Erfurter Resolution«, sozusagen das »Gründungsmanifest«, des formal aufgelösten völkisch-nationalistischen Flügel der AfD.

Verschwörungsideologe Daniele Ganser beim Neuen Hambacher Fest mit seinem Fan von der AfD, Arniko Meinhold.
Verschwörungsideologe Daniele Ganser beim Neuen Hambacher Fest mit seinem Fan von der AfD, Arniko Meinhold.

Arniko Meinhold, Mitglied im Kreisvorstand der AfD Heidelberg und Beisitzer von Jugend@DE, nahm im Juni 2019 am Neuen Hambacher Fest teil. Dort sprach unter anderem der, auch in der im Südwesten vom Verfassungsschutz beobachteten Querdenken-Bewegung beliebte, Verschwörungsideologe Daniele Ganser. Nach eigenen Angaben ist Meinhold Fan von Ganser und nutzte die Gelegenheit für ein Selfie.

Ein Jahr zuvor war der Rechtsaußen-Verein Ein Prozent, der unter anderem Aktionen der rechtsradikalen IB unterstützt, vor Ort und lobte das Neue Hambacher Fest als »Konservative Neuorientierung« und »eine lagerübergreifende Widerstandsbewegung gegen Masseneinwanderung und Multikultiwahn«. Auf Instagram folgt Meinhold dem Hetzmedium der amerikanischen Alt-Right-Bewegung Breitbart und der, bei Identitären sowie AfD-Mitgliedern beliebten, neurechten Marke Peripetie. Vertreten wird Peripetie von Florian Gräßle, als Mitglied der Jungen Alternative Baden-Württemberg hatte er Kontakt zum Göppinger Neonazi Stephan Hinrich.

Dustin Steinmann im T-Shirt mit der Aufschrift »Das ist Gaulands wilde verwegene Jagd« von Phallanx Europa. Links Pascal Bähr, der auch in Kandel mitmarschierte.
Dustin Steinmann im T-Shirt mit der Aufschrift »Das ist Gaulands wilde verwegene Jagd« von Phallanx Europa. Links Pascal Bähr, der auch in Kandel mitmarschierte.

Dustin Dennis Steinmann, Stellvertretender Vorsitzender von Jugend@DE und ehemaliger Beisitzer im Vorstand der Jungen Alternative Baden-Württemberg, marschierte im März 2018 mit der Identitären Bewegung in Kandel. Auch sonst bekundet er seine Sympathie mit der IB durch Klamotten der identitären Marke Phallanx Europa. Darüber hinaus verteilt er in »aktivistischer Mission« neben AfD-Material Sticker von Phallanx Europa, der Modemarke Cuneus Culture, eine Kooperation der Jungen Alternative und der Identitären Bewegung und Sticker aus dem Onlineshop des Neonazis Sven Liebich. Auf Instagram folgt er ebenfalls der bereits erwähnten neurechten Marke Peripetie und den rechtsradikalen Rappern Chris Ares und Prototyp.NDS. Dort stellt er auch sein Interesse für die amerikanische Alt-Right-Bewegung zur schau. Er folgt dem Hetzmedium Breitbart und posiert bei einer Wanderung der Jungen Alternative Baden-Württemberg mit der Gadsden flag, die auch beim Sturm auf das Kapitol durch Trump-Anhänger getragen wurde.

Dustin Steinmann und Pascal Bähr marschieren zusammen mit der Identitären Bewegung in Kandel.
Dustin Steinmann und Pascal Bähr marschieren zusammen mit der Identitären Bewegung in Kandel.

Der Vorsitzende des Vereins und ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternative Baden-Württemberg, Johannes Christian Rausch, folgt auf Instagram der neurechten Plattform, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht, Tichys Einblick. Außerdem der bereits erwähnten bei Identitären und AfD-Mitgliedern beliebten, neurechten Marke Peripetie, sowie dem neurechten Medienprojekt Arcadi, »das an den Schnittstellen zwischen AfD, Identitärer Bewegung, völkisch-nationalen Burschenschaften und den neurechten Think-Tanks des Instituts für Staatspolitik in Schnellroda sowie Ein Prozent für unser Land arbeitet.«

2019 unterstützte Rausch die rechtsradikale Rassemblement National bei ihrem Wahlkampf in Frankreich. Er unterzeichnete auch den »Stuttgarter Aufruf« und gesellte sich damit zu den 60 AfD-Mitgliedern und Abgeordneten, die als Erstunterzeichner_innen auftraten. Ein Großteil der Erstunterzeichner_innen »lässt sich zum nationalkonservativen bis radikalen Flügel der Partei zählen. Es finden sich dort Angehörige rechtsradikaler Burschenschaften oder Mitglieder, die sich offen rassistisch äußern.«


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Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

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