Sitzungsprotokolle des Bayerischen Landtages zeigen den Memminger AfD-Abgeordneten Christoph Maier als Rassisten. Gegen eine vermeintliche Verschwörung zum Austausch des »deutschen Volkes« fordert er Waffengewalt, huldigt »gefallener Kameraden« der Wehrmacht und stört Holocaust-Gedenken. Dennoch beobachtet ihn der Verfassungsschutz nicht.
Wiederholt hat der Memminger AfD-Abgeordnete Christoph Maier Geflüchtete und Asylsuchende als Gruppe pauschal diffamiert. Das geht aus einer Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Toni Schuberl (Grüne) hervor, zu der die Staatsregierung Ende Juli eine recht dürftige Antwort vorlegte. (Drs. 18 / 22429)
Schuberl hat eine ganze Reihe rassistischer Aussagen Maiers aus den Plenarprotokollen des Bayerischen Landtags zusammengetragen. Sie zeigen, wie schamlos der selbsternannte »Remigrationspolitische Sprecher« der AfD-Fraktion selbst im Plenum hetzt.
Islamfeind Maier spricht von Menschen als Sachen
So spricht Maier laut Schuberl von »Scheinasylanten« und »Asylbetrügern« und bringt sie generell mit Straftaten in Verbindung (Protokolle des 25., 58., 60., 65., 77. und 97. Plenums): »Im Schnitt wird in Berlin alle drei Stunden ein Messer gezogen. Das ist Teil der kulturellen Bereicherung, von der uns auch der Kollege Hold gerade eben berichtet hat« (Protokoll des 34. Plenums). In seiner Sprache entmenschliche der Abgeordnete Christoph Maier (AfD) Menschen mit Migrationshintergrund, indem er sie wie Sachen bezeichnet: »Dass die Integration gerade nicht funktioniert hat, beweist die hohe Gewaltkriminalität. Das zeigt sich tagtäglich, wenn Sie am Hauptbahnhof in München auf der Straße sind, wenn Sie sehen, was sich dort auf der Straße tummelt, was da herumlungert, wie unsere schöne Heimat verkommt, wie Sie unsere Städte zu einem Moloch verkommen lassen, in dem Müll und Dreck sich ausbreiten, weil unzivilisierte Verhaltensweisen in unseren Städten mittlerweile Einzug gehalten haben« (Protokoll des 58. Plenums).
Der Abgeordnete Christoph Maier (AfD) differenziere zudem nicht zwischen politischem Islamismus oder fundamentalistischem Salafismus und dem Islam als Religionsgemeinschaft (Protokoll des 34. Plenums). Für ihn ist der Islam eine »gefährliche, gewaltbereite und verfassungsfeindliche Ideologie«, die »zu totalitären Herrschaftssystemen« führe, was sich in Moscheen manifestiere (Protokoll des 22. Plenums). Damit propagiere Maier »eine pauschale Islamfeindschaft und diskriminiert mit seinen Äußerungen alle Menschen muslimischen Glaubens«, fasst Schuberl zusammen. Dadurch, dass er den Islam nicht als Religionsgemeinschaft anerkennt (Protokoll der 55. Sitzung des Verfassungsausschusses, von ihm bekräftigt in der 56. Sitzung), verwehre er ihm auch das grundgesetzlich verbriefte Recht auf freie Religionsausübung und überschreite die Grenze zur »verfassungswidrigen Islamfeindlichkeit.«
Im Verschwörungsglauben eins mit Rechtsterroristen
Nach Wahrnehmung der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag »hängt Christoph Maier der Verschwörungstheorie einer sogenannten Umvolkung wahnhaft an«, schreibt Schuberl. Maier bezeichnete dies als »Great Replacement« (Protokoll des 58. Plenums). »The Great Replacement« war auch die Überschrift über dem Manifest des neuseeländischen Attentäters Brenton Tarrant, der ca. eineinhalb Jahre zuvor in Christchurch über 50 Menschen erschossen hatte. »Gesteuert und geplant« werde laut dem Abgeordneten Christoph Maier (AfD) Europa zu einem »afro-orientalischen Siedlungsgebiet« gemacht und »im Schatten der Asylindustrie« der »Umbau des deutschen Volkes« betrieben (Protokolle des 7., 17., 29., 58., 60. und 65. Plenums).
Die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge werde nach Maiers Ansicht von vielen missbraucht, um »die Ersetzungsmigration im neuen Kontext fortzusetzen«, indem Personen, die keine Ukrainer seien, aufgenommen würden (74. Sitzung des Verfassungsausschusses).
