Die Klage von Thomas Wagenseil gegen den Verfassungsschutz läuft ins Leere – weil dieser die Beobachtung des AfD-Bezirksrats bereits einstellte, obwohl Gerichte seine rechtsradikalen Aktivitäten anerkennen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Klage von Thomas Wagenseil als unzulässig abgewiesen (M 30 K 19.1367), da dessen Anwalt den falschen Klageantrag gestellt hatte. Mit diesem wollte Wagenseil feststellen lassen, dass sein Verhalten nicht die Voraussetzungen für eine Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz erfülle. Doch das Landesamt hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung und auch nochmals in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli versichert, dass es den Kläger aufgrund der aktuellen Sachlage nicht beobachte und auch nicht beobachten werde.
Damit hat das Landesamt – der Entscheidung des VG München (M 30 E 19.1368) und des BayVGH (10 CE 19.2517) im Eilverfahren folgend – im Ergebnis zugestanden, dass derzeit die Voraussetzungen einer Beobachtungen nicht erfüllt sind. »Man kann also sagen, dass der Kläger ohnehin erreicht hat, was er mit dem Klageantrag durchzusetzen versucht: Ende der Beobachtung aufgrund der in der Vergangenheit getätigten ›Likes‹«, so das Gericht. Somit werde das Gericht in seiner noch auszufertigen schriftlich Urteilsbegründung nicht dazu Stellung nehmen müssen, ob die Beobachtung des Klägers rechtswidrig war. Es ergeht also keine Entscheidung in der Sache.
»Respekt und Ehre« für Waffen-SS
Das LfV nahm verschiedene Bekundungen des von Thomas Wagenseil auf der Internetplattform Facebook zum Anlass, ihn zu beobachten. So hatte er laut der Entscheidung vom Verwaltungsgericht München vom 30. November 2019 – noch vor seiner Wahl als Mitglied des Bezirkstags – zuletzt im Jahre 2016 unter anderem die Identitäre Bewegung sowie ihr nahestehende Gruppen mit einem »Like« beziehungsweise »gefällt mir« markiert. Auch nahm das LfV positive Bezugnahmen des Antragstellers auf die Wehrmacht und die Waffen-SS sowie für Neonazis auf Facebook zum Anlass seiner Beobachtung. Darüber berichteten wir mehrfach ausführlich.
Vor rund einem Jahr richtete sich Wagenseil mit einer Erklärung an den Bezirkstagspräsidenten. Darin streitet er einen Kontakt zur Identitären Bewegung ab – und bekräftigt seine positive Bezugnahme auf die Waffen-SS: »Ich stelle fest, dass ich immer nur die militärische Seite dieser kämpfenden Truppen sehe. Politisch gibt es nichts daran auszusetzen der kämpfenden Truppe Respekt und Ehre zu zollen.« Das Schreiben liegt auch Allgäu ⇏ rechtsaußen vor. Wagenseil weiter: »dies werde ich mir auch in Zukunft nicht verbieten lassen, egal von wem.«
»Herr Oberscharführer, übernehmen Sie«
Doch tatsächlich geht es bei Thomas Wagenseil offenbar um mehr als fragwürdige militaristische Folklore. Das zeigen Screenshots, die Allgäu ⇏ rechtsaußen vor anderthalb Jahren veröffentlichte. Sie zeigen nicht nur sein besonderes Faible für Wehrmacht und Waffen-SS sowie eine Sympathie für neue Nazis. Sie zeigen auch Thomas Wagenseil’s Zustimmung zu einer gefährlichen Verschwörungsideologie an, nach der Flüchtlinge eine feindliche Invasionsarmee darstellen sollen. Unter ein Bild, das das suggeriert, postete Wagenseil auf Facebook einen Wehrmachtssoldaten, der mit einem Geschütz anvisiert.
Erst zwei Tage zuvor postete Wagenseil: »Herr Oberscharführer, übernehmen Sie !!« Darunter ist die Abbildung eines deutschen Soldaten zu sehen, aus dem angelegten Gewehr dringt Mündungsfeuer. Ein anderer Nutzer antwortet mit einem Tötungswunsch gegenüber einer »Islamfreundin«. Diese wolle der Kommentator »antasten«, »um sicher zu machen, daß der Strick auch richtig sitzt…« Die Ansprache »Oberscharführer« bezeichnete einen Dienstgrad innerhalb des NS-Ranggefüges. Korrekt müsste es lauten: SS-Oberscharführer.
Gericht erkennt rechtsradikale Bestrebungen
Für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz reicht das nicht, so die Entscheidungen der Gerichte. Doch entgegen der Behauptung von Thomas Wagenseil, »ist die Bewertung, dieser betätige sich durch ›likes‹ und Kommentierungen rechtsextremistisch und lasse Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung erkennen […], nicht zu beanstanden«. So zitierte ein Vertreter des Verfassungsschutzes in der jüngsten mündlichen Verhandlung die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.
Sobald die schriftliche Begründung der nun ergangenen Klageabweisung vorliegt, hat Wagenseil einen Monat Zeit, um die Zulassung der Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu beantragen. Das Facebook-Profil hat Wagenseil inzwischen gelöscht. Aus taktischen Gründen, betont der Verfassungsschutz.
2 Gedanken zu „AfD-Bezirksrat scheitert mit Klage gegen Beobachtung“