Hunderte selbsternannte Querdenker demonstrieren durch Ravensburg. Während sie sich um eine nicht-rechte Außenwirkung bemühen, sind die Reden umso deutlicher.
Am vergangenen Sonntag demonstrierten hunderte Anhänger von Querdenken 751 durch Ravensburg. Laut Polizei zogen rund 290 Personen von der Auftaktkundgebung am Marienplatz über die Bachstraße, Karlstraße, Schussenstraße und Gartenstraße zum Platz vor der Oberschwabenhalle. Dort sollen sich dann etwa doppelt so viele selbsternannte Querdenker versammelt haben.
NS-Sprache und -Relativierung
Wieder waren Teilnehmende zu sehen mit Aluhut, Werbung für rechte Verschwörungs-Youtuber, verbalen Attacken gegen Bill Gates und Emblemen der Verschwörungsmythen um QAnon, über die auf den sogenannten Coronademos zuletzt in Berlin, aber auch im Allgäu eine Radikalisierung der Teilnehmenden nach Rechtsaußen vorangetrieben wird.
Doch es ging noch heftiger. So wurde etwa die nationalsozialistische Schreckensherrschaft durch Vergleiche von Söder und Hitler relativiert und ein Schild mit der Aufschrift »Volksvertreter statt Volksverräter« getragen. Die Nationalsozialisten machten den »Volksverräter« zu einem zentralen Begriff ihrer Propaganda und ihrer Rechtsprechung, mit dem jegliche Kritik an der nationalsozialistischen Ideologie, insbesondere der rassisch definierten Volksgemeinschaft brutal niedergeschlagen wurde. In den vergangen Jahren erfuhr der Vorwurf »Volksverräter« eine Renaissance auch unter Rechtsradikalen und Flüchtlingsfeinden.
Gegen Rechts – mit Schwarz-Weiß-Rot
»Wir sind überparteilich und schließen keine Meinung aus. Wir distanzieren uns von allen außerhalb des Grundgesetzes stehenden Bewegungen. Wir grenzen uns ab von Extremismus und Radikalismus, von Rechts wie von Links und von jeglicher Gewalt.« Das darzulegen seien die Veranstalter gebeten worden, erklärte eine Rednerin. Auf einer der Websites der Veranstalter ist ähnliches schon länger zu lesen. Damit sei nun auch der Stadt gegenüber genüge getan, hieß es im Redebeitrag.
Doch gleich beim darauffolgenden Redner schien das bereits oft wiederholte und immer wieder widerlegte Bekenntnis gegen Rechts vergessen. »Es wird viel diskutiert über schwarz-weiß-rot«, erklärte Daniel Langhans in seiner Rede. »Und ich sage euch: Egal welche Prominenz die Menschen haben, die neue politische Ordnungen entwerfen wollen, die dazu ihren Beitrag leisten wollen. Wir heißen alle Willkommen. Die Hauptsache: es geht nicht um die Parteien, die uns das alles hier eingebrockt haben.« Deswegen freue er sich »über viele neue Parteien, viele neue politische Bewegungen«.
Krieg gegen die Menschheit im »Merkel-Terror-Regime«
Dann behauptete Langhans, in Berlin seien am 1. August eine Million Menschen in seinem Sinne auf die Straße gegangen. Am 29. August hätte diese Zahl sich verdoppelt. Dort hätten »sogenannte Polizisten«, die »diesen Namen nicht verdienen«, »schreckliche Taten« begangen. »Durch diese Gewalt« sei »dem Merkel-Terror-Regime die Maske vom Gesicht gerissen« worden.
»Mit Liebe im Herzen« wende man sich »gegen alle Pläne, die die Bevölkerung durch Verschwörungs-Konzepte, die real sind, reduzieren wollen.« Man wisse, »was dieser Mann gesagt hat 2010: Man könne die Bevölkerung, wenn man den Job mit den Impfstoffen gut macht, um 10 bis 15 Prozent reduzieren.« Das sei eine Kriegserklärung gegen die gesamte Menschheit, so Langhans. »Das ist die Wahrheit«, wiederholt er in seiner Rede unzählige Male. Doch selbst nimmt er es nicht so genau mit der Wahrheit, denn die will nicht recht in Langhans‘ Erzählung einer finsteren Verschwörung gegen die gesamte Menschheit passen.
