CSU-Oberbürgermeister Stefan Bosse und der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl der Freien Wähler wollen bei Querdenken 8341 in Kaufbeuren sprechen. Damit würden »Ziele und Verschwörungsmythen der Querdenken-Bewegung legitimiert und normalisiert«, warnen Kritiker_innen.
Eine »Demo für die Maskenfreiheit unserer Kinder« will Querdenken 8341 am Donnerstag in Kaufbeuren abhalten. CSU-Oberbürgermeister Stefan Bosse soll zur Auftaktkundgebung am Rathaus eine Rede halten. Das schreibt die Initiative auf ihrer Homepage. Auch zu einer »Podiumsdiskussion zur Corona-Krise im Allgäu« rund einen Monat später kündigen sie prominente Gäste aus der Politik an.
Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneter wollen bei Querdenken sprechen
So wollen sie den CSU-Bundestagabgeordneten Stephan Stracke und den Landtagsabgeordneten Bernhard Pohl von den Freien Wählern auf das Podium eingeladen haben. Letzter habe bereits zugesagt. Die Politiker sollen mit den angeblich »unabhängigen Experten« Markus Haintz sowie »Intensiv- und Naturmediziner« Markus Gerum diskutieren. Verschwörungs-Missionar Eckert, dem die Kirche ein Predigtverbot auferlegte, wolle die Veranstaltung ins Internet streamen.
»Ich stelle mich diesen Leuten«, bestätigt Oberbürgermeister Bosse am Wochenende auf Anfrage von Allgäu rechtsaußen. Die Organisatorinnen hätten ihn um Stellungnahme zur Maskenpflicht für Grundschüler gebeten. Dies habe der CSU-Politiker zugesagt. Dabei sei »völlig klar dass ich eine zu Querdenken gegensätzliche Position vertreten werde«, so Bosse. Sollten erkennbar rechte Gruppierungen dabei sein, werde er darauf reagieren und nicht sprechen, berichtet die Allgäuer Zeitung. Das gleiche gelte, wenn die Regeln zum Mund-Nasen-Schutz und Abstand nicht eingehalten werden. Doch zunächst wolle Bosse dialogbereit bleiben. Er gehe nicht per se davon aus, dass die Kaufbeurer Querdenker Rechte und Demokratiefeinde sind.
»Für Beschwichtigen, Verharmlosen oder gar Leugnen ist kein Platz.«
Als »inakzeptabel« kritisiert das das Bündnis Kaufbeuren gemeinsam gegen Rechts: »Die Querdenken-Bewegung ist klar rechtsoffen und durchaus von Rechtsextremen frequentiert,
Führungsfiguren der bundesweiten Bewegung teilen rassistische und antisemitische Positionen sowie Verschwörungsmythen aus dem rechten Spektrum.« Erklärte Ziele auch der Kaufbeurer Gruppe seien »Neuwahlen im Oktober« sowie eine »Wiederherstellung des Grundgesetzes«, das angeblich außer Kraft sei. Die Maskenpflicht an Schulen »ist offenkundig nur ein Vorwand, um Leute hinter ihrem Verschwörungsmythos zu versammeln«, warnt Kaufbeuren gemeinsam gegen Rechts.
Auch Stephan Stracke hat Vorbehalte gegen die selbsternannten Querdenker: »Vorsicht und Umsicht bleiben auch für die nächsten Monate der beste Ratgeber und Maßstab. Für Beschwichtigen, Verharmlosen oder gar Leugnen ist kein Platz.« Er werde an der Podiumsdiskussion nicht teilnehmen, erklärte der Bundestagspoltiker bereits am Montag auf unsere Anfrage. Auf der Website von Querdenken steht sein Name noch immer in der Ankündigung der Podiumsdiskussion neben dem von Bernhard Pohl.
Kritik: Verschwörungsmythen der Querdenken-Bewegung werden legitimiert
Bernhard Pohl indes bestätigt auf Anfrage seine Zusage. Als Politiker sei er verpflichtet, seine Auffassung und seine
Entscheidungen gegenüber den Menschen zu rechtfertigen. Der Landtagsabgeordnete hält es für »falsch, dies nur auf einen Teil der Gesellschaft zu beschränken.« Wer ihn kenne wisse, »dass er mit klaren Aussagen zu rechnen« habe, wenn er ihn »mit Verschwörungstheorien oder braunem Gedankengut« konfrontiere. Die Bedenken von Kaufbeuren gemeinsam gegen Rechts weist der Landtagsabgeordnete zurück. Er habe »keine Angst davor, irgendjemand aufzuwerten. Was ist denn die Alternative? Dann laufen Menschen mit Meinungen herum, die mir nicht passen, und machen für ihre Ansichten Werbung, indem sie sagen, den Politikern ist das Volk egal. Ist das besser?«
Eindeutig ja, findet das Bündnis Kaufbeuren gemeinsam gegen Rechts. Denn durch die Teilnahme der Politiker würden die »Ziele und Verschwörungsmythen der Querdenken-Bewegung legitimiert und normalisiert.« Schließlich sei es in deren Kontext bereits zu Aktionen wie dem Sturm über die Reichstagstreppe oder aktuell dem Brandanschlag auf das Robert-Koch-Institut in Berlin gekommen. Auch in Kempten und vielen weiteren Städten hätten die Querdenken-Demonstrationen ihre Teilnehmenden bereits radikalisiert. Um dem nicht weiter Vorschub zu leisten, ruft Kaufbeuren gemeinsam gegen Rechts die Parteien und Stadtratsfraktionen in Kaufbeuren auf, sich von Querdenken und ihren Veranstaltungen zu distanzieren und von Teilnahmen abzusehen.
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