»Unser Allgäu bleibt bunt«: Breites Bündnis zeigt Flagge

Unter dem Motto »Das Allgäu ist bunt« demonstrieren mehr als 500 Menschen gegen »die Menschenfeinde von der AfD«. Den Auftritt von Beatrix von Storch im Gasthof Goldener Adler verfolgen 170 Personen. Mitarbeiter des eingesetzten Sicherheitsdienstes fielen schon früher bei der AfD mit Nazisymbolen auf.

»Da ist wirklich halb Weitnau auf den Beinen«, freute sich der Veranstalter während der Aktion am Samstagabend in der Oberallgäuer Gemeinde. Mindestens 600 Personen demonstrierten am gegen den Auftritt  Beatrix von Storch. Unter dem Titel »Bayern. Aber sicher!« sprach die Vize-Chefin der AfD-Fraktion im Bundestag auf Einladung ihres Kemptener Fraktionskollegen Peter Felser im Gasthof Goldener Adler.

Rund 500 Personen versammelten sich daher auf Einladung eines breiten Bündnisses. Laut Anmeldung wurde ihnen als Versammlungsfläche ein Bereich hinter der Feuerwehr zugewiesen. Einige AfD-Gegner waren damit unzufrieden. Sie empfanden den Platz als zu weit von den Adressaten ihres Protestes entfernt. Um in Hör- und Sichtweite der Veranstaltung der Rechtsaußen-Partei demonstrieren zu können, versammelten sich rund 100 weitere Personen direkt am Gasthof Goldener Adler und meldeten eine Spontanversammlung an.

Damit wiederum war die Polizei nicht einverstanden und drohte mit »unmittelbarem Zwang«. Die Demonstranten beharrten auf der zweiten Kundgebung, doch die Polizei löste sie auf und beförderte die Kundgebungsteilnehmer schubsend und schiebend über die gesperrte Hoheneggstraße auf den Platz vor der Feuerwehr.

Damit war offenbar ein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden. Der Protest konnte so in Hör- und Sichtweite – aber getrennt von der AfD – stattfinden. Kurz nachdem die Polizei die Demonstranten abgedrängt hatte, fuhr eine Fahrzeugkolonne vor und setzte Beatrix von Storch vor dem Lokal ab. 170 Personen waren laut Polizei gekommen, um ihren Vortrag zu hören.

AfD-Wahlkampf mit gefälschten Zitaten

Einigen Teilnehmern der Kundgebung gegen die AfD sind Plakate aufgefallen, die mit vermeintlichen Zitaten von Grünen-Politikern Wahlkampf für die AfD machen.  Dort werden Stefanie von Berg, Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit und Jürgen Trittin aussagen untergeschoben, die sie nie getätigt haben.

Die Zitate sind teilweise seit Jahren als Fälschungen enttarnt. Trotzdem werden sie im Internet immer wieder für rechte Propaganda verwendet – und stützen jetzt den Wahlkampf der AfD im Allgäu.

»Unübersehbares Zeichen gegen Rassismus und rechte Hetze«

»Am Samstag konnten wir gleich zweimal ein unübersehbares Zeichen gegen Rassismus und rechte Hetze im Wahlkampf setzen«, resümiert Kampagnen-Sprecher Anton Tanner im Gespräch mit Allgäu ⇏ rechtsaußen. Keine Stimme für Rassismus hatte bereits am Nachmittag eine Demonstration in Kempten veranstaltet.

Tanner freut, wie engagiert sich die Weitnauer gezeigt hatten. Man hoffe sehr, »dass es der AfD in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, ihre Veranstaltungen im Gasthof Goldener Adler in Weitnau durchzuführen.« Schon einmal demonstrierte die Gruppe in Weitnau gegen die AfD im Adler. Bereits im vergangenen Jahr forderte die Initiative gegen Rassismus – Westallgäu von dem Wirt, »rechter Hetze nicht weiter eine Plattform zu bieten und die Zusammenarbeit mit der AfD einzustellen.«

Erneut auffälligen Sicherheitsdienst eingesetzt

Mitarbeiter des D.S.S.D. Sicherheitsdienst als Türsteher bei einer AfD-Veranstaltung mit Beatrix von Storch am 7. Juli 2017 in Lauben.
Mitarbeiter des D.S.S.D. Sicherheitsdienst als Türsteher bei einer AfD-Veranstaltung mit Beatrix von Storch am 7. Juli 2017 in Lauben.

Die AfD-Veranstaltung am Samstag wurde von einem gewissen D.S.S.D. Sicherheitsdienst begleitet, der bereits mehrfach für die AfD im Allgäu aktiv war. Beim letzten Auftritt von Beatrix von Storch in der Region mussten sich die Besucher einer Taschenkontrolle durch die Firma aus Pfullendorf unterziehen. Die Türsteher stellten Symbole zur Schau, die bei Neonazis beliebt sind. Dafür verurteilte das Amtsgericht Kempten einen der Sicherheitsmänner wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Breites zivilgesellschaftliches Bündnis

Zu der Versammlung am Samstag hatte ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Initiativen, Gewerkschaften und Parteien aufgerufen. Als Mitgründer des Bündnisses, das nach Weitnau mobilisierte, begrüßte die Kampagne Keine Stimme für Rassismus die Versammlungsteilnehmer. Für die Grünen sprach Kreissprecherin Christina Mader, der Landtagsabgeordnete Thomas Gehring sowie die Kemptener Stadträtin und Landtagskandidatin Erna-Kathrein Groll.

Auch die Gewerkschaften waren stark vertreten: Die Sprecherin der BayernSPD im Landtag, Ilona Deckwerth, sprach für den DGB, die Linke-Politikerin Claudia Weixler für die NGG. Dr. Thomas Spitzer vertrat die FDP.  Rainer Hitzler verlaß eine Erklärung der Weitnauer Bürger und sogar Alexander Streicher beteiligte sich als Bürgermeister der Gemeinde an der Kundgebung.

Redebeiträge über die Lage im Mittelmeer und die Situation Geflüchteter in der BRD

Das Bündnis Seebrücke erklärte die aktuelle Lage im Mittelmeer und sprach sich für die Unterstützung ziviler Seenotrettung aus. Das Bündnis Bleiberecht schilderte die Situation Geflüchteter in der Bundesrepublik.

Keine Stimme für Rassismus rief gleich zur nächsten Aktion gegen die AfD im Allgäu auf: Am kommenden Sonntag, den 30. September, möchte die AfD in Ottobeuren gegen einen Auftritt der Bundeskanzlerin Angela Merkel demonstrieren. Dagegen wiederum wenden sich sowohl die Ottobeurer Bürger als auch Keine Stimme für Rassismus mit einer Kundgebung ab 12:30 Uhr auf dem Marktplatz.


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