Waffenbesitz als »Verteidigungsrecht« gegen den Staat fordert der AfD-Politiker Petr Bystron am Sonntag auf einer Kundgebung in Kempten. Als Wahlkampfauftakt will die AfD so an das radikalisierte Querdenken-Milieu anknüpfen.
»Laut und entschlossen« will Kempten gegen Rechts am Sonntag auf dem Hildegardplatz gegen eine zeitgleich stattfindende Kundgebung der AfD protestiert haben. Die Aktion bewertet die antifaschistische Initiative als vollen Erfolg, da trotz strömenden Regens viele gezeigt hätten, dass sie weder »hier in Kempten, im ganzen Allgäu und auch nirgendwo sonst die menschenverachtende, rassistische und nationalistische Politik dieser extrem rechten Partei dulden!«
Initiative will »menschenfeindlichen Inhalten« der AfD entgegentreten
Nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Demonstrierenden nahmen rund 70 Personen an der Versammlung teil. »Wir stehen heute hier, um diesen rassistischen, anti-feministischen, antisemitischen, verschwörungsideologischen und anderweitig menschenfeindlichen Inhalten der Rechtsaußenpartei AfD entgegenzutreten«, erklärte eine Rednerin das Anliegen.
Ebenfalls etwa 70 Personen folgten dem Aufruf der AfD gegen ein vermeintliches »autoritäres Corona-Regime«. Darunter waren neben bekannten Anhänger_innen der örtlichen AfD und Reichsbürger, teils schon vor Jahren aufgefallen, als diese einen Tumult am Amtsgericht Kaufbeuren anzettelten und die Akte stahlen. Als Redner traten der Kemptener AfD-Bundestagsabgeordnete Peter Felser, sein Fraktionskollege Petr Bystron, der Lindauer AfD-Ortschef und Bundestagskandidat Rainer Rothfuß, sowie der Mediziner und Bundestagskandidat Klaus Lang auf.
Waffenbesitz als »Verteidigungsrecht jeden freien Bürgers gegen einen übergriffigen Staat«
Peter Felser fällt schon seit Jahrzehnten in völkisch-nationalistischen Kreisen auf, Rainer Rothfuß als von Reichsbürgern flankierter Verschwörungsideologe. Rothfuß und Petr Bystron, dessen Beobachtung der Verfassungsschutz 2017 einstellte, weil er zum Bundestagsabgeordneten gewählt wurde, stellten sich bereits mehrfach hinter NS-relativierende Vergleiche aus dem Querdenken-Milieu. »1933 ist ein guter Vergleich« zur jetzigen Lage, meint etwa Bystron. Außerdem fände er die Gleichsetzung der Maskenpflicht mit dem Ausschluss von Juden aus Geschäften während der Nazizeit »statthaft und legitim«. Als Kundgebungsredner sagte Bystron, man stehe für das »Recht, eine Waffe zu besitzen und zu tragen« als »Verteidigungsrecht jeden freien Bürgers gegen einen übergriffigen Staat«.
Diesen behauptet die Kemptener AfD nun auch, nachdem Querdenken in der Region bereits mehrfach zum Umsturz aufrief. Mit der Behauptung eines »autoritären Corona-Regimes« aus dem Versammlungs-Motto bedient die AfD zudem auch die Relativierung des NS-Regimes. Damit zog sie auch eine Person an, die sich einen »Judenstern« mit der Aufschrift »ungeimpft« anheftete, der ebenfalls bereits bei Querdenken zu sehen war. Damit befasst sich nun der polizeiliche Staatsschutz. Mit der Demonstration will die AfD an die Querdenken-Bewegung anknüpfen. Sie stellt laut Rothfuß den »Auftakt zum Bundestagswahlkampf« dar.
»Kein Fußbreit der AfD!«
Die AfD-Gegner_innen indes sehen ihre Aktion als Auftakt einer Kampagne, die den Wahlkampf der AfD kritisch begleiten soll. Damit will ein Bündnis aus antifaschistischen Initiativen aus der ganzen Region »bei jeder Gelegenheit deutlich machen, dass die Rechtsaußen im Allgäu nirgendwo willkommen ist.« Bei möglichst jeder Veranstaltung der AfD wollen die Antifaschist_innen laut Aufruf »für eine offene und solidarische Gesellschaft einstehen.« Das Motto: »Kein Fußbreit der AfD!«
Als nächstes Ziel macht die Kampagne einen Auftritt von AfD-Politiker Björn Höcke in der Memminger Stadthalle am kommenden Samstag, dem 10. Juli, aus. Unter dem Motto »Memmingen rückt zusaMMen« ruft ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Vereinen und sonstigen Organisationen zu einer Kundgebung ab 16 Uhr in der Nähe der Stadthalle auf. Ab 17:30 Uhr soll dann zusätzlich eine Demonstration »alle zusammen gegen den Faschismus« vom Marktplatz starten.