Die AfD im Allgäu hat ein Problem mit der Pressefreiheit. Das zeigt sie immer wieder. Wer nicht berichtet, was der Partei passt, wird ignoriert, ausgesperrt und bedroht.
Mit einer Veranstaltung warb die AfD Kempten – Oberallgäu – Lindau am Donnerstag vergangener Woche um Unterstützer für die Kommunalwahlen im März. Die Presse ist dabei unerwünscht. Das berichtet der Kreisbote.
Am Donnerstag vergangener Woche ging der Kreisverband mit einem »Informations-Abend für Interessenten« in der Duracher Waldschenke auf Kandidatensuche. Denn ab März will die AfD nach eigenen Angaben in jedem Stadt- und Gemeinderat sowie im Kreisrat vertreten sein. Doch dafür fehlt es an eigenem Personal. Um sich flächendeckend zu den Kommunalwahlen aufstellen zu können, wirbt die Partei auch mit Plakaten um Unterstützer. Eine Mitgliedschaft in der AfD sei keine Voraussetzung für die Kandidatur, heißt es darauf.
Etwa 15 mögliche Interessenten fanden laut Kreisbote den Weg in das außerhalb von Durach gelegene Restaurant. Ihnen erklärte Walter Freudling als zweiter stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes die Feinheiten des Kommunalwahlrechts und die Aufgaben der entsprechenden Gremien. Vertreter der Presse wurden allerdings nicht eingelassen. Der erste Vorsitzende Roland Aicher verwehrte ihnen den Zutritt zur Veranstaltung, da man nicht im Sinne der Partei berichte.
Kritischer Journalismus als »Hass-Berichterstattung«
Die #AfD und ihr Verhältnis zur #Pressefreiheit, Folge 500: Schon seit Monaten darf ich bei der #AfD im #Oberallgäu keine Veranstaltung mehr besuchen. Angeblich war immer voll. Jetzt doch #mutzurwahrheit: Meine Berichterstattung ist nicht genehm.
(Der Rest ist Unsinn.) pic.twitter.com/GGZeqRKQke
— Sebastian Lipp (@SebastianLipp) October 2, 2018
»Das ist nicht unüblich bei dieser Partei«, erklärte Szenekenner Tilo Giesbers auf Anfrage des Kreisboten. Das gilt nicht nur bundesweit. Tatsächlich fiel die AfD auch im Allgäu bereits mehrfach mit einem problematischen Verhältnis zur Pressefreiheit auf.
So wehrte sich Peter Felser als Kemptener Kreisverbandsvorsitzender und Fraktionsvize der AfD im Bundestag in der Vergangenheit gegen unliebsame Berichterstattung der Allgäuer Zeitung. Im Dezember 2017 warf Felser der Zeitung versuchten Rufmord vor, nachdem sie berichtete, dass in Peter Felsers Kemptener Unternehmen wk&f in weit größerem Ausmaß als bisher bekannt extrem rechtes Propagandamaterial produziert worden sei und man »engen Kontakt zu den publizistischen Flaggschiffen der ›Neuen Rechten‹« gepflegt habe. Wie gemeinsame Recherchen Allgäu ⇏ rechtsaußen und Zeit online aufdeckten, durchlief Peter Felser in seiner Jugend eine stramm rechte, völkisch-nationalistische Kaderschmiede und beschäftigte einen Mitarbeiter aus der militanten Neonaziszene der 1990er Jahre.
»AfD zeigt hier ihr wahres Gesicht«
Im Oktober 2018 übte der Medien-Fachbereich des ver.di-Landesbezirks Bayern deshalb scharfe Kritik an der AfD Kempten – Oberallgäu – Lindau, nachdem diese seit Mai einen Mitarbeiter von Allgäu ⇏ rechtsaußen wiederholt von Veranstaltungen ausgeschlossen hatte. Als Grund gab die Partei unter Anderem angebliche »Hass-Berichterstattung« an.
Deutlich äußerte sich dazu der Landesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Klaus Schrage: »Wer kritische Berichterstatter zurückweist, missachtet das Grundrecht der Pressefreiheit. Die AfD zeigt hier ihr wahres Gesicht: Wenn ihr danach ist, ist ihr unser Grundgesetz egal. Dies darf nicht geduldet werden.«
Zusammenarbeit »nur mit ausgewählten Vertretern der Presse«
Mal wieder zeigt die #AfD, dass für sie #Pressefreiheit da aufhört, wo's kritisch wird.
Der Landtagsabgeordnete #ltby Christoph Maier schreibt mir statt einer Antwort auf meine Presseanfrage, er "arbeite nur mit ausgewählten Vertretern der Presse zusammen." pic.twitter.com/F2xR3Ml9Kw
— Sebastian Lipp (@SebastianLipp) August 4, 2019
Auch der Nachbarkreisverband Memmingen/Unterallgäu machte mehrfach mit einem zumindest interessanten Verständnis von Pressefreiheit auf sich aufmerksam. Erst am Donnerstag beantwortete Christoph Maier als Kreisverbandsvorsitzender und Landtagsabgeordneter eine Presseanfrage zu den anstehenden Kommunalwahlen in der Sache nicht.
Stattdessen schrieb er, er »arbeite nur mit ausgewählten Vertretern der Presse zusammen. Die Hürden dafür sind sehr hoch. Kriterien sind insbesondere Objektivität und Seriosität. Diese werden von Ihnen derzeit nicht erfüllt. Sollte Sie die Qualität Ihrer journalistischen Arbeit wider Erwarten merklich steigern können, so dürfen Sie gerne eine erneute Anfrage starten.«
Welle des Hasses gegen unliebsame Journalisten
Christoph Maier, der im Mai mit Björn Höcke auf der Bühne eines Treffens des völkischen Flügel der AfD stand und die erste Strophe des Deutschlandlieds sang, war auch verantwortlich für eine Anti-Merkel-Kundgebung am 30. September 2018 in Ottobeuren. Nachdem Allgäu ⇏ rechtsaußen über die Versammlung berichtete, dass sich unter den Teilnehmern auch Neonazis vom Dritten Weg und Anhänger der Identitären Bewegung befanden, veröffentlichte der AfD-Kreisverband Memmingen/Unterallgäu in diskreditierender Weise Fotos und Namen unserer Redakteuere Sebastian Lipp und Norbert Kelpp auf Facebook.
Die Fans der AfD nahmen das zum Anlass, eine regelrechte Welle des Hasses loszutreten, die sich unter dem Beitrag schnell niederschlug. Dabei ließen die Verantwortlichen selbst justiziable Beleidigungen und teils erhebliche Gewaltdrohungen lange öffentlich einsehbar stehen – wenn sie überhaupt eingriffen.
3 Gedanken zu „Die AfD und die Pressefreiheit“