Mit einem »Angebot zur Güte« überzeugt das Landgericht Kempten einen Kaufbeurer, sechs Monate Haft für einen nationalsozialistischen Gruß zu akzeptieren.
Vor rund einem Jahr hatte Michael S. gegenüber zwei Angehörigen der Sicherheitswacht in Kaufbeuren »Sieg Heil« gerufen. Für den nationalsozialistischen Kampfgruß verurteilte ihn das Amtsgericht Kaufbeuren im Juni zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Gegen das Urteil legte der 46-jährige Kaufbeurer Rechtsmittel ein – und landete vor dem Landgericht Kempten.
Hier gab der Mann sich einsichtig, eine »Dummheit« begangen zu haben. Er sei »traurig, dass ich mit dem Blödsinn schon wieder mein gutes Leben aufs Spiel setze«. In der Firma arbeite er auch mit Ausländern zusammen. Der Alkohol habe ihn zu der Tat getrieben. Das habe er nun verstanden.
Um das zu festigen, schlägt der Richter eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor. Der Angeklagte winkt aber ab. Das könne er sich »nicht leisten«, müsse schließlich arbeiten. Michael S. legt es auf eine Bewährungsstrafe an. Im Gefängnis war er schon, da will er nicht noch einmal rein.
Auch Polizisten den Hitlergruß gezeigt
Doch es hilft nichts: »Sie müssen doch wissen, dass bei so vielen Vorstrafen nichts drin ist«, unterbrach der Vorsitzende die Ausführungen des Angeklagten. Um über eine Bewährung nachzudenken, müsse das Gericht »sicher sein, dass es besser wird.« Doch das glaubt der Richter nicht: »Ich bin mir sicher, das haben Sie jedes Mal versprochen.«
»Es gibt da ja noch dieses Parallelverfahren«, stellte der Richter beim Blättern durch die Akte fest. Michael S. wurde vom Amtsgericht Kaufbeuren zu weiteren sechs Monaten verurteilt, weil er in Anwesenheit mehrerer Polizisten den verbotenen Hitlergruß zeigte. Auch hier hat der Angeklagte Rechtsmittel eingelegt.
Daher schlug der vorsitzende Richter ein »Angebot zur Güte« vor und stellte eine Gesamtstrafe von neun Monaten statt dem insgesamt zu erwartenden vollen Jahr Gefängnis für beide Taten in Aussicht. Das überzeugte den Kaufbeurer nach einer kurzen Pause zur Beratung mit seinem Anwalt. Damit war der Prozess nach nur rund 15 Minuten beendet und das Urteil des Amtsgericht rechtskräftig geworden. Jetzt wartet Michael S. auf die nächste Berufungsverhandlung.
(Titelbild: Stacheldraht auf einem Feld außerhalb von Auschwitz; Aktenzeichen: 3 Ds 410 Js 24860/17)