Als erstmaligen Erfolg im Allgäu kann Der Dritte Weg einen Aufmarsch am 19. Oktober 2019 verbuchen. Weitgehend ungestört marschierten rund 35 Neonazis durch Kempten.

Milchpreisverhandlungen für Propaganda instrumentalisiert

7. März 2020. Neonazis nehmen Milchpreisverhandlungen zum Anlass, rechtsradikale Propaganda vor ALDI-Filialen zu verteilen.

Aktivisten der rechtsradikalen Partei Der Dritte Weg verteilten am 7. März 2020 Flugblätter vor ALDI-Filialen in Memmingen, Leutkirch im Allgäu, sowie in Lindau am Bodensee. Anlass waren laut eines von der Partei veröffentlichten Beitrags die vorgezogenen Milchpreisverhandlungen des Discounters. Drei Tage später wollen sie die Flugblätter auch in Kemptener Wohngebieten verteilt haben.

ALDI in der Kritik

Tatsächlich steht ALDI für seine vorgezogenen Preisverhandlungen in der Kritik. So wirft der Bayerische Bauernverband dem Discounter vor er würde den Corona-Virus benutzen um Druck auf den Milchpreis auszuüben. Dieser weist die Vorwürfe zurück und gibt als Grund für das Vorziehen der Verhandlungen »interne, administrative Abläufe in beiden Unternehmensgruppen« ALDI Nord und ALDI Süd an.

Greenwashing rechtsradikaler Ideologie

Ein Aktivist aus der Region, der mit Voice of Anger bei Herzblut in Memmingen Kampfsport trainiert, hielt während eines Aufmarsches der Partei Der Dritte Weg in Kempten einen Redebeitrag.
Ein Aktivist aus der Region, der mit Voice of Anger bei Herzblut in Memmingen Kampfsport trainiert, hielt während des Bauernaufmarsches Aufmarsches der Partei Der Dritte Weg in Kempten einen Redebeitrag.

Im Text des Flugblatts, das Allgäu ⇏ rechtsaußen vorliegt, werden reihenweise Behauptungen aufgestellt, die ein Bild von Bauern als »Fußabtreter der Nation« zeichnen. Landwirte würden »durch politische Kampagnen dämonisiert« und die Bevölkerung neige dazu »im Discounter zu den billigsten Lebensmitteln zu greifen«, wodurch »unsere« Bauernbetriebe mit den Preisen »ausländischer« Produzenten nicht mithalten könnten. »Der gewissenhafte Umgang mit Natur und Umwelt, sowie eine artgerechte Haltung von Tieren« bleibe dabei »selbstversändlich« auf der Strecke.

Offenbar soll der Diskurs über die Landwirtschaft in Deutschland zur Etablierung rechtsradikaler Ideologie instrumentalisiert werden. Ähnliches war bereits im Juli 2019 zu beobachten. In der Debatte um Enthüllungen der SOKO Tierschutