Die Polizei verhinderte, dass in Lindau ein Banner vom Parkhaus gehängt wurde. Jetzt liegt es am Boden.

AfD ruft zu »Ungehorsam« auf

Während draußen hunderte AfD-Gegner demonstrieren, wettern AfD-Bundestagsabgeordnete vor einigen wenigen Zuschauern beim »Bürgerdialog« in der Lindauer Inselhalle gegen Geflüchtete und »Asylindustrie« und rufen zu »Ungehorsam« gegen die Corona-Maßnahmen auf. 

Lindau bewies erneut, dass kein Interesse an Veranstaltungen der AfD besteht. Von den bis zu 100 Plätzen, die beim AfD-»Bürgerdialog« in der Inselhalle zur Verfügung standen, waren kaum mehr als 20 besetzt. Online sahen zeitlgeich zu Bestzeiten rund 50 Personen zu. Vor der Halle versammelten sich nach Angabe der Gegeproteste in der Spitze 500 Leute. Die Polizei zählte rund 350 Teilnehmer_innen. Sie folgten unter anderem einem Aufruf, in dem es hieß: »Ihre rechtsradikale, rassistische, menschenfeindliche, frauenverachtende und antisemitische Politik hat keine Sekunde Dialog verdient.«

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Die üblichen Feindbilder

Inhaltlich sollte sich der sogenannte »Bürgerdialog« um die Corona-Politik der Bundesregierung drehen. Bemüht wurden hierbei die klassischen Feindbilder der AfD. Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, Geflüchtete und die EU. So erklärte Martin Sichert, man habe Geld für »jeden Ausländer« und alle europäischen Staaten und gleichzeitig würden die Lebenshaltungskosten der deutschen Bevölkerung steigen, weil die Bundesregierung verschwenderisch mit Steuergeldern umginge. Wie genau seiner Meinung nach Steuergelder im Zusammenhang mit den Lebenshaltungskosten stehen sollen, erklärte er nicht. »Dem deutschen Volke« müsse wieder zur Maxime deutscher Politiker in der Welt werden.

»Asylindustrie« statt Corona-Politik

Als nächster Redner trat Petr Bystron auf, dessen Beobachtung der Verfassungsschutz 2017 einstellte, weil er zum Bundestagsabgeordneten gewählt wurde. Er störte sich merklich an den Gegenprotesten vor der Tür, unter denen auch lokale Gruppen der Seebrücke-Bewegung waren. Den überwiegenden Teil seiner Rede hetzte er gegen Geflüchtete und Geflüchtetenunterstützung. Vor allem kämpfe er gegen »illegale Migration« und Nichtregierungsorganisationen, die er der organisierten Schlepperei bezichtigte. Der Brand im Geflüchtetenlager Moria sowie Aktionen, die dafür gedacht waren auf die katastrophale Lage in Moria aufmerksam zu machen, seien synchronisiert und von langer Hand geplant worden. Das alles passiere seiner Meinung nach nur, um die Öffentlichkeit zu Erpressen und dann von Geflüchteten zu profitieren. Denn das Geld, dass zur Unterstützung von Geflüchteten gezahlt wird, ginge nicht direkt an Geflüchtete, sondern an deren Unterstützer. Die Kirche, Caritas und andere Geflüchtetenuntertsützer_innen seien die »Asylindustrie«. Da diese nicht wollten, dass die AfD ihnen »das Geschäft« zerstöre, würden sie diese als »ausländerfeindlich« Brandmarken.

»Verfolgung der politischen Opposition in Deutschland«

Die Polizei verhinderte, dass in Lindau ein Banner vom Parkhaus gehängt wurde. Jetzt liegt es am Boden.
Die Polizei verhinderte, dass in Lindau ein Banner vom Parkhaus gehängt wurde. Jetzt liegt es am Boden.

Bystron sieht die AfD als politisch verfolgt an und nimmt die AfD-typische Opferrolle ein. Die meisten Angriffe auf Politiker_innen würden auf die der AfD erfolgen. Kein Wort dazu, dass die AfD maßgeblich an der Stimmungsmache gegen Geflüchtete beteiligt ist, die immer wieder zu Angriffen führt. Oder dass der rechtsradikale Mörder von Walter Lübcke AfD-Anhänger war und diese im Wahlkampf unterstützte. Den Umgang der Medien mit der AfD bezeichnete Bystron als Beginn der Wahlfälschung, da deren Berichterstattung falsch und verdreht wäre. Er fühlt sich zensiert und bezeichnet Gesetze zu Hassrede als »Gummiparagraphen«. Damit meint er vermutlich das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, mit dem insbesondere volksverhetzende, antisemitische Inhalte und Morddrohungen in den sozialen Netzwerken bekämpft werden sollen. In einem Video mit dem Titel »Die Eliten wollen nicht, dass wir uns verbünden«, dass ihn bei einer Veranstaltung in München zeigt, verteidigt er die vom Verfassungsschutz beobachtete Querdenken-Bewegung, sie würden sich nur »für ihre grundgesetzlich geschützten Freiheiten einsetzen«.

Anbiedern bei Querdenken

Johannes Huber bezeichnet die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie als verfassungswidrig. Einerseits seien Grundrechte eingeschränkt worden, auf der anderen Seite gelte nach wie vor das Grundrecht auf Asyl. Die Gewaltenteilung sei ausgehebelt und die Regierungsfraktionen hätten »fast jegliche Grundlage für ihre Existenz im Bundestag auch verloren«. Er empfiehlt den Zuhörenden sich bei Krisenvorsorge nicht auf den Staat und vor allem nicht auf die Bundesregierung zu verlassen. Für eine »unabhängige Expertenkommision« wünscht er sich den vielfach widerlegten und bei der Querdenken-Bewegung beliebten Dr. Sucharit Bhakdi. Weiter meint Huber, Corona sei ein Vorwand um deutsches Steuergeld auf EU-Länder wie Italien und Spanien umzuverteilen. Er bedient diverse Erzählungen der Querdenken-Bewegung, hauptsächlich indem er die Gefahr der Corona-Pandemie relativiert und die Zuwendung zu sogenannten »alternativen Medien« und deren Ausbau unterstützt.

Aufruf zum »Ungehorsam«

Der Vorsitzenden des Lindauer Ortsverbands, Rainer Rothfuß, fragte was man zeitnah tun könne um die »Lockdown-Politik« zu beenden. Sichert antwortete, dass mit zivilem Ungehorsam in anderen Ländern bereits gezeigt wurde, dass einfach aufmachen wirkungsvoll sein könne.

Auf die Kritik eines Zuhörers, dass die AfD sich nicht eindeutig auf die Seite von Querdenken stellt, erwiderte Bystron, dass es dazu keine geschlossene Haltung wie bei der Geflüchtetenthematik gäbe. Dennoch seien da er und die anwesenden Funktionsträger der AfD, die sich in diese Richtung engagieren, auf den Demonstrationen der Bewegung waren und diese unterstützen würden. Auch er nennt zivilen Ungehorsam in anderen Ländern als Beispiel und ruft explizit dazu auf, sich nicht an die Maßnahmen zu halten und einfach aufzumachen. Auch Huber pflichtet dem bei. Bystron ergänzt seine Aussage noch: »[…]ich hab dazu jetzt bewusst aufgerufen und ich würd’s nicht tun, wenn das gravierend wäre, oder wenn das gegen Gesetze verstoßen würde[…]«.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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