Maier fordert Waffengewalt gegen Geflüchtete und »Konsequenzen« für »Volksverräter«
Schuberl bezeichnet die Äußerungen des Rechtsaußenpolitikers als »offen rassistisch«. Denn Maier behaupte, »ein Großteil der eingewanderten Araber und Afrikaner [lässt] sich nicht einfach so in eine europäische Kulturgemeinschaft eingliedern«. Ihre Religion und Wertevorstellungen würden dazu führen, »dass eine Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist« (Protokoll des 65. Plenums).
Die Zuwanderung wolle der AfD-Abgeordnete Christoph Maier mithilfe der Bundeswehr mit Waffengewalt an der Grenze unterbinden: »Bei einer Überlastung der bayerischen Polizei und der Bundespolizei wäre es auch Aufgabe der Bundeswehr, der Streitkräfte, gewesen, diese Grenze, unsere Bundesgrenze, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln konsequent und effektiv zu verteidigen« (Protokoll des 65. Plenums).
Diejenigen, die eine ihm missliebige Politik vertreten, bezichtigt Maier (AfD) des »Volksverrats« (Protokolle des 30., 73. und 97. Plenums), einem zentralen Begriff der NS-Propaganda, und will gegen sie vorgehen: »Das ist ein Putsch gegen das eigene Volk, den Sie damals vollzogen haben. Es ist höchste Zeit, daraus die entscheidenden Konsequenzen zu ziehen« (Protokoll des 65. Plenums).
Maier störte Gedenken zum Holocaust
Neben der AfD-Abgeordneten Katrin Ebner-Steiner war Maier als parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der wichtigste Protagonist des »Flügels« in der AfD-Landtagsfraktion und hat während der Rede der Holocaustüberlebenden Charlotte Knobloch zum Gedenktag an die Verbrechen des Nationalsozialismus 2019 demonstrativ den Saal verlassen.
Er habe außerdem zu den Organisatoren des süddeutschen »Flügel«-Treffens 2019 in Greding gehört und sang dort lautstark auf der Bühne die revisionistische erste Strophe des Deutschlandlieds. Der Kritik daran begegnete er folgendermaßen: »Jeden Angriff gegen uns wegen Singen des Deutschlandliedes empfinden echte Patrioten als Ehrenbezeugung« (Protokoll des 17. Plenums).
Kranzniederlegung für »unsere gefallenen Kameraden« des nationalsozialistischen Eroberungskriegs auf Kreta
Im Juni 2020 hat der Abgeordnete Christoph Maier zusammen mit der damaligen Fraktionsvorsitzenden Katrin Ebner-Steiner Björn Höcke in den Landtag eingeladen, um sich demonstrativ im innerparteilichen Machtkampf um den Ausschluss von Andreas Kalbitz mit dem völkischen Flügel zu solidarisieren. Kalbitz besuchte etwa ein sogenanntes Pfingstlager der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ). Seit 2009 ist der Jugendverband mit neonazistischer Ausrichtung verboten.
Dass Deutschland den Nationalsozialisten und nicht den Kommunisten in die Hände gefallen ist, sehe der Abgeordnete als glückliche Fügung: »Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was angesichts der Ereignisse in den Dreißigerjahren in der Sowjetunion – ich habe darauf hingewiesen – passiert wäre, wenn Deutschland damals den Kommunisten in die Hände gefallen wäre« (Protokoll des 65. Plenums). Im Mai 2020 legte er einen Kranz für »unsere gefallenen Kameraden« des nationalsozialistischen Eroberungskriegs auf Kreta nieder.
Christoph Maier nicht unter Beobachtung
Zu all diesen Erkenntnissen und einem umfangreichen Fragenkatalog des Grünen-Abgeordneten Schuberl zu möglichen Straftaten und Verstrickungen in weitere rechtsradikale Organisationen antwortet die Bayerische Staatsregierung mit Bezug auf die Verfassungsschutzbehörde des Landes mit einem Verweis auf die Persönlichkeitsrechte Maiers und sein Mandat.
Letzteres setze die Hürden für eine legale Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst besonders hoch. Derzeit würden »keine Mitglieder des Landtags durch das Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) beobachtet.« Anders ergeht es Maiers Parteikollegen Thomas Wagenseil, der mit einer Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz scheiterte und wegen teils ähnlicher Statements ins Visier geriet.