Die AfD ist nicht zuletzt durch ihre aktiven Verbindungen ins offen rechtsradikale Milieu auch auf kommunaler Ebene kein normaler politischer Akteur und kann es nicht werden. Dieses Fazit ziehen die Grünen aus einem Vortrag in Kaufbeuren. Jetzt streben sie einen Schulterschluss gegen Rechts im Stadtrat an.
Vor einem mit rund 60 Personen voll besetztem Saal im Hotel Hasen informierte der Journalist und Szeneexperte Sebastian Lipp von Allgäu ⇏ rechtsaußen am Mittwochabend über Personal und Strategien der AfD für die Kommunalwahlen im Allgäu. Unter dem Title Schulterschluss gegen Rechts im Kaufbeurer Stadtrat? berichtet das der Ortsverband Kaufbeuren der Grünen in einer Pressemitteilung.
AfD kein normaler politischer Akteur
Der Verband hatte insbesondere die aktuellen und mögliche zukünftige Mitglieder des Stadtrates zum Vortrag und zur Diskussion eingeladen. Dabei sei deutlich geworden, dass die AfD nicht zuletzt durch ihre aktiven Verbindungen ins offen rechtsradikale Milieu auch auf kommunaler Ebene kein normaler politischer Akteur ist oder werden kann.
Oliver Schill begrüßte als Fraktionsvorsitzender der Kaufbeurer Grünen das Publikum und den Redner bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr: Die Veranstaltung über die rechte Szene im Allgäu im April sei als Grundlage zu verstehen, auf der man nun informativ aufbauen könne. Dies bestätigte Sebastian Lipp, indem er detailliert auf die zahlreichen Verbindungen prominenter AfD-Figuren im Allgäu zu einschlägigen Gruppierungen der extrem rechten Szene und der so genannten Neuen Rechten verwies.
Einschlägige rechtsradikale Bezüge
Insbesondere der Bundestagsfraktionsvize der AfD, Peter Felser aus Kempten, hat in seiner Vita eindeutige Bezüge zu Rechtsradikalen und pflegt einige dieser Kontakte offenbar bis heute. Sein ehemaliger Geschäftspartner Götz Kubitschek gilt etwa als Vordenker der Neuen Rechten, die von der AfD als parlamentarischem Arm über deren völkisch-nationalistischen Flügel bis hin zu Gruppen wie der Identitären Bewegung reicht. Ideologisch sind in diesem Spektrum die Grenzen fließend.
Der Weg des früheren Felser-Mitarbeiters Jirka B. führte etwa über die mittlerweile verbotene neonazistische Wiking-Jugend zu einem Posten im Team der Thüringer AfD-Landtagsfraktion von Björn Höcke. Angesichts dieser Verbindungen und insbesondere auch seiner früheren Tätigkeiten für die Partei Die Republikaner monierte Lipp, dass Peter Felser in Medien und Öffentlichkeit immer noch häufig als gemäßigter AfD-Repräsentant gelte.
Verknüpfung von Stadtentwicklung und rassistischen Thesen
Da bislang über die angekündigte AfD-Liste für den Kaufbeurer Stadtrat noch zu wenig bekannt ist, zeigte Sebastian Lipp anhand der Situation in Kempten auf, welche Schwierigkeiten die Rechtsaußen-Partei im Allgäu hat, geeignetes Personal für die Kommunalwahl zu finden. So würden Personen, deren Kandidatur in Kempten der Partei ein gemäßigtes Image verschaffen könnten, in ihrem eigenen Umfeld genau dafür kritisiert. Andererseits seien sie auch der expliziten Ablehnung von AfD-Mitgliedern ausgesetzt, wenn sie nicht deren ideologisch ausgrenzenden Menschenbild entsprechen.
Eine mögliche Strategie der AfD könnte laut Lipp auch in Kaufbeuren sein, im Wahlkampf normale kommunale Themen wie die Stadtentwicklung mit ihrer rassistischen Grundhaltung und ihren verschwörungsideologisch geprägten Thesen zur Flüchtlingsthematik zu verknüpfen. Es sei derzeit aber noch fraglich, ob sie überhaupt genügend geeignete Kandidaten für eine Liste finde.
Zur Diskussion lud Oliver Schill seine Stadtratskollegin und Fraktionsvorsitzende der SPD Catrin Riedl ein, zunächst gemeinsam die Geschehnisse rund um die Moschee-Debatte im vergangenen Jahr zu rekapitulieren. Damals hatte die AfD nachträglich den Bürgerentscheid als eigene Initiative und Erfolg für sich reklamiert und sich am Wahlabend entsprechend präsentiert. Andererseits seien die aktiven und bekannten Personen des AfD Kreisverbands Ostallgäu/Kaufbeuren gar keine Kaufbeurer, wie aus dem Publikum angemerkt wurde. Selbst der offizielle Initiator des Bürgerbegehrens, Werner Göpel, habe später nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen.
Rechter Ideologie entschlossen entgegen treten
So beantworteten und diskutierten Riedl, Lipp und Schill auf dem Podium letztlich vor allem Fragen über den Umgang und Erfahrungen mit Rechten in bisherigen Gremien, Ursachen der Verbreitung rechtspopulistischer Haltungen in Kaufbeuren und der Gesellschaft allgemein und wie man auch junge Menschen besser in die kommunalpolitische Arbeit einbinden könne.
Einigkeit bestand schließlich über Parteigrenzen hinweg darin, dass man der Neuen Rechten und ihrer Ideologie in Kaufbeuren gemeinsam und entschlossen entgegentreten müsse – nicht nur im Stadtrat. In diesem Sinne lud Nathan Lüders, der die Veranstaltung für die Grünen organisiert hatte, zur Beteiligung am Kaufbeurer Bündnis Gemeinsam gegen Rechts ein, das im Saal zahlreich vertreten war und neue Unterstützer hinzugewinnen konnte.
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