Das Institut für Staatspolitik: Faschist*innen des 21. Jahrhunderts

Seit 20 Jahren verschiebt der extrem rechte Thinktank Institut für Staatspolitik den Diskurs in Deutschland nach Rechts. Gründer Götz Kubitschek wirkte einst im rechten Verlag des Allgäuer AfD-Chefs Peter Felser in Kempten.

Vor 20 Jahren eröffnete das Institut für Staatspolitik (IfS), anfangs im hessischen Bad Vilbel, seit 2003 im sachsen-anhaltinischen Schnellroda angesiedelt, den politischen Kampf im vorpolitischen Raum, um Debatten anzustoßen und Diskurse zu beeinflussen. Über Jahre blieb der Einfluss dieses heterogenen Netzwerkes um Karlheinz Weißmann und Götz Kubitschek, dem einstigen Vertrauten und politischen Mitstreiters des Kemptener AfD-Bundestagsabgeordneten Peter Felser, vermeintlich ohne große Auswirkung.

Mehr zu diesem Thema:  Peter Felser im Lebensbund

Raumgewinnung der Neuen Rechten

Diese »Neue Rechte« räumte im Laufe der Jahre selbst ein, dass ihr Einfluss sich in der Mitte der Gesellschaft kaum bemerkbar mache. Die angebliche wissenschaftliche Arbeit führte anfänglich jedoch zu einer moderaten Rhetorik der radikalen Argumentation, die das Spektrum rechts von der Union nach und nach aufgriff.

Erst mit den diskursiven Verschiebungen durch renommierte Persönlichkeiten ohne extrem rechten Hintergrund – etwa Thilo Sarrazin, den Kubitschek in diesem Zusammenhang als »Rammbock« bezeichnete – stieg der politische Einfluss. Das Sag- und Wählbare verschob sich. Diese Raumgewinnung nutzte das IfS, das auch das Parlamentarische nicht ignorierte. Bei der Gründung der AfD waren Akteure aus dem Milieu dabei.

Einfluss bis in den Bundestag ausgebaut

Ohne das einflussreiche Personen-Netz um Björn Höcke und den angeblich aufgelösten »Flügel« in der Partei bestünde das Institut nicht, es stellt Personal und entwirft Positionen. In der bundesdeutschen Geschichte war der neu-rechte Einfluss nie größer – bis in den Bundestag und Redaktionen.

Inzwischen hat selbst der »Verfassungsschutz« das IfS zum rechten »Verdachtsverfall« erklärt und beobachtet die von dem Institut beeinflusste Identitäre Bewegung (IB) und den »Flügel« der AfD. Dass das IfS ein extrem rechter Thinktank ist, konnte indes in den vergangenen 20 Jahren schon früh im antifaschistischen Magazin der rechte rand nachgelesen werden, schreibt der Journalist Andreas Speit im Vorwort des vom rechten rand im VSA-Verlag herausgegebenen Sammelbandes über die »Faschist*innen des 21. Jahrhunderts«, wie es im Untertitel des Buches heißt.

Von der Konservativen Revolution zum »Faschismus des 21. Jahrhunderts«

»Aus unterschiedlichen Perspektiven haben die Autor*innen des Magazins kontinuierlich die radikalen Positionen, metapolitischen Strategien oder personellen Vernetzungen recherchiert und reflektiert«, so Speit weiter. Die wichtigsten Texte dieser langjährigen Recherche- und Analysearbeit versammelt das vorliegende Buch überarbeitet und um aktuelle Entwicklungen und Texte ergänzt.

Dabei wird unmissverständlich klar: Das IfS und mit ihm prägende Teile der AfD stehen in der ideologischen Tradition jener Kreise, die kurz nach dem Ende der NS-Herrschaft in Deutschland die sogenannte Konservative Revolution wieder aufgriffen. Also jene auch mit dem Nationalsozialismus verwobenen radikalen Denker von Arthur Moeller van den Bruck über Ernst Jünger und Carl Schmitt bis Oswald Spengler, die von 1918 bis 1933 mit ihrer Publizität die antidemokratischen, antiliberalen und antiegalitären Stimmungen entfachten und anheizten. Diese versucht die Neue Rechte seither am geschichtlichen Ballast des Nationalsozialismus vorbei für einen zunehmend erfolgreichen »Faschismus des 21. Jahrhunderts« in Stellung zu bringen.

der rechte rand (Hrsg.):
Das IfS. Faschist*innen des 21. Jahrhunderts
Einblicke in 20 Jahre »Institut für Staatspolitik«

VSA: Verlag, Hamburg, 2020

184 Seiten, zahlreiche Fotos

Preis: 12,80 Euro

ISBN 978-3-96488-074-1


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2 Gedanken zu „Das Institut für Staatspolitik: Faschist*innen des 21. Jahrhunderts“

  1. Wen Götz Kubitschek wohl in der Bibliothek hat? Den Gründer der in bürgerlichen Kreisen hoch geschätzten Waldorfschule …:

    „Zu Besuch im Schulungshaus der Rechten

    (…)

    Das „Institut für Staatspolitik“ ist eine Ausbildungsstätte der rechtsnationalen Intellektuellen.

    (…)

    In der Bibliothek – wo man mich empfängt – stehen deutsche Klassiker, neben Büchern des Anthroposophen _RUDOLF STEINER_ sowie Werke der Vordenker der konservativen Revolution der 1930er-Jahre, wie etwa Ernst Jünger, Armin Mohler oder Edgar Julius Jung – und dessen Band von der „Herrschaft der Minderwertigen“. Grundlagen-Texte und der Theorie-Apparat von Götz Kubitschek.

    (…)“

    Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/schnellroda-in-sachsen-anhalt-zu-besuch-im-schulungshaus.976.de.html?dram:article_id=352331

    1. … zur Verdeutlichung des Zusammenhangs von „Waldorfschule“ und „Neue Rechte“:

      „Wer heute Rudolf Steiner sät, wird Neurechte ernten“, sagt Caroline Sommerfeld, Autorin und Aktivistin der „Neuen Rechten“ und der „Identitären Bewegung“. Auf die Frage, ob sich ein Engagement bei der „Neuen Rechten“ mit der Waldorfschule vereinen lässt, führt Sommerfeld aus: „Steiners Grundgedanken sind ziemlich deckungsgleich mit dem, was Identitären ‚Ethnopluralismus‘ nennen, mit dem, was die bewusste Verwurzelung in der Tradition, im Volk, in Europa ausmacht, mit christlichem Selbstverständnis und auch einem bewahrenden Naturverständnis. Außerdem natürlich ist Waldorfpädagogik, gerade, weil sie nicht ‚mit der Zeit geht‘, sondern manchmal ziemlich anachronistisch ist, was Handwerk und Handarbeit, Lehrerautorität, Auswendiglernen, klassische Bildungsinhalte usw. betrifft, viel ‚rechter‘, als sie selber momentan sein will.“

      zitiert aus: „Rudolf Steiners ‘survival of the whitest’“, https://hpd.de/artikel/100-jahre-waldorfschule-rudolf-steiners-survival-of-the-whitest-16893

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