Radikalisierungsprozesse in Jugendkulturen: So rekrutiert die moderne Rechte

Wie rekrutiert die moderne Rechte? Das diskutiert der Journalist Sebastian Lipp von Allgäu rechtsaußen in einer dreiteiligen Workshopreihe im Oktober und November in der Infokneipe im Kontrast in Konstanz.

Die extreme Rechte ist moderner geworden – viel moderner. Sie ist
längst nicht nur an klischeehafter Bomberjacke, Glatze und
Springerstiefeln zu erkennen. Doch nicht nur optisch hat sich die
Szene ein neues Gewand zugelegt. Auch inhaltlich und strategisch hat sich das Milieu ausdifferenziert und gewandelt: Rechte Musik ist
längst nicht mehr nur der klassische Rechtsrock; in sämtlichen Genres versucht die extreme Rechte Fuß zu fassen – und Nachschub zu rekrutieren. Auch etwa im Öko-Bereich macht sich die Szene breit und mimt die netten und engagierten Landwirt*innen und Öko-Aktivist*innen von nebenan. Verschwörungsideologische Welterklärungsangebote ziehen bis in bürgerliche oder linke Kreise immer mehr in ihren Bann, …

Doch wie erkennen wir die Szene auch da, wo sie sich tarnt? Wo müssen wir besonders aufpassen? Und vor allem: Wie können wir die modernisierte Rekrutierung von Neonazis und Neuer Rechter effektiv unterlaufen? Das nötige Wissen hierzu soll in einer dreiteiligen intensiven Workshopreihe vermittelt und diskutiert werden. Die Veranstaltungen bauen aufeinander auf, sind aber so konzipiert, dass es nicht zwingend notwendig ist, an allen teilzunehmen.

Modul I: Einführung und Schwerpunkt Radikalisierung durch Musik

Schlagstöcke und Nazirock – bei der »Oldschool Records«-Razzia sichergestellte Gegenstände
Schlagstöcke und Nazirock – bei einer Oldschool Records-Razzia sichergestellte Gegenstände (Bild: Polizei)

27. Oktober 2022 um 19:00 Uhr in der Infokneipe im Kontrast in Konstanz

Musik ist essentiell für die extrem Rechte. Rechtsrock gilt seit Jahrzehnten als Einstieg Nummer eins, über ihn werden Menschen an die Szene herangeführt, gebunden und radikalisiert.

Doch der klassische Rechtsrock ist längst nicht mehr das einzige Genre, auf dessen Klaviatur die extreme Rechte heutzutage spielt. Manche tarnen sich als »unpolitische« Rocker, um sich in einer Grauzone mit anderen Szenen zu vermischen. Der Allgäuer »Chris Ares« rappte sich am Puls der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung in die Charts. Frei.Wild bringt Blut-und-Boden-Ideologie auf die Playlists unzähliger Jugendlicher. Auch im Metal- und Folk-Bereich verbreiten unzählige Bands oft subtil rechtes Gedankengut.

Wie gefährlich sind die Netzwerke rechter Musiker und welchen Einfluss haben sie auf Jugendliche? Welche Bands sind das, wie können wir sie erkennen, was dagegen tun?

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Modul II: Außen grün, innen braun? Wie Rechte und völkische Siedler*innen die Ökoszene unterwandern

So unscheinbar kommt der einstige Anastasia-Landsitz von Robert Briechle in Unterthingau daher. Bis heute findet am Mutterhof der wöchentliche Obst- und Gemüsemarkt des Ortes statt.
So unscheinbar kommt der einstige Anastasia-Landsitz von Robert Briechle in Unterthingau daher. Bis heute findet am Mutterhof der wöchentliche Obst- und Gemüsemarkt des Ortes statt.

3. November 2022 um 19:00 Uhr in der Infokneipe im Kontrast in Konstanz

Auf dem Land scheint die Welt noch in Ordnung, so kommt es uns oft vor. Doch ein Blick hinter manche Fassade zeigt: Auch hier gibt es einen braunen Sumpf. Neonazis und andere rechtsradikale Kräfte
versuchen, sich innerhalb der ökologischen und esoterischen Szene zu verankern und mimen die netten Bauern von nebenan. Doch wer und was steckt dahinter? Wie gefährlich ist die Szene? Und wie können wir »rechte Ökos« von »echten Ökos« unterscheiden?

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Modul III: Schwerpunkt Verschwörungsideologien

10. November 2022 um 19:00 Uhr in der Infokneipe im Kontrast in Konstanz

Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie sind Verschwörungsmythen buchstäblich in aller Munde. Sie sind der Kitt, der nicht nur sämtliche rechte Lager miteinander verbindet – für Viele bilden sie heutzutage den Einstieg in rechtes Denken, wie etwa die Querdenken-Szene in den vergangenen Jahren eindrücklich gezeigt hat, die bis in bürgerliche oder linke Kreise Anhänger*innen in ihren Bann zog.

Denn sie schaffen ein attraktives Identifikationsangebot. Für jede Unzufriedenheit, jeden Misstand, alle Ungerechtigkeit bieten sie ein simples und immer funktionierendes Erklärungsmuster – und die Schuldigen noch dazu. Klar ist: Wer Verschwörungsideologien verfallen ist, steht auf jeden Fall immer auf der »Guten« Seite, die »Bösen« sind immer die anderen. So werden gesellschaftliche Fragen zum Kampf gegen eine finstere Elite – und die muss, der verschwörungsideologischen Logik nach – letztlich beseitigt werden, um eine Veränderung herbeizuführen. Ob hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen führt das in den (antisemitischen) Vernichtungswillen, wie sämtliche rechte Terrorakte der vergangenen Jahre international zeigen.

So gelingt es der extremen Rechten immer wieder, Menschen, die zunächst von einem angemessenen kritischen Impuls geleitet werden, für das Gegenteil einer progressiven Veränderung zu mobilisieren. Doch wie können wir damit umgehen? Wie verhindern wir das Abrutschen in die verschwörungsideologischen Gedankenwelten, die letztlich jede Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse ersticken?

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Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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