Der Mann, den Langhans nicht nennt, ist Bill Gates. Tatsächlich sagte der 2010: »Auf der Welt gibt es heute 6,8 Milliarden Menschen – die Tendenz geht Richtung neun Milliarden. Wenn wir jetzt wirklich gute Arbeit bei neuen Impfstoffen, im Gesundheitswesen und in der Reproduktionsmedizin leisten, könnten wir dies um vielleicht 10 oder 15 Prozent senken.« In einem Statement erläuterte Gates‘ Stiftung bereits 2009, wie das gemeint ist: »Eine überraschende Erkenntnis für uns war es, dass eine Verringerung der Sterblichkeitsrate das Bevölkerungswachstum reduziert.« Eine Kriegserklärung ist das beileibe nicht.
»Europa der Vaterländer« statt Verschwörung gegen Deutschland
Für einen Friedensvertrag und gegen Fremdbestimmung sprach sich der nächste Redner aus: Thorsten Schulte begrüßt die Diskussion um einen Friedensvertrag, den Michael Ballweg mit Querdenken auf den Weg gebracht habe. Wichtiger als eine »Verfassungsgebende Versammlung« sei jedoch, »dass das Volk souverän ist«. Dies will er über Volksentscheide erreichen. Der selbsternannte Silberjunge spricht vom 2+4-Vertrag und stellt die Souveränität des deutschen Staates in Frage.
Unter Bezugnahme auf einen ehemaligen österreichischen Verfassungsschützer behauptet der Verschwörungsideologe, deutsche Sicherheitsbehörden seien von »den Alliierten« in einem Maße unterwandert, dass »von einer Eigenständigkeit und Selbstständigkeit deutscher Behörden nicht mehr die Rede sein könne«. Schon in seinem 2019 erschienen Titel Fremdbestimmt. 120 Jahre Lügen und Täuschung zeichnet der Geschichtsrevisionist das Bild einer Verschwörung gegen Deutschland, die Hitler an die Macht brachte und letztlich den Zweiten Weltkrieg erst ausgelöst haben soll. Dutzende Exemplare dieses Buches brachte Schulte am Sonntag in Ravensburg unter die Querdenker.
Weiter spricht Schulte von »großen Konzernen, die heimatlos sind« und fordert: »Wir wollen ein Europa der Vaterländer in Frieden und Freiheit!« Dafür erntet er Applaus. Der Begriff »Europa der Vaterländer« bezeichnet ein Konzept, mit dem die Vergemeinschaftung staatlicher Aufgaben innerhalb der EU zugunsten voll souveräner Nationalstaaten wieder abgeschafft werden soll. In Deutschland vertreten diese Idee die AfD und die NPD.
Auch ich bin Impfgegnerin, Tierversuchsgegnerin und Pharmakritikerin, um nicht zu sagen Gegnerin. Aber von jeglicher brauner Gesinnung und sei es auch nur beige oder hellbraun, distanziere ich mich vehement. Meine Einstellung lautet: NAZIS ZUR HÖLLE!
Genauso verachte ich die Blödsinns-Apostel mit ihren ver Q uasten Gehirnen, die schon deutlich von ihren gefürchteten Chemtrails paralysiert wurden. Haben wir nicht auf der Erde Dramen im Überfluß, mit denen wir nicht fertig werden?
Da sind diese Doofmänner und Frauen mit ihrem Psychokack so überflüssig wie ein Furunkel.
Also: NAZIS UND BLÖDELPROPHETEN ZUR HÖLLE!!!!
(genauso wie Donald Trump).
