Verfassungsschutz: Ein Drittel der bayerischen rechtsextremen Bands stammt aus der Region. Dazu kommen zwei von drei inaktiven Bands. Doch sind alle erfasst?
Das geht aus der Antwort der Bayerischen Staatsregierung auf eine schriftliche Anfrage des Landtagsabgeordneten Christoph Rabenstein hervor. Der SPD-Politiker fragte nach dem Kenntnisstand des Bayerischen Innenministeriums zu Bands aus dem Rechtsrockbereich.
Unter den zehn in dem Bericht genannten aktiven bayerischen Bands werden gleich drei aus der Region genannt: Kodex Frei (Raum Kempten), Faustrecht und die Prolligans (beide aus dem Unterallgäu). Als zwei von drei inaktiven Bandprojekten in Bayern stuft der Verfassungsschutz die National Born Haters (Neu-Ulm) sowie Hard As Nails ein.
Ursprung in der Neonaziszene des Allgäus
Die fünf genannten Bands haben ihren Ursprung in der neonazistischen Skinheadszene des Allgäus. Als führendes Mitglied dieser Szene um die Kameradschaft Voice of Anger gilt Benjamin Einsiedler. Er betreibt das neonazistisch ausgerichtete Plattenlabel Oldschool Records – und produzierte und vertrieb diese Bands.
Nach Informationen von Allgäu ⇏ rechtsaußen spielen Mitglieder der beiden inaktiven Bands derzeit bei anderen Projekten, etwa den Prolligans. Die Prolligans gelten als aktuell erfolgreichstes Produkt von Einsiedlers Nebenprojekt Subcultural Records. Nach einem großen Neonazikonzert in Seibranz veröffentlichten Bandmitglieder ein Photo (Screenshot, Titelbild), auf dem sie gemeinsam mit einem Mitglied der Hamburger Neonaziband Abtrimo und ihrem Unterallgäuer Plattenproduzenten posieren. Mit Subcultural Records versucht der Neonazi, Anschluss an Jugendkulturen zu finden, die sich weniger radikal geben. Dadurch wird eine stramm rechte mit einer vermeintlich unpolitischen Szene gezielt vermischent.
Schwäche des Verfassungsschutz oder Erfolg der Neonazis?
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat sehr eng gefasste Kriterien für die Einstufung und Beobachtung von Musikgruppen als »rechtsextremistischer Personenzusammenschluss«. Laut Innenministerium werden die Bands anhand ihrer Mitglieder, der veröffentlichten Lieder, der Konzerte samt Publikum sowie deren Szenebindung bewertet. Die Einstufung erfolge erst, wenn sich aus der »Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisse hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Bestrebung« ergäben.
In der Aufstellung der Sicherheitsbehörden taucht etwa die Band Sankt Oi! nicht auf. Die Skinheads veröffentlichten 2016 bei Subcultural Records ein gemeinsames Album mit den Prolligans. »Sankt Oi! kommen ebenfalls aus dem Allgäu und zählen zum direkten Umfeld der Band«, heißt es dazu auf der Homepage von Oldschool Records.
Fällt hier eine tatsächlich rechtsradikale Band fälschlicherweise durch das Raster der eng gefassten Kriterien des Inlandsgeheimdienstes? Mag sein. Womöglich handelt es sich aber auch um ein weiteres Beispiel für den Erfolg der mit Subcultural Records angestrebten gefährlichen Vermischung von Neonazis und anderen Szenen.
4 Gedanken zu „Allgäuer Nazi-Bands unter Beobachtung“