Julian Aicher spricht am Samstag auf sogenannter Grundrechte-Demo in Kempten von einer Verschwörung der »Mächte der Finsternis«. Seine Rede beendet der Neffe von Hans und Sophie Scholl mit den Worten »die Wahrheit macht uns frei«.
Am vergangenen Samstag füllte sich der für 300 Personen zugelassene Platz vor der Basilika in Kempten recht schnell. Doch die sogenannte Grundrechte-Demo zog auch wieder Gegendemonstrant_innen an. »Querfront stoppen. Kein Schulterschluss mit rechts«, forderte das Dutzend auf einem Transparent. Sie werfen den Versammelten vor, Rechte in ihren Reihen zu dulden: »Auch wenn ihr’s nicht wissen wollt: es ist der braune Mob mit dem ihr grollt«, kritisierte ein_e Antirassist_in.
Für Demokratie und gegen die Presse
Am Zaun zur Demonstration wird dieser Vorwurf pauschal abgeschmettert. Man sei »für Demokratie« und habe nichts Rechtsradikales oder Antisemitisches gesagt, heißt es auf einem Schild. Der Presse, die vielfach dokumentierte, wie auch in Kempten Verschwörungstheorien kursieren, die teils offen antisemitisch sind und auch Rechte Inhalte verbreitet werden, wird der Lüge bezichtigt. »Wenn etwas den Medien nicht passt, wird die Nazi-Keule ausgepackt«, heißt es weiter. Statt sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, fordert der Urheber des Zettels »sachliche Berichterstattung«.
Einen Photographen, der für Allgäu ⇏ rechtsaußen vor Ort ist, bedrängen Demonstrierende und behindern seine Arbeit. Sie beschimpfen ihn als »Stasi-Spitzel« und »Kommunist« und legen ihm nahe nach Nordkorea zu gehen. Indes erneut unbehelligt bleiben offen erkennbare Neonazis, Verschwörungsideolog_innen, Reichsbürger_innen und andere Rechte, die zur Versammlung erscheinen. Bundesweit beteiligen sich derartige Kreise teils prägend an den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. In recht eigenwilliger Weise distanzierte sich einer der Initiator_innen der Kemptener Demos: »Die AfD ist kein Teil von uns«, sagte Stefan Forstmeier in einem Redebeitrag. »Sie ist eine Systempartei und neoliberal wie alle anderen.«
Leugnen und Hetzen
»Rechts- oder linksradikale oder sonst wie abstruse Parolen« jedoch will auch Redner Julian Aicher bisher auf derartigen Versammlungen nicht gesehen haben. Dafür erhält er tosenden Applaus. Julian Aicher ist der wohl prominenteste Redner, den die Kemptener Versammlung bislang gewinnen konnte. In seiner Rede wettert er gegen »Qualitätsmedien« – und empfiehlt »ausdrücklich« den Kanal des Verschwörungsideologen Ken Jebsen. Auch dafür erntet er Jubel und Applaus.
Im Youtube-Format von Jebsen, der den Sender rbb verlassen musste, nachdem ihm Antisemitismus und die Leugnung des Holocaust vorgeworfen wurden, sprach Aicher als Neffe von Hans und Sophie Scholl über die Weiße Rose. Seine Rede in Kempten beendete er mit den Worten »die Wahrheit macht uns frei«.
Kampf gegen »Mächte der Finsternis«
Mit diesen letzten Worten bezieht sich Julian Aicher auf einen von ihm zuvor verlesenen verschwörungsideologischen Aufruf aus katholischen Kreisen, von dem sich die Bischofskonferenz inzwischen distanzierte. Unter dem Titel »veritas vos liberabit« heißt es dort einleitend: »Die Fakten haben gezeigt«, dass die Rechte von Bürgern »unter dem Vorwand der Covid-19-Epidemie« eingeschränkt würden. Dafür verantwortlich seien »Mächte der Finsternis«, eine »alte Schlange«, deren Kopf »zertreten« werden müsse, wie Julian Aicher verlas:
»Wir kämpfen gegen einen unsichtbaren Feind, der die Bürger untereinander spalten […] will. Lassen wir nicht zu, dass Jahrhunderte der christlichen Zivilisation unter dem Vorwand eines Virus ausgelöscht werden, um eine verabscheuungswürdige technokratische Tyrannei aufzurichten, in der Menschen, deren Namen und Gesichter man nicht kennt, über das Schicksal der Welt entscheiden können, indem sie uns in eine virtuelle Wirklichkeit verbannen. Wenn das der Plan ist, mit dem uns die Mächtigen dieser Welt beugen wollen, dann sollen sie wissen, dass Jesus Christus, König und Herr der Geschichte, verheißen hat, dass die Mächte der Finsternis nicht siegen werden. […] Möge die allerseligste Jungfrau Maria, Hilfe der Christen, den Kopf der alten Schlange zertreten und die Pläne der Söhne der Finsternis zunichtemachen.«
Der Titel des Aufrufs ist dem Evangelium nach Johannes (8,32) entlehnt. In der Regel werden die Worte übersetzt mit »die Wahrheit wird uns befreien«. Der Neffe von Hans und Sophie Scholl beendet seine Rede in Kempten jedoch mit den Worten »die Wahrheit macht uns frei«.
