Vor den Türen der eigentlich geheimen Aufstellungsversammlung der AfD für den Stadtrat Kempten demonstrieren Gegner*innen der Partei erneut für ein weltoffenes Allgäu. Der Rechtsaußenpartei werfen sie vor, rechtsradikale Positionen zu normalisieren.
Protest gegen rechte Sammellisten
Bereits ab 17:30 Uhr begannen Gegner*innen der AfD am Donnerstagabend, sich auf einer Grünfläche in der Nähe des Gasthaus Goldener Adler in Weitnau zu versammeln. Erst etwa eine halbe Stunde später begannen dann auch die Funktionäre der AfD im Lokal damit, mögliche Kandidat*innen der Partei für den Stadtrat Kempten zu akkreditieren. Dass sie hierfür nach Weitnau ausgewichen sind, mag auch mit den erheblichen Schwierigkeiten der Partei zu tun haben, für ihre Veranstaltungen in der Region noch an Räumlichkeiten zu gelangen. Weil der offenbar einzige Veranstaltungsort, der er AfD in der Umgebung von Kempten noch zur Erfüllung steht, Ferien macht, musste die Partei am Donnerstag nach Weitnau ausweichen.
Bis die offizielle Aufstellungsversammlung dann um 19 Uhr begann, war die Zahl der protestierenden Menschen draußen auf knapp 50 angewachsen. Sie bildeten die fünfte Kundgebung der Kampagne Keine Stimme für Rassismus (KSfR) innerhalb weniger Wochen. Wie zuletzt in Oberstaufen erhielt KSfR auch in Weitnau Unterstützung durch eine bunte Mischung aus Anwohner*innen, Klimaaktivist*innen und Feminist*innen. In verschiedenen Redebeiträgen kritisierten die Redner*innen auf der Kundgebung eine Leugnung des menschengemachten Klimawandels durch die AfD und warfen der Rechtsaußenpartei vor, Homosexuelle und Transpersonen zu diskriminieren sowie eine Gleichberechtigung der Geschlechter aktiv verhindern zu wollen.
Vor allem aber warnten sie erneut davor, dass Sammellisten der AfD aufgrund ihrer personellen und inhaltlichen Ausrichtung und ihrer gleichzeitigen Personalnot leicht zum Sammelbecken für Rassisten, Rechtsradikale und Reichsbürger werden könnten. Die Protestler befürchten, dass die AfD damit letztlich »rechtsradikale Positionen normalisiert«. Sowohl den Mangel an kommunalem Personal als auch eine gezielte Kontaktaufnahme in Kreise rechts der AfD hatten Recherchen bereits im Vorfeld der Aufstellungsversammlung offen gelegt. Wie zur Bestätigung der Befürchtungen berichtet die Allgäuer Zeitung am Samstag aus dem Saal, dass sich die Kandidaten »teils mit für die AfD üblichen Äußerungen zur angeblichen Überfremdung der Bevölkerung« vorstellten.
Auf gescheiterte Geheimhaltung folgt öffentlicher Druck
In Folge eines Datenlecks, das die Führungsriege des AfD-Kreisverbandes Oberallgäu/Kempten/Lindau stark belastet, waren nicht nur der Termin der Aufstellungsversammlung sondern auch die geplante Kandidaturen frühzeitig an die Öffentlichkeit gelangt. In Verbindung mit den weiter angewachsenen Protesten gegen die Rechtsaußenpartei im Allgäu hatte dies zum Ausscheiden von Kandidat*innen geführt.
Zuletzt war insbesondere der designierte Kandidat Sascha Merk in den Fokus der Kritik geraten. Unserer Redaktion liegen Kommunikationsverläufe des Kemptner Bankangestellten vor. Die uns zugespielten Informationen zeigen, dass Merk in seiner Funktion als Kandidat der AfD in identitären Kreisen um Unterstützung bei den kommenden Kommunalwahlen wirbt.
Einen Teil dieser Belege machten wir bereits am vergangenen Mittwoch dem AfD-Wahlkampfleiter Walter Freudling zugänglich und baten ihn um eine Stellungnahme. Die entsprechenden Aktivitäten von Merk bezeichnete Wahlkampfleiter und Spitzenkandidat Walter Freudling gegenüber unserer Redaktion als »ohne Bedeutung«. Entsprechend wurde Merk trotz eines möglichen Verstoßes gegen die Unvereinbarkeitsklausel der AfD über eine Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung nun ein der Aufstellungsversammlung am 21. November wie geplant auf die Kandidatenliste der Partei für den Stadtrat Kempten gewählt.
Arbeitgeber zeigt sich kritisch
Bei Sascha Merks Arbeitgeber sieht man dessen Umtriebe in rechtsradikalen Kreisen hingegen deutlich kritischer. Bereits zur geplanten Kandidatur von Sascha Merk äußerte sich die Targobank, für die er in Kempten als Kundenbetreuer arbeitet, eindeutig: »Unsere Unternehmenskultur zeichnet sich durch Offenheit, Toleranz und Respekt vor der Identität anderer, ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, ihrer Kultur, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer politischen Meinung aus. Verstöße gegen diese Grundsätze nehmen wir sehr ernst«, erklärte ein Sprecher der Bank auf Anfrage. Ausgrenzung jedweder Art, gegen die man ankämpfe, habe bei der Targobank keinen Platz.
Auch der Targobank haben wir Belege für Merks Zuwendung zu identitäten Kreisen zukommen lassen. Dazu erklärte der Bankensprecher in aller Deutlichkeit: »Die Identitäre Bewegung und deren ideologische Grundhaltung ist uns selbstverständlich bekannt.« Sie stehe »weit außerhalb unseres demokratischen Wertekanons.«
Ein Gedanke zu „Aufstellungsversammlung der AfD von Protest begleitet“