»Alle meine Freunde hassen die AfD«: Hunderte Antifaschist_innen demonstrierten am 10. Juli 2021 gegen einen Auftritt von Björn Höcke in der Stadthalle Memmingen.

Memmingen rückt »zusammen gegen den Faschismus« der AfD

Hunderte demonstrieren am Samstag gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Memmingen, die auch Querdenken, Identitäre und Neonazis anzieht. 

»Die gleichen Personen, die heute in Memmingen zusammen mit Hass und Hetze Wahlwerbung machen, Christoph Maier, Katrin Ebner-Steiner und eben Björn Höcke, standen 2019 auch schon in Greding zusammen auf der Bühne, um die erste Strophe des Deutschlandliedes zu singen.« Damit hätten sie »ihre tiefbraune Gesinnung« gezeigt. Das sagte der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag, Cemal Bozoglu, am Samstag auf einer Kundgebung im Stadtpark Grimmelschanze.

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Querdenken, Identitäre und Neonazis im Saal vertreten

Auch Querdenken, Identitäre und Neonazis waren unter den Teilnehmern der AfD-Versammlung vertreten.
Auch Querdenken, Identitäre und Neonazis waren unter den Teilnehmern der AfD-Versammlung vertreten.

Anlass der Versammlung unter dem Motto »Memmingen rückt zusaMMen« war eine Wahlkundgebung des Unterallgäuer Kreisverbandes in der Stadthalle, zu der die AfD die genannten Politiker_innen sowie ihren Mindelheimer Stadtrat und Direktkandidaten Christian Sedlmeir einlud. Gefolgt sind dem allerdings nur rund 150 AfD-Anhänger_innen. Die Räumlichkeiten wären für bis zu 242 Personen zugelassen gewesen, sodass viele Sitzplätze leer blieben. Dennoch zog die AfD auch bekannte Anhänger von Querdenken, der Identitären Bewegung sowie Neonazis an.

Als Ordner der Versammlung fungierte eine Gruppe junger Männer in einheitlicher Oberbekleidung. Unter Ihnen ein Mann, dessen gesamter linker Arm nach dem Vorbild des Neonazi-Anführers Hando aus dem Spielfilm Romper Stomper tätowiert ist, der im Film mit einer Bande gewalttätiger Skinheads Überfälle auf vietnamesische Einwanderer durchführt. Vor Beginn der Veranstaltung mit Höcke schrubbten sie in der Ulmer Straße Kreidesprüche wie »Nazis raus« von der Straße, die Unbekannte dort zuvor angebracht hatten.

»Gemeinsam gegen den Faschismus«

»Gemeinsam gegen den Faschismus«: Hunderte demonstrierten am 10. Juli 2021 gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Memmingen.
»Gemeinsam gegen den Faschismus«: Hunderte demonstrierten am 10. Juli 2021 gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Memmingen.

Zeitgleich versammelten sich Antifaschist_innen am Marktplatz. Unter dem Motto »gemeinsam gegen den Faschismus« zogen sie dann mit einem lautstarken Demonstrationszug aus bis zu 350 Personen durch die Stadt und schlossen sich der stationären Kundgebung in der Grimmelschanze an, an der damit laut Polizei in der Spitze etwa 430 Personen teilnahmen. Sie folgten dem Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften und Vereinen.

Mit Redebeiträgen und Infoständen beteiligten sich etwa die Parteien Grüne, SPD, Linke, V-Partei,  die Gewerkschaften NGG und IG Bau sowie das Team Todenhöfer. Auch die Stadtratsfraktionen forderten Höcke zuvor auf, zu Hause zu bleiben. Darunter auch die Fraktion aus CDU und FDP, deren Vertreter Fritz Tröger kurz vor seiner Wahl zum Stadtrat beim Trinken mit Christoph Maier und einem Neonazi erwischt wurde.

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Antifaschismus gegen »Propagandaoffensive der AfD Memmingen-Unterallgäu«

»Wir stehen heute überparteilich hier zusammen, um gegen einen der einflussreichsten Faschisten in diesem Land zu demonstrieren«, betonte SPD-Bundestagskandidatin Regina Leenders. Mit der Einladung Höckes positioniere sich die örtliche AfD eindeutig, so die SPD-Bundestagskandidatin. Sein Auftritt sei »Teil einer Propagandaoffensive der AfD Memmingen-Unterallgäu.« Denn dem Wahlkampfauftritt sei eine Broschüre des AfD-Ortschefs Christoph Maier vorausgegangen, in der viele der Initiativen, die zur Gegenkundgebung eingeladen hatten, als linksextrem diskreditiert würden. »Und das allein aus einem einzigen Grund«, so Leenders: »Das Engagement gegen Rechts und die Menschenfeindlichkeit, die damit einhergeht.« Das sei »ein klarer Angriff auf die Zivilgesellschaft in Schwaben und im Allgäu«.

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»Was kann gemeinnütziger sein als der Antifaschismus?«, fragte dagegen Cemal Bozoglu in seiner Rede mit den Worten der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano, die am Samstagmorgen mit 96 Jahren verstarb. Sie »vererbt uns nicht weniger als die Menschheitsaufgabe, allen Anfängen zu wehren«, so Bozoglu. In Gedenken an die bis zuletzt aktive Antifaschistin hielt die Kundgebung eine Schweigeminute und spielte eine von Esther Bejarano gesungene Version des italienischen Partisanenliedes Bella Ciao.

»Brandmauer gegen Rechts errichten«

»Gemeinsam gegen den Faschismus«: Hunderte demonstrierten am 10. Juli 2021 gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Memmingen.
»Gemeinsam gegen den Faschismus«: Hunderte demonstrierten am 10. Juli 2021 gegen eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in Memmingen.

Für den schwäbischen Landespolitiker ist es »nicht verwunderlich, dass die Landtagsfraktion der AfD gerade Höcke als ihren Ehrengast und geistigen Vater ausgewählt hat, denn sie waren es, die die Gedenkstunde für die Opfer des Nationssozialismus im Landtag sabotieren wollten, indem sie den Plenarsaal während der Rede der Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde Frau Knobloch verlassen haben.« In Bayern etabliere sich die AfD als »parlamentarischer Arm des Rechtsextremismus«, so der Landtagspolitiker.

Die Antwort sei klar und überall die gleiche: »Faschisten und Rechtsradikale sind in unseren Parlamenten nicht willkommen. Auf der Straße, im Bildungssystem und in den Parlamenten, müssen wir gemeinsam eine Brandmauer gegen Rechtsextremismus errichten, von der es keinen Millimeter abrücken geben darf!«

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In den nächsten Tagen widmet sich Allgäu rechtsaußen einer Analyse der in der Stadthalle gehaltenen Reden.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

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