Liebe Regina,
ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber das allermeiste, was gegen das Impfen und die Pharmabranche vorgebracht wird, kommt von Doofmännern und Dooffrauen, die wenigstens mit einem Bein im tiefbraunen Sumpf der Rudolf-Steiner-Jünger stehen. Die Feindbilder Pharma, Impfstoffhersteller, Bill Gates, George Soros, Rothschild, Atlantikbrücke, Freimaurer, Illuminaten usw. sind dabei austauschbar. Das Ziel der Kundgeber, Influencer, xyz-„Denker“ und xyz „für Aufklärung“ ist, für eine linke bis grüne, der Groko gegenüber misstrauische Zielgruppe anschlussfähig zu werden und eine Querfront zu schließen.
Es ist immer der alte antisemitische Plot, der sich als antikapitalistisch tarnt.
Covid-19 bekommen wir mit Kügelchen und Gesundbeterei nicht in den Griff. Du hast natürlich Recht, wenn Du sagst, dass man Pharmaherstellern auf die Finger schauen muss. Das gilt aber für alle Kapitalgesellschaften, die Geschäfte mit der Gesundheit machen. Es fängt schon bei Tierversuchen an: Wer die nicht will, muss da, wo „in vitro“-Versuche nicht genügen, Menschenversuche in einer Phase akzeptieren, in der das Risiko noch vergleichsweise hoch ist. Damit drängt er die Pharmaindustrie faktisch noch stärker in Länder, in denen es Freiwillige gibt, die für sehr wenig Geld alles mitmachen, und in denen die Haftungsrisiken geringer sind als hier. Das ist ethisch nicht vertretbar, es wäre neoimperialistisches Denken.
Moderne Pharmahersteller unterscheiden sich von altmodischen, die wie vor 200 Jahren Hahnemanns Rezepten folgen, dadurch, dass sie ihre Gewinne zumindest teilweise (sogar zu erheblichen Teilen) in die Erforschung neuer Medikamente (und Impfstoffe) investieren. Kritikwürdig ist hingegen die Ausrichtung auf Blockbuster und die tendenzielle Vernachlässigung seltener Krankheiten, aber eben nicht die Forschung an sich.
Die homöopathische Industrie schöpft nur erzkapitalistisch die Gewinne ab, die sie mit ihren spirituell aufgeladenen Placebos einfährt, ohne einen Cent in die Entwicklung neuer bzw. wirkungsvoller Präparate zu reinvestieren. Um ihre Gelddrucklizenz (Ausnahme von der Verpflichtung, Wirksamkeit nachzuweisen) zu verteidigen, verfolgt sie kritische Berichterstattung in den Medien mit Einschüchterungen und dicken juristischen Keulen.
Von daher kann eine legitime Pharma- und Tierversuchskritik von links nur bedeuten, die Branche international stärkerer Aufsicht zu unterwerfen, ihr strengere Vorschriften zu machen oder sie im Extremfall zu verstaatlichen (etwas, das ich persönlich zwar ablehne, aber verstehen könnte).
Es kann nicht bedeuten, sich aus einer Aversion gegen Big Pharma heraus dann doch denen an den Hals zu werfen, die pseudowissenschaftlich herumschwurbeln und den Irrlehren des rassistischen Sektengurus Rudolf Steiner oder den widerlegten Thesen von Samuel Hahnemann, Edward Bach und Wilhelm Schüssler folgen. Damit macht man sich zum nützlichen Idioten von Quacksalbern, die übrigens fast ausnahmslos im Umfeld der „Querdenker“ zu finden sind.
Ein Musterbeispiel für dieses Milieu ist der Kauferinger Homöopath Rolf Kron, der bei der „Klar denken“-Demo in Lindau nicht nur wie am Fließband gelogen und verunglimpft, sondern auch gesagt hat, er schäme sich, früher grün gewählt zu haben. Er bekannte sich zur AfD – mit der fadenscheinigen Ausrede, die Feinde seiner Feinde seien halt seine Freunde. Kron hat übrigens auch keine Berührungsängste zu Leuten, die mit Scientology verbandelt sind (Stichwort Wassertankstelle).
Wenn Du Dich mit dieser Szene näher befassen möchtest, schau einfach auf meinem Blog vorbei (Stichwort „Desimpformation“) oder auf dem von „Anthroblogger“ Oliver Rautenberg (alles über die Welt der Steiner-Jünger):
https://anthroposophie.blog/author/anthroposophieblog/