Stadt zeigt Rechtspopulisten die kalte Schulter

Ein breites zivilgesellschaftliches Protestbündnis erteilte dem rechtspopulistischen Wanderprediger Michael Stürzenberger und der AfD am Donnerstag in Kaufbeuren erneut eine Abfuhr.

Wieder ist Michael Stürzenberger am Donnerstag nach Kaufbeuren gekommen, um Stimmung zu machen gegen den Bau einer Moschee. Wieder wetterte der islamfeindliche Wanderprediger in stundenlangen Reden pauschal gegen »den Islam«, den er als »Terrorreligion« verstanden wissen will. Statt dem wie beim letzten Auftritt Stürzenbergers vor weniger als vier Wochen mit einem ohrenbetäubenden Lärm zu begegnen, entschieden sich viele Kaufbeurer gestern für einen stillen Protest.

Anlass von Stürzenbergers Auftritten ist ein Bürgerentscheid, der die Vergabe eines städtischen Grundstücks an die DITIB verhindern will. Der Türkisch-Islamische Kulturverein möchte dort eine Moschee bauen. Die örtliche AfD soll die Bürgerabstimmung angezettelt haben, bewarb Stürzenbergers Kundgebungen und beteiligte sich mit Redebeiträgen.

Zwischen die Kundgebungen mischten sich am Donnerstag zwei Aktivisten der Neonazipartei Der Dritte Weg, die kurz zuvor Flugblätter im Stadtteil Neugablonz verteilt hatten.

Kalte Schulter für Rechtspopulisten

Amnesty informierte mit einem Stand in der Kaiser-Max-Straße, der Stadtjugendring (SJR) verteilte am Obstmarkt Protestnoten, bunte Luftballons und Kopfhörer. So hörten einige Kritiker Stürzenbergers gar nicht, dass dieser ihnen Vorwarf, ihn als »Hassprediger« zu »diffamieren«. Sie hatten sich die vom SJR verliehenen Kopfhörer übergestülpt und tanzten zur Musik. Andere zeigten dem Rechtspopulisten die sprichwörtliche kalte Schulter und stellten sich rücklings zu seiner Kundgebung.

»Kaufbeuren zeigt Hasspredigern den Rücken«, einige tanzten zur Musik aus den Kopfhörern, die der Stadtjugendring zum Protest gegen Michael Stürzenbergers Anti-Islam-Kundgebung verteilte.
»Kaufbeuren zeigt Hasspredigern den Rücken«, einige tanzten zur Musik aus den Kopfhörern, die der Jugendring aus Protest gegen Michael Stürzenbergers Anti-Islam-Kundgebung verteilte.

Muslime ausgrenzen und abwerten

Michael Stürzenberger ließ um kurz nach elf Uhr am Salzmarkt Schilde und Fahnen der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) aufstellen. Dazwischen führte er stundenlang durch seine Vorstellung davon, was »den Islam« ausmache. Er selbst nennt das »Islamkritik«, die er für »Bürgerpflicht« hält.

Doch Stürzenbergers Äußerungen zielen darauf ab, Muslime aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit auszugrenzen und abzuwerten. Deshalb betrachtet der bayerische Verfassungsschutz den ehemaligen Pressesprecher der Münchner CSU als »die zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene« im Freistaat, zu der er auch die BPE zählt.

»Zu einer sachlichen Kritik nicht in der Lage«

»Erneut hat Stürzenberger unter Beweis gestellt, dass er zu einer sachlichen Kritik am politischen Islam nicht in der Lage ist«, resümiert Kai Huber von der Gruppe Bambule im Gespräch mit Allgäu ⇏ rechtsaußen am Abend nach der siebenstündigen Veranstaltung. Der Inhalt von Stürzenbergers Redebeiträgen sei nicht mehr als »Hetze«, so Huber.

Bambule ruft dazu auf, beim Bürgerbegehren gegen die Vergabe eines Grundstückes an die Kaufbeurer DITIB am 22. Juli dem Vorstoß der Rechtspopulisten eine Abfuhr zu erteilen. Die Gruppe legt in einer ausführlichen Stellungnahme dar, dass die Folgen der Entscheidung nicht nur den Türkisch-Islamischen Kulturverein betreffen könnten. Die »Anti-Islam-Hetzer« würden »nach ihrem Sieg zu einer noch schärferen Rhetorik gegen Muslime und andere Minderheiten übergehen«, so die Sorge von Bambule.

»Reine Symbolpolitik«

Etwas verwirrend ist die Wahlentscheidung der Kaufbeurer. Wer für einen solidarischen Umgang mit den Muslimen der Stadt eintritt, muss am Sonntag mit Nein stimmen, um dem rechtspopulistischen Vorstoß eine Abfuhr zu erteilen.
Etwas verwirrend ist die Wahlentscheidung der Kaufbeurer. Wer für einen solidarischen Umgang mit den Muslimen der Stadt eintritt, muss am Sonntag mit Nein stimmen, um dem rechtspopulistischen Vorstoß eine Abfuhr zu erteilen.

Ohnehin sei das Bürgerbegehren »reine Symbolpolitik«, der eigentliche Hintergrund ein gegen den Islam gerichtetes Ressentiment. Tatsächlich dürfte sich der Verein im Falle eines Erfolgs der Rechtspopulisten einfach ein anderes Grundstück suchen, auf dem er einen Ersatz für seine inzwischen zu klein gewordene Moschee bauen kann. Dann könnte auch die Stadt nicht mehr wie derzeit geplant über den Pachtvertrag Einfluss auf das Vorhaben ausüben.

»Teilen des Islams« könne man auch berechtigte Kritik entgegen bringen, schreibt Bambule. Das Problem sei, dass »ein Hetzer wie Stürzenberger oder die rassistische AfD
diese Debatte einseitig führen können und damit gezielt Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt fördern.« Die Kaufbeurer, »die sich einen kritischen Umgang mit der DITIB wünschen, die sich gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung wenden und die sich für ein solidarisches Miteinander einsetzen« ruft Bambule daher dazu auf, am Sonntag mit Nein zu stimmen.


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