Die AfD startet mit einer offenen Spaltung des Kreisverbandes Oberallgäu/Kempten/Lindau in den Bundestagswahlkampf. Ein zunehmend eskalierender Führungsstreit innerhalb der Rechtsaußenpartei hat zu einer chaotischen Doppelstruktur geführt.
Zwischen dem völkisch-nationalen Fraktionsvize im Bundestag Peter Felser und dem Lindauer Verschwörungsideologen Rainer Rothfuß tobt bereits seit Monaten ein inhaltlicher und machtpolitischer Führungsstreit. Kurz nach dem Auftakt des Bundestagswahlkampfes ist dieser nun so weit eskaliert, dass zwei konkurrierende Vorstände den Kreisverband Oberallgäu/Kempten/Lindau ins organisatorische Chaos gestürzt zu haben scheinen.
Rothfuß-Putsch im Kreisverband?
Nachdem der Lindauer Ortsvorsitzende der AfD, Rainer Rothfuß, den Bundestags-Fraktionsvize der Rechtsaußenpartei, Peter Felser, bereits zuvor vom Platz des Direktkandidaten für die Bundestagswahl verdrängt hatte, übernahm der Verschwörungsideologe vom Bodensee kurze Zeit später nun auch den Vorsitz im Kreisverband Oberallgäu/Kempten/Lindau.
Wie Rothfuß am 18. Juni in einem Schreiben an die Presse mitteilte, hatten 20 Mitglieder eigens eine außerordentliche Mitgliederversammlung für die Neuwahl des Kreisvorstands einberufen. Angeblich, um »ein neues und schlagkräftigeres Bundestagswahlteam aufstellen zu können«. Bei einer Enthaltung ist Rothfuß demnach mit 30 von 35 Stimmen zum neuen Kreisvorsitzenden gewählt worden. Insgesamt umfasst der neue Kreisvorstand 17 Mitglieder, darunter drei Frauen.
Dieser neue Vorstand solle »die Größe des Kreisverbandsgebiets mit den Landkreisen Oberallgäu und Lindau sowie der kreisfreien Stadt Kempten im bevorstehenden Bundestagswahlkampf möglichst umfassend repräsentieren«, so Rothfuß in seiner Pressemitteilung. Tatsächlich sind mit dem Kemptner Ortsvorsitzenden Walter Freudling und dem Oberstaufener Gastwirt Axel Keib auch Oberallgäuer Vertreter der Rechtsaußenpartei im neuen Vorstand um Rothfuß vertreten. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt fällt auf, dass eine ganze Reihe langjähriger Funktionsträger_innen, die Felser nahe stehen, nicht am Vorstand beteiligt sind.
Felser-Fraktion antwortet mit Neugründung
Rund einen Monat später überrascht dann Peter Felser auf seinem Facebook-Profil mit der Gratulation an einen »neu gewählten Vorstand des KV Oberallgäu-Kempten!« Der offenbar ganz neu gegründete Kreisverband erhebt demnach Anspruch auf einen großen Teil des Zuständigkeitsgebietes (Kempten und Oberallgäu) des eben erst neu gewählten Vorstandes um Rothfuß.
Neben dem Kemptner Stadtrat Thomas Senftleben als Vorsitzenden sind eine ganze Reihe von langjährigen Vertrauten Felsers im neuen Konkurrenzvorstand vertreten. Hierzu zählen insbesondere Paul Alger (Schatzmeister), Michaela Schuster (Schriftführer) und Roland Aicher (Beisitzer). Mitglieder des kurz zuvor gewählten Vorstandes um Rothfuß sind darin nicht vertreten. Dies gilt auch für den Kemptener Walter Freudling und den Oberstaufner Axel Keib, die räumlich zum neuen Kreisverband Oberallgäu-Kempten gehören, tatsächlich aber Teil des Vorstands um Rothfuß sind.
Unstimmigkeiten und Kompetenzchaos sind das Resultat
Völlig unklar bleibt indes in der öffentlichen Kommunikation der Allgäuer AfD, welcher der beiden Kreisverbände denn nun tatsächlich für die genannten Gebiete zuständig und entscheidungsbefugt ist. Zum Verbleib des ursprünglichen und vor kurzem von Rainer Rothfuß übernommenen Kreisverbandes fehlt jegliche offizielle Stellungnahme der Rechtsaußenpartei. Einen räumlich abgegrenzten Kreisverband, der die Gebiete im Westallgäu ergänzend zum vom neugegründeten Konkurrenzverband beanspruchten Gebiet vertreten könnte gibt es nicht.
Welcher Vorstand wo entscheidungsbefugt ist, bleibt völlig unklar, was nicht nur mit Blick auf finanzielle Mittel und formale, parteiinterne Aspekte sondern auch in Hinblick auf die bestehenden inhaltlichen Differenzen zwischen Rothfuß und Felser äußerst brisant erscheint. Diese chaotischen Zustände spiegeln sich auch in den bisherigen Stellungnahmen der beteiligten AfD-Funktionäre wieder.
Chaotisch in den Wahlkampf
Dass die derzeitige Situation ein gewisses Chaos verursacht, bestätigt auch der Kemptener AfD-Stadtrat Walter Freudling auf Anfrage. Insbesondere vor den Wahlen sehe er die auch gegen seinen Widerspruch durchgesetzte Neustrukturierung als Problem. Übernimmt der alte Kreisverband nun einfach die Region Westallgäu-Lindau oder muss dieser neu gegründet werden? Dazu sagt Freudling: »Das wird sich noch klären«. Zuerst wolle man die Bundestagswahl hinter sich bringen.
Völlig unklar sei bislang, wie die gemeinsam aufgebaute Infrastruktur nun verteilt werde. Wer etwa welchen Teil der Kasse, die Web- und wegen ihrer Reichweite wertvolle Social-Media-Präsenz des alten Kreisverbands übernimmt. Momentan befinden sie sich offenbar unter der Kontrolle des neuen Kreisverbands um Peter Felser und dürften daher auch während des Wahlkampfes für Zündstoff zwischen den beiden Vorständen führen.
Ein Gedanke zu „Chaotische Spaltung überschattet AfD-Wahlkampfauftakt im Allgäu“