Voice of Anger müsse verboten werden. Das fordern die Grünen in Bayerischen Landtag in ihrem aktuellen »Lagebild Rechtsextremismus«. Im nächsten Schritt soll sich das Parlament mit dem Verbot der Nazi-Skinheads aus dem Allgäu beschäftigen.
Bereits seit rund 20 Jahren ist das internationale militante Blood&Honour-Netzwerk in Deutschland verboten. Erst Anfang diesen Jahres folgte dann ein Verbot der als bewaffneter Arm des dennoch weiter aktiven Netzwerks gehandelten Combat 18. Trotz einer immer wieder deutlich hervortretenden Nähe von Voice of Anger zu beiden Gruppierungen blieb das Allgäu bislang von dem Verbot verschont. Geht es nach den Grünen im Bayerischen Landtag, soll sich das nun ändern.
Rechtsterror: »Gravierendste Anschläge der Nachkriegsgeschichte«
»Binnen kurzer Zeit mussten wir die gravierendsten Anschläge der Nachkriegsgeschichte miterleben. Noch bevor die Wunden, welche der rechtsterroristische NSU hinterlassen hat, heilen konnten, kam es zum antisemitischen Anschlag in Halle und den rassistischen Morden in Hanau sowie zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor einem Jahr.« Das schreiben die Landtags-Grünen im Vorwort ihres eben veröffentlichen »Lagebild Rechtsextremismus«. In der extrem rechten Szene kursieren Todeslisten mit Namen von Tausenden politischen Feinden, selbst ernannte Bürgerwehren patrouillieren vor Flüchtlingsunterkünften und geheime Netzwerke trainieren für einen ›Tag X‹, an dem die Staatsordnung zusammenbrechen soll und sie nach der Macht greifen wollen, so die Grünen weiter.
Zugleich erlebe der gesellschaftliche Diskurs »schon lange eine deutliche Grenzverschiebung nach rechts, sowie rechte Einflüsse in die gesellschaftliche Mitte.« Endlich habe die bayerische Staatsregierung »zugegeben, dass die größte Gefahr für die innere Sicherheit der Rechtsextremismus ist.« Allerdings finden die Grünen, dass die Regierung nicht ausreichend handle und fordern deshalb umfassende Maßnahmen gegen die extreme Rechte.
Grüne fordern: AfD beobachten, Szene entwaffnen und Voice of Anger verbieten
So solle das Gefährdungspotenzial durch rechte Gewalt und Rechtsterrorismus durch die zuständigen Sicherheitsbehörden neu bewertet und die Handlungskonzepte aktualisiert und erweitert werden. Der gesamte Landesverband der AfD solle wie in Brandenburg vom Verfassungsschutz beobachtet, Hass und Hetze im Netz entschieden verfolgt, die Szene konsequent entwaffnet und Menschen auf Todeslisten über die Gefahrenlage informiert werden. Schließlich müssten nach dem Willen der Grünen rechtsradikale Bürgerwehren sowie die Skinhead-Vereinigung Voice of Anger verboten werden.
Im vergangenen Jahr hatte Voice of Anger das Allgäu zum Konzert-Hotspot in Süddeutschland gemacht. Die Hälfte aller Konzerte in Bayern fanden hier statt. Am 11. Oktober 2019 teilte sich etwa die Allgäuer Band Kodex Frei mit der internationalen Szenegröße Brutal Attack die Bühne im Clubhaus von Voice of Anger bei Memmingen. Die seit 1979 bestehende Band gehört zu den Gründungsmitgliedern von Blood&Honour und genießt in der Szene Kultstatus. Die Engländer besuchten das Allgäu, um bei Oldschool Records ihren neuesten Tonträger zu veröffentlichen. Das Neonazi-Plattenlabel aus Bad Grönenbach ist eng mit Voice of Anger verwoben. Der Musik-Unternehmer Benjamin Einsiedler ist zugleich Führungsfigur der Skinhead-Kameradschaft.
Beste Kontakte ins internationale militante Neonazi-Milieu
Voice of Anger unterhält beste Kontakte ins internationale militante Neonazi-Milieu. Immer wieder zeigt sich die Szene um die Allgäuer Skinheadkameradschaft auf Veranstaltungen einschlägiger Organisationen auf der ganzen Welt. Ihre Bands touren bis nach Südamerika, besingen Rassenkrieg und Nationalsozialismus, sowie rechtsterroristische Organisationen wie den NSU oder Combat 18 und Blood&Honour.
Photos zeigen Anhänger von Voice of Anger auf Veranstaltungen in Großbritannien, etwa Arm in Arm mit einem Gründungsmitglied von Blood&Honour und Brutal Attack. Ein anderes Photo zeigt Alexander Nusser aus Neu-Ulm in einem Shirt, das nur als Aufruf zum Bewaffneten Kampf im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie verstanden werden kann, wieder Arm in Arm mit Anhängern von Voice of Anger. Recherchen deckten Nusser als zahlendes Mitglied von Combat 18 auf. Ein weiteres Bild zeigt Anhänger von Voice of Anger bei Schießübungen. Darauf ist neben Waffen und Munition an einem Schießstand zu sehen, dass Voice of Anger offenbar nicht nur das Schießen auf Zielscheiben trainiert. Neben diesen sind Bilder jüdischer Geistlicher zu sehen.
Größte und stabilste Gruppe im Süden
Zudem hat sich die heutige Allgäuer Skinheadszene aus massivst gewalttätigen, teils verbotenen und kriminellen Vereinigungen der vergangenen Jahrzehnten gebildet. Strukturelle und personelle Kontinuitäten reichen bis zurück auf die Skinheads Allgäu 88, die bereits in den 90er Jahren wegen massiver Gewalttaten und der Agitation für den Nationalsozialismus verboten wurde und dann weitere Organisationen hervorbrachte. Voice of Anger ist dann vor etwas mehr als 15 Jahren angetreten, um die Szene zu einen und zu professionalisieren. Und das ist den Neonazis gelungen: Voice of Anger ist heute die größte und stabilste Gruppierung ihrer Art im süddeutschen Raum.
Diese Informationen und das entsprechende Bildmaterial veröffentlichte Allgäu ⇏ rechtsaußen bereits Anfang vergangenen Jahres in dem Buch Voice of Anger und der rechte Untergrund im Allgäu (ISBN: 978-3-00-062183-3). Inzwischen ist das preisgekrönte Buch in zweiter Auflage erscheinen und kann hier bestellt werden. Ob die Veröffentlichung nun tatsächlich politische Konsequenzen nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten.
2 Gedanken zu „Droht Voice of Anger Verbot?“