Immer wieder funktioniert der vom Verfassungsschutz stets beteuerte Austausch zwischen den Behörden nicht. Wie etwa bei einem Neonazikonzert in Memmingen, das jüngst bekannt wurde.
Am 26. Januar 2019 trat die Neonazi-Band Kommando Skin auf Einladung von Voice of Anger vor rund 60 Rechtsradikalen in Memmingen auf. Das ging im März aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage der Abgeordneten Thomas Gehring und Cemal Bozoglu vom 5. Februar 2019 hervor. Die Grünen-Abgeordneten wollten von der Bayerischen Staatsregierung wissen, was ihr über rechtsextremistische Aktivitäten im Allgäu bekannt ist.
Verfassungsschutz gibt sich bedeckt
Auf Nachfrage verweist das Innenministerium auf das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), von dem die Information ursprünglich stammte. Doch der Inlandsgeheimdienst gibt sich bedeckt: Man könne »keine weiteren Erkenntnisse zukommen lassen.«
Allerdings betont das LfV in der Antwort auf unsere Nachfrage einen »stetigen und vertrauensvollen Austausch« mit den Behörden: »Dies schließt auch die gegenseitige Unterrichtung zum Themenbereich rechtsextremistische Musikveranstaltungen mit ein.« Ziel sei es, den Veranstaltungsort frühzeitig in Erfahrung zu bringen, um die bayerischen Sicherheitsbehörden und die Polizei möglichst frühzeitig in die Lage zu versetzen, in eigenem Ermessen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Ordnung treffen zu können.
Mangelnde Behördenkommunikation
Weiter heißt es in der Antwort: »Sollte das BayLfV Kenntnisse von einer in einem anderen Bundesland geplanten Musikveranstaltung erlangen, oder davon Kenntnis erlangen, dass eine in Bayern geplante Musikveranstaltung nach Untersagung durch die örtliche Sicherheits- oder Polizeibehörde in ein anderes Bundesland
verlegt werden soll, werden die zuständige Behörde für Verfassungsschutz und auch die zuständigen grenznahen bayerischen Polizeibehörden über den Sachverhalt möglichst frühzeitig in geeigneter Weise in Kenntnis gesetzt.«
Doch immer wieder zeigt sich, dass dieser Austausch so nicht umgesetzt wird. Auf Anfrage teilte ein Sprecher des für Memmingen zuständigen Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West noch Ende März mit, »von einem Konzert von Voice of Anger im Januar 2019 liegen keine Erkenntnisse vor.«
Im vergangenen Monat flog der geheime Ort eines Neonazikonzertes in Bitz im Zollernalbkreis erst durch den Einsatz eines Rechercheteams von Allgäu ⇏ rechtsaußen und dem Störungsmelder von Zeit online auf.
Kommando Skin aus Baden-Württemberg, die im Januar im Memminger Clubhaus gastierten, traten bereits im Juli 2018 auf einem Konzert von Voice of Anger auf. Geplant war es eigentlich im Bereich Memmingerberg, wurde dann aber wegen eines Verbots über die Landesgrenze nach Baden-Württemberg verlegt, wo es im Landkreis Ravensburg ohne weitere Zwischenfälle über die Bühne gehen konnte. Die Württembergische Polizei war offenkundig nicht auf den Einsatz vorbereitet worden.
International im militanten Milieu unterwegs
Kommando Skin treten nicht nur in Süddeutschland auf. Im Oktober 2018 kamen Neonazis aus ganz Europa zu einem konspirativem Hammerskin-Konzert in Thüringen zusammen. Auf der Bühne: Rechtsrocker aus dem Allgäu und Kommando Skin, die auch international unterwegs sind. Im März 2008 spielten die Württemberger auf einem »Gedenkkonzert« für die Band Violent Storm (engl. Gewalttätiger/Brutaler Sturm) in England. Die Bühne, auf der auch Kommando Skin spielten, war mit einem Banner von Blood and Honour Deutschland und anderer einschlägiger Symbolik versehen. Bereits Jahre zuvor wurde das Neonazinetzwerk in der Bundesrepublik verboten, ist aber heute weiter aktiv.
Blood and Honour (B&H) organisierte ein Millionengeschäft mit der Verbreitung von neonazistischer Musik, brachte aber auch Terrorkonzepte über Zeitschriften, Booklets und Liedtexte in Umlauf und koppelte diese mit den Aufrufen, zur Tat zu schreiten. Denen, die den Kampf gegen System und »Volksfeinde« als »Untergrundgruppen« aufnehmen wollten, lieferte B&H laut NSU-Watch Anleitungen und bot ihnen Anlaufstellen. Wie das Publikum auf solchen Konzerten ideologisiert und aufgestachelt wird, zeigen heimlich gefilmte Videoaufnahmen einer Veranstaltung von Blood and Honour, die Allgäu ⇏ rechtsaußen im Oktober 2017 veröffentlichte.