»Auch wenn ihrs nicht wissen wollt: Es ist der rechte Mob, mit dem ihr grollt«! So kritisiert eine Antifaschistin am 16. Mai 2020 die selbsternannten Querdenker in Kempten.

Was macht Querdenken im Allgäu und Oberschwaben? (KW 09/22)

An vielen Orten geht die Zahl der Teilnehmenden auf Versammlungen aus dem Querdenken-Umfeld zurück. In Illertissen identifiziert die Polizei »Rädelsführer«, während eine 53-Jährige Widerstand leistet. Mitunter betont die Polizei vor allem, inwiefern die Aufzüge den Verkehr beeinflussen.

Anmerkung: Auch wenn sich die Bewegung der Pandemie-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Impfgegner*innen inzwischen nur noch selten auf ihre ursprüngliche Selbstbezeichnung Querdenken bezieht, werden wir diese beibehalten. Das hat mehrere Gründe. Zum einen wollen wir der taktischen Selbstverharmlosung der Szene als »Spaziergänger« nicht Vorschub leisten. Zum anderen hat sich der innere Kreis der Proteste seit Beginn der Pandemie wenig gewandelt und setzt personell noch immer stark auf jene Personen, die bereits bei den ersten sogenannten Hygienedemos etwa in Kempten Reichsbürger-Thesen verbreiteten. Mit der Bezeichnung Querdenken dagegen hatte sich ein Großteil der Bewegung auch wegen des verschwörungsideologischen Bezugs auf Q-Anon in der Vergangenenheit selbst identifiziert. Entsprechende Inhalte kursieren weiterhin ungebrochen unter den Teilnehmenden, werden aber auf Demonstrationen weniger stark nach außen getragen.

180 ziehen durch Weiler

Weiler, 23. Februar 2022. Zum wiederholten Mal fand am Mittwochabend in Weiler in der Zeit von 18:00 bis 19:00 Uhr eine unangemeldete Versammlung im Zusammenhang mit der Coronapolitik statt, zu der anonym in den Sozialen Medien aufgerufen wurde. Das berichtet die Polizei in einer Mitteilung an die Presse.

Ausgehend vom Kirchplatz zogen demnach etwa 180 Teilnehmende durch den Ortskern von Weiler. »Unter Beachtung der Verkehrsvorschriften« sei es zu keinen nennenswerten Verkehrsbehinderungen gekommen. »Die Versammlung verlief provokationsfrei und friedlich«, heißt es zum Schluss.

Wieder Neonazis unter Teilnehmenden in Memmingen

Memmingen, 24. Februar 2022. Wie auch die Wochen zuvor, fand am Donnerstag im Zeitraum von 17:30 Uhr bis 20:30 Uhr eine Demonstration der Corona-Maßnahmen-Gegner in der Innenstadt in Memmingen statt. Insgesamt nahmen 840 Teilnehmer teil. Das berichtet die Polizei in einer Mitteilung an die Presse. Die Versammlung verlief demnach »ohne größere Störungen, die Polizei musste aber kurzfristig Straßen und Kreuzungen sperren.« Ein Versammlungsteilnehmer sei durch den Wurf eines Blumentopfes von einem Außenstehenden leicht verletzt worden. Weiterhin sei von einem Polizeifahrzeug ein Kennzeichen entwendet und einer Person wurde ein kurzfristiger Platzverweis erteilt worden.

Gegenüber anwesender Presse war die Stimmung aggressiv. Unter den Anwesenden konnte Allgäu rechtsaußen erneut Anhänger*innen von AfD und Voice of Anger identifizieren. Auch die aus Kempten bekannte Gadsden-Flagge war zu sehen.

