Querdenken-»Superman« relativiert Schoah und Nationalsozialismus

Beim Querdenken-Montagsspaziergang in Kempten relativiert der als Superman verkleidete Redner Kal V. mehrfach die Schoah und wirft dem antifaschistischen Gegenprotest vor, wie die Nazis zu sein.

Am Montagabend demonstrierten erneut rund 50 Personen als sogenannter Montagssapziergang vom Hildegardplatz durch die Kemptener Innenstadt zum Forum und über das Rathaus zurück zum Ausgangspunkt. Dabei zogen sie an drei Gegenkundgebungen vorbei, an denen insgesamt etwa 25 Personen teilnahmen. Denn, so schreibt die Gruppe Kempten gegen Rechts in einem Aufruf: »Rechte Gewalt und menschenfeindliche Ideologien – die mittlerweile bereits zur Normalität geworden sind – dürfen nicht noch mehr Zulauf finden und deren Opfer niemals vergessen werden.«

Protest: »Keine Bühne« für rechte Ideologien

Kempten gegen Rechts wirft der Querdenken-Bewegung und dem Montagsspaziergang vor, rechtsradikalen Ideologien und insbesondere Antisemitismus Vorschub zu leisten. Verschwörungsmythen, rechtem Gedankengut und NS-Relativierungen dürfe man aber angesichts eines auch von Querdenken befeuerten Rechtsrucks »keine Bühne geben«. So tauchte auf den Versammlungen mehrfach das Banner einer NPD-Tarnkampagne auf, bis es Unbekannte beim Event vergangener Woche entwendeten.

Die Montagsspazierer_innen indes widersprechen beiden Vorwürfen. Weder verbreite man rechtsradikale Ideen, noch sei man Teil von Querdenken. Das betonte ein Redner in Superman-Kostüm am Montag mehrfach. Tatsächlich aber gehört auch der Verantwortliche für die Kemptener Montagsspaziergänge zum Kreis der Organisator_innen von Querdenken 831 Kempten und wird auf deren Demonstrationen als Ordner oder Photograph eingesetzt. Die Anhänger_innen beider Veranstaltungen sind Online wie auch bei den Straßenaktionen annähernd Deckungsgleich. »Seit 23.07.2020 gehört auch Kempten zu Querdenken«, heißt es entsprechend auf der Website, die die Spaziergänge bewirbt.

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Schoah-Relativierung und Feindbestimmung

Als Kundgebungsredner behauptete Kal V. im Superman-Kostüm, »gleichgeschaltete Medien« hätten Kinder zuerst zur Klimaschutzbewegung Fridays For Future getrieben, worauf sie dann bei »der Antifa« landeten, womit er den Protest von Kempten gegen Rechts meinte. Sie könnten die Querdenker_innen »nicht leiden« und würden das »in unserer Zukunft demnächst« steigern. Das sei »das was in der Geschichte innerhalb Deutschlands passiert ist. Und wenn ihr denkt, dass das mit den Nazis eine Ausnahme war: Das stimmt nicht.« Darauf nennt er Hexenverbrennungen, was »genau die selbe Geschichte« sei. Damals sei »eine Gruppe von Menschen auserkoren, separiert« und »fertiggemacht« worden. Wegen solcher Aussagen verweigerte Kempten gegen Rechts den Dialog mit Kal V. Darauf reagierte dieser mit den Worten: »Nazis wollten früher auch nicht mit Juden reden. Das ist genau das gleiche Prinzip.«

»Die Aussagen relativieren die Schoah und verhöhnen die Ermordeten und ihre Nachkommen«, erklärt dazu Felix Balandat von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern). Die Vergleiche mit der nationalsozialistischen Vernichtung seien »nicht einfach eine ›falsche‹ Analyse der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation, sie zeugen vielmehr von der Innenwelt der Menschen, die sie äußern. Die Vergleiche erinnern stark an einen Abwehrmechanismus in Form einer Projektion.« Dabei würden »eigene, unerwünschte Impulse wie zum Beispiel Wünsche und Gefühle einem anderen Menschen zugeschrieben. Eigene Wünsche werden so in anderen verfolgt. Demnach hegen Querdenker mitunter Wünsche nach Verfolgung und Bestrafung, die jedoch als unerwünscht abgewehrt und den als für die Coronaimpfungen verantwortlich Identifizierten zugeschrieben werden. Man selbst imaginiert sich so als verfolgte Juden, den Feind als verfolgende Nazis.«

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