Die AfD darf im Stadtrat Memmingen Unterstützung anderer Parteien erwarten. FDP-Sieger Fritz Tröger ließ sich jüngst beim Trinken mit Neonazi und AfD-Rechtsaußen erwischen. Auch der Christliche Rathausblock (CRB) zeigt wenig Distanz nach rechtsaußen.
»Eine Zusammenarbeit mit meiner Partei, der CSU, schließe ich aus!« Das versprach der alte und neue Memminger Oberbürgermeister, Manfred Schilder, noch vor der Wahl gegenüber der Allgäuer Zeitung. Weniger Distanz zu Christoph Maier und Genovefa Kühn, den künftigen Stadträten der mit 5,4 Prozent der Stimmen erstmals in das Gremium gewählten AfD, lassen allerdings die Stadtratsfraktionen der FDP und des Christlichen Rathausblocks (CRB) erwarten.
FDP-Sieger beim Trinken mit Neonazi und AfD-Rechtsaußen erwischt
Dank 4,5 Prozent der Stimmen erhält auch die FDP zwei Mandate. 2.597 Stimmen der Memminger bringen Fritz Tröger und 2.280 Stimmen Sebastian Baumann in den Stadtrat. Der 27-jährige Optikermeister Fritz Tröger ließ sich noch am Wochenende vor der Wahl mit dem selbst innerhalb der AfD rechtsaußen verorteten Christoph Maier und dem Neonazi Bernd F. in einer Kneipe erwischen. Photos, die Allgäu ⇏ rechtsaußen vorliegen, zeigen Bernd F. zwischen Christoph Maier und Fritz Tröger an einem Tisch der Kneipe beim gemeinsamen Biertrinken.
Als im vergangenen Sommer ein Team aus Journalist*innen bei der Neonazi-Propagandaschmiede Oldschool Records recherchierte, verließ der rechte Rocker Bernd F. das Unternehmen von Benjamin Einsiedler, der als Führungsfigur der Skinheadkameradschaft Voice of Anger gilt und fuhr auf seinem Motorrad davon. Das Kennzeichen seiner Maschine endet auf I488 – eine klare Anspielung auf »Heil Hitler« und einen rassistischen Glaubenssatz eines Rechtsterroristen.
Christoph Maier gilt als Mitglied einer stramm rechtsnationalen Burschenschaft. Gemeinsam mit Fraktionskollegen verließ er während einer Rede im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus demonstrativ den Plenarsaal des Bayerischen Landtages. Der Landtagsabgeordnete bekennt sich zum offen völkischen Flügel der AfD, auf dessen Treffen er im vergangenen Jahr mit Björn Höcke auf der Bühne stand und die erste Strophe des Deutschlandlieds sang. Darin wird Deutschland zunächst »über alles, über alles in der Welt« gestellt. Dann wird ein Deutschland weit über dessen tatsächliche Grenzen »von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt« besungen.
Weiterer FDP-Kandidat zeigt wenig Distanz
»Den Fritz kenne ich und weiß wie der denkt«, erklärte der zweite künftige FDP-Stadtrat Sebastian Baumann am Mittwoch vor der Wahl im Gespräch mit Allgäu ⇏ rechtsaußen. Kontakte nach Rechtsaußen seien ihm nicht bekannt. Dennoch sei klar: »Wir arbeiten nicht zusammen.« Eine angekündigte konkrete Stellungnahme zu den Vorwürfen blieben sowohl Baumann als auch Tröger bis heute schuldig.
Auch FDP-Kandidat Tom Kunz zeigte im Vorfeld der Wahl wenig Berührungsängste zu Christoph Maier. Unserer Redaktion von AfD-Gegnern zugespielte Photos belegen, dass sich der 23-jährige Karosserie- und Fahrzeugbauer mehrere Minuten mit Christoph Maier an einem seiner Wahlkampfinfostände unterhält. Per Handschlag verabschieden sich die beiden. Das müsse keine inhaltliche Nähe zeigen, erklärte FDP-Sprecher Baumann. Er vermutet, dass es lediglich um den Austausch von Positionen ging. Tom Kunz schaffte den Einzug in den Stadtrat nicht.
Abgrenzungsprobleme auch beim Christlichen Rathausblock
Auch beim Chrstlichen Rathausblock (CRB), der mit 9,8 Prozent der stimmen künftig vier Sitze im Stadtrat Memmingen erhält, vermissen Beobachter eine Abgrenzung nach Rechtsaußen. So besuchte etwa die Frauenbeauftragte des CRB, Daniela Thiel, ebenfalls den AfD-Infostand »und plauderte heiter« mit Christoph Maier und der AfD-Kassenprüferin und künftigen Stadträtin Genovefa Kühn. Das berichtet eine SPD-Kandidatin, die zur selben Zeit mit Antifaschist*innen und jungen Kandidat*innen von SPD, Grünen, ÖDP und Linken gegen die AfD protestierte. Dabei sei »klar zu erkennen« gewesen, dass Thiel den Protest »für albern beziehungsweise nicht angemessen hielt«.
Deshalb sei Thiel von einer Protestlerin gefragt worden, ob sie kein Problem mit der AfD habe. Darauf soll die CRB-Kandidatin geantwortet haben: »Nein, ich kenne diese Leute persönlich und finde sie nett.« Ähnlich reagierte Thiel bereits im Oktober auf unsere Anfrage, nachdem die Frauen des Christlichen Rathausblocks einen »Selbstverteidigungskurs für Frauen jedes Alters« im Herzblut Sportclub anboten. Dort trainiert auch die Neonaziszene um die Skinheadkameradschaft Voice of Anger und die am Nationalsozialismus ausgerichtete Partei Der Dritte Weg. Daran werde die Frauengruppe weiter festhalten, denn sie habe bei Herzblut »keine Nazis gesehen«, so Thiel damals.
Zur Stadtratswahl ließ sich Thiel auf Listenplatz fünf für den CRB aufstellen, landete aber mit 1.469 Stimmen auf Rang elf. Im Gegensatz zu Uwe Rohrbeck, Bastian Dörr, Toni Demirci und Helmut Barth ist ihr der Einzug in das Rathaus nicht gelungen.