Mehr zu diesem Thema:  Buch zur preisgekrönten Recherche »Voice of Anger und der rechte Untergrund im Allgäu« in 2. Auflage

Nicht angemeldeter Aufzug in Türkheim

Türkheim, 25. Februar 2022. Am Freitagabend fanden sich wie die Polizei berichtet mehrere Menschen in der Nähe des Rathauses ein. 16 Personen liefen demnach dann entlang der Maximilian-Philipp-Straße, bis sie wieder beim Rathaus ankamen und sich die Versammlung wieder auflöste. Die Versammlung war laut Polizei nicht angemeldet worden, ein Versammlungsleiter habe sich nicht zu erkennen gegeben. Weiter heißt es: »Der Aufzug wurde durch die Bad Wörishofer Polizei begleitet. Es kam zu keinen größeren Verkehrsbehinderungen.«

Nur 50 demonstrieren am Samstag in Memmingen

Memmingen, 26. Februar 2022. Am Samstag fand im Zeitraum von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr »erneut die Demo der Corona-Maßnahmen-Gegner in Memmingen statt«. Das berichtet die Polizei in einer Mitteilung an die Presse. Insgesamt habe die Versammlung circa 50 Personen angezogen und sei »ohne Störung« verlaufen.

Polizei in Bregenz versucht, Verkehrsbeeinträchtigungen zu vermeiden

Bregenz, 26. Februar 2022. Statt über Versammlungen aus dem Querdenken-Milieu zu berichten, verbreitet die Polizei in Vorarlberg vorab lediglich eine »Verkehrsinformation anlässlich einer Demonstration am 26.2.2022 in Bregenz«. Aufgrund eines angemeldete Demonstrationszuges komme es demnach am 26. Februar 2022, zwischen 16:00 Uhr und 19:00 Uhr zu Verkehrsbehinderungen auf der Landesstraße 202, Bahnhofstraße und Seestraße bis zum Kreisverkehr bei der Höheren Technischen Lehranstalt, sowie in der Innenstadt von Bregenz. Die Polizei begleite den Protestmarsch und versuche, die Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmende so gering als möglich zu halten.

Unbehelligt ziehen 300 durch Sonthofen

Sonthofen, 28. Februar 2022. Obwohl am Montag in Sonthofen nach Zählung von Allgäu rechtsaußen knapp unter 300 Personen durch die Innenstadt marschierten, berichtet die Polizei nicht von dem Aufzug.

Rund 1.500 ziehen durch Kempten

Kempten, 28. Februar 2022. Am Montagabend fand in Kempten ab 18:00 Uhr eine angezeigte sich fortbewegende Versammlung statt. Das berichtet die Polizei in einer Mitteilung an die Presse. An dem Aufzug durch die Stadt nahmen demnach rund 1.500 Personen teil. »Dabei protestierten die Versammlungsteilnehmer gegen die derzeitigen Corona-Maßnahmen«, schreibt die Polizei. Durch die Versammlung sei es »zu kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen« gekommen.

Zeitgleich sei es auf dem Residenzplatz zu einer stationären Versammlung gekommen, an der sich circa 35 Personen beteiligten. Worum es hierbei ging, schreibt die Polizei nicht. Es handelte sich um eine Versammlung zum Protest gegen Querdenken und Co. »Beide Demonstrationen verliefen friedlich und störungsfrei«, schließt die Polizei.

Für ein Banner, das mit Herzchen besetzt für eine »freie Impfentscheidung« warb, zeichnete sich der weiteren Aufschrift nach »der Souverän« verantwortlich – eine Reichsbürger-typische Formulierung. Mit einem Schild versuchten Teilnehmende die Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Sophie Scholl, für sich zu vereinnahmen. Mit einem weiteren Transparent verbreiteten die Teilnehmenden den Verschwörungsglauben, der in den vergangenen zwei Jahren für eine Vielzahl von Querdenken-Anhänger*innen den Einstieg in das verschwörungsideologische denken bildete: Die Pandemie sei von »der Pharmaindustrie« gesteuert, um einen »Great Reset« und eine »Neue Weltordnung« durchzusetzen.

380 ziehen durch Marktoberdorf

Marktoberdorf, 28. Februar 2022. Am Montagabend trafen sich laut Polizeibericht erneut 380 Teilnehmende auf dem Marktplatz in Marktoberdorf zu einer angemeldeten Versammlung. Der anschließende Demonstrationszug über mehrere Straßen führte wieder zurück auf den Marktplatz. »Während des gesamten, sehr friedlichen Verlaufs kam es lediglich beim Überqueren der Straßen zu kleineren, kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen«, so die den Aufzug begleitende Polizei.

»Keine größeren Verkehrsbehinderungen« bei unangemeldetem Aufzug in Markt Wald

Markt Wald, 28. Februar 2022. Am Montagabend fanden sich mehrere Menschen in der Nähe der Grundschule ein. Etwa 25 Personen zogen anschließend durch den Ort, bis sie am Rathaus ankamen und sich die Versammlung auflöste. Das berichtet die Polizei in einer Mitteilung an die Presse. Die Versammlung war laut dieser nicht angemeldet worden, eine Versammlungsleitung gab sich nicht zu erkennen. Der Aufzug wurde durch die Bad Wörishofer Polizei begleitet. »Es kam zu keinen größeren Verkehrsbehinderungen.«

180 versammeln sich in Bad Wörishofen

Bad Wörishofen, 28. Februar 2022. Am Montagabend fanden sich etwa 180 Personen im Bereich des Kurhauses zu einer angemeldeten Versammlung ein. Das berichtet die Polizei. Der Aufzug mit Start und Ziel beim Kurhaus wurde demnach durch die Bad Wörishofer Polizei begleitet und »verlief friedlich und ohne Störungen. Es kam zu keinen größeren Verkehrsbehinderungen.«

»Montagsdemos« in Memmingen / Ottobeuren / Babenhausen

Memmingen / Ottobeuren / Babenhausen, 28. Februar 2022. Wie auch in den Wochen zuvor fanden im Dienstbereich der Polizeiinspektion Memmingen mehrere Demonstrationen der Corona-Maßnahmen-Gegner*innen statt, wie diese in einer Mitteilung an die Presse berichtet. Gegen 18:00 Uhr fanden sich demnach circa 200 Personen am Schrannenplatz ein. Die fortbewegende Versammlung in Babenhausen habe 190 Personen angezogen, die nicht wie die Wochen zuvor angemeldete fortbewegende Versammlung in Ottobeuren einen Zulauf von 60 Personen gehabt. Alle Versammlungen »verliefen störungsfrei und friedlich. Die Polizei sperrte kurzfristig Straßen und Kreuzungen.«

Widerstand gegen Personalienfeststellung in Illertissen

Illertissen, 27. Februar 2022. »Gestern Nachmittag kam es im Bereich Illertissen erneut zu einer nicht angemeldeten Versammlung, mit der gegen die Corona-Beschränkungen protestiert werden sollte.« Das berichtet die Polizei am Montag in einer Mitteilung an die Presse. Etwa 500 Personen trafen sich demnach auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes am Saumweg.

Entgegen der Allgemeinverfügung setzten sich die Teilnehmenden allerdings auf der Ulmer Straße in Richtung Bellenberg in Bewegung. Um dorthin zu gelangen, hätten die Versammlungsteilnehmenden eine Polizeiabsperrung weitläufig umgangen. Vor dem Erreichen der Gemeinde Bellenberg habe der Versammlungszug wieder in Richtung Illertissen abgedreht. Wieder zurück in Illertissen hätten sich die Versammlungsteilnehmenden an die Beschränkungen der Allgemeinverfügung gehalten. Auf der vorgegebenen Strecke seien sie zum Marktplatz gelaufen. Dort angekommen hätten noch etwa 150 Personen kurze Zeit auf dem Marktplatz verweilt.

»Einige Rädelsführer« wollen die Beamt*innen im Verlauf der Versammlung identifiziert haben. Die entsprechenden Anzeigen würden dem Landratsamt als Verfolgungsbehörde zügig vorgelegt. Eine 56-jährige Frau »wollte sich der Personalienfeststellung entziehen und attackierte die eingesetzten Polizeikräfte erheblich.« Dafür erwarte sie nun ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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