Einige Gebäude im Allgäu in der Hand von Neonazis

Die rechtsradikale Szene in Deutschland hat auf mindestens 136 Immobilien uneingeschränkten Zugriff. Einige davon befinden sich im Allgäu. 

Bundesweit sind der Bundesregierung 136 Immobilien bekannt, bei denen »Rechtsextremisten über eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit verfügen«, schreibt das Innenministerium in einer Antwort auf eine aktuelle Anfrage der Abgeordneten der Linksfraktion im Budestag, Martina Renner. Immobilien dienen der extremen Rechten seit jeher als wichtige Objekte, sei es für den Strukturausbau oder für Konzerte. Der Großteil dieser Objekte befinde sich in Sachsen (25), Bayern (17) und Mecklenburg-Vorpommern (15). Zu nur 74 der Gebäude teilt das Innenministerium die angefragten Details mit. Immerhin drei davon befinden sich im Allgäu.

Innenministerium listet drei Gebäude im Allgäu

Das Ministerium listet in der Antwort die 2016 von aus dem Umfeld von Voice of Anger gekaufte Gartenschänke in Hart bei Memmingen, die aktuell nicht genutzt werden kann, nachdem  sie höchstwahrscheinlich von Unbekannten niedergebrannt wurde. In Wolfertschwenden bei Bad Grönenbach, wo Benjamin Einsiedler lebt und arbeitet, ist ein weiteres Gebäude in der Hand der Rechten. Als Inhaber von Oldschool Records produziert und vertreibt der Neonazi von hier aus neonazistische Musik und entsprechende Textilien. Mit der Labelausgründung Subcultural Records wird gezielt versucht, Neonazis an eine nicht-rechte Jugendkultur heranzuführen. In Kempten sei ein weiteres von der extremen Rechten genutztes Gebäude im Besitz einer Einzelperson.

Die Neonazi-Immobilie in Buxach-Hart nach dem Brand

Zu den weiteren 62 Objekten lägen den Verfassungsschutzbehörden »vertrauliche Informationen« vor. Eine detaillierte Auflistung dieser Objekte könne »nicht veröffentlicht werden, da die rechtsextremistische Szene daraus Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden ziehen und ihre weitere Vorgehensweise gezielt danach ausrichten könnte.« Zudem bestünde die Möglichkeit, in der Szene eingesetzte V-Personen zu identifizieren.

Einige Objekte nicht aufgeführt

Allerdings liegen Allgäu ⇏ rechtsaußen Informationen zu einer Reihe weiterer Gebäude vor, die Neonazis in der Region unlängst nutzen konnten. Anfang Oktober 2017 lockte die lokale Neonazi-Szene etwa 250 Fans extrem rechter Musik zum 15-jährigen Jubiläum der Kameradschaft Voice of Anger zu einem Konzert nach Seibranz.  Mit auf der Bühne: Die Szene Urgesteine von Faustrecht. Ein Mitglied der Neonazikameradschaft wurde wenige Tage zuvor ins Grundbuch des Gebäudes eingetragen.

Schon im März 2017 richtete die Neonazi-Kameradschaft Voice of Anger im Geheimen ein Konzert mit 100 Teilnehmern in Krumbach aus.  An den frühen Morgenstunden des 1. Mai erwischte die Polizei einige Neonazis in einer Hütte bei Egg an der Günz beim Abspielen volksverhetzende Lieder. Zuvor fand auch hier ein Konzert aus dem Umfeld von Voice of Anger statt.

Bei Illertissen konnte die NPD mehrfach eine Scheune bei Illertissen für Veranstaltungen nutzen.

Erfassung unvollständig und intransparent

Martina Renner zeigte sich gegenüber dem Faktenfinder der ARD wenig zufrieden mit der Auskunft der Bundesregierung auf ihre Anfrage: Die Zahlen seien unvollständig, so die Politikerin der Linken, die mehrere Gebäude aufzählt, die öffentlich bekannt von de extremen Rechten genutzt werden. Das sei nicht nachvollziehbar.

Die ehemalige Gartenschänke bei Memmingen befindet sich bereits im Wiederaufbau. ©N. Kelpp

Die Erfassung der Objekte erfolge erstmals unter bundesweit einheitlichen Kriterien, erläutert das Innenministerium in der Antwort auf Renners Anfrage. Dadurch hat sich die Zahl der erfassten Gebäude offenbar drastisch reduziert. 2015 waren nach Angaben der Bundesregierung noch 250, 2013 sogar 260 Immobilien mit der entsprechenden Zielrichtung erfasst. Ausdrücklich keine Berücksichtigung finden in dieser Zahlenangabe Objekte, »die Rechtsextremisten ausschließlich für eigene Wohn- oder sonstige, eindeutig nicht extremistische Zwecke nutzen.« Inwiefern sich die Kriterien geändert haben, machte das Innenministerium nicht transparent.


(Titelbild: Neonazi Konzert bei Seibranz am 07.10.2017, Photo: N. Kelpp)


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