Ihrer Berichterstattung entnehme ich dass sich die politisch
Linke mit den extrem rechten Tendenzen der Regierung (z.B. Maskenpflicht für Kinder als Zeichen politischer Unterdrückung und Demütigung ohne medizinischen Nutzen) durchaus anfreunden kann. Mich würde interessieren, welche Zukunftsvision Sie für dieses Land und die Welt sehen und ob Sie nicht erkennen wollen, welche Entwicklung hier und in aller Welt (fatalen menschenfeindlichen Auswirkungen der Maßnahmen in den wirtschaftlich armen und ärmsten Ländern) vonstatten gehen. Stattdessen Rufmord-Kampagnen am laufenden Band. Ich habe Sie mal für ihren Kampf gegen rechts geschätzt, aber jetzt: kein Artikel zu den politischen Maßnahmen, der sich vor allem auch gegen sozial Schwache, Alte und Kinder richtet. Wo ist ihre Solidarität hier? Und wieso nur Abwertung und Häme gegenüber Demonstranten?
Es steht Ihnen natürlich frei, aus unserer Berichterstattung zu entnehmen was Sie wollen. In diesem Fall haben Sie aber eher etwas hineingetan, das es dort nicht gab. Ebenso verhält es sich mit ihren weiteren Vorwürfen. Wir berichten, was Rechte so tun und neuerdings verstärkt, wer sich mit Ihnen gemein macht. Klar, dass das nicht jedem schmeckt.
Wir sind und waren auch kein Medium, das sich im Allgemeinen mit politischen Maßnahmen auseinandersetzt. Danach müssten Sie sich andernorts umsehen. Aber wenn Sie nach Solidarität ausschau halten: Unter den Folgenden Links könnten Sie fündig werden:
https://allgaeu-rechtsaussen.de/2020/05/14/wangen-solidaritaet-gegen-abschottung-angstmacherei-ausgrenzung/
https://allgaeu-rechtsaussen.de/2020/05/05/statt-querfront-solidarischer-und-kreativer-protest-gefordert/
Ich bin zufällig auf Ihren Artikel gestoßen, sehe das aber genauso wie Stefan. Sie haben Scheuklappen.
Beste Grüße
Guntram Höger
Das hier ist eine wahnsinnig einseitige Berichterstattung, ich würde fast schon sagen, dass gelogen wird. Ich war selbst dort und kann nicht bestätigen, „dort offen erkennbare Neonazis, Verschwörungsideolog_innen, Reichsbürger_innen und andere Rechte“ zu sehen. Es waren normale Bürger: Studenten, Arbeiter, Eltern etc. , die sich in ihren Grundrechten eingeschränkt fühlen.
Ihr habt mehrere Bilder hochgeladen, wo genau sind hier die genannten Personengruppen abzufinden? Ich erkenne hier keine der Personengruppen.
„…forderte das Dutzend auf einem Transparent“, ist gelogen. Ein Dutzend waren 12 als ich das letzte Mal nachgesehen habe. Auf der Demo waren zwei Gegendemonstranten mit dem Transparent. Leider haben sie sich zu uns gestellt, obwohl sie offensichtlich Gegendemonstranten waren. Als man sie darauf hinwies, blieben trotzdem beide.
Das schlimmste ist aber die Bezichtigung, es werde offen offen antisemitische Inhalte verbreitet? Ich habe keine Aussage in der Richtung festgestellt, vorallem weil es um Grundrechte für alle ging. Das ist ein ganz anderes Thema.
Habt der Autor hierfür eine konkrete Aussage zu zitieren oder eine Quelle auf die er sich beziehen kann?
Ganz miese Berichterstattung und reinste Meinungsmache meiner Meinung nach! Ich lade jeden ein, mal bei dieser Demo vorbei zuschauen und sich selbst ein Bild davon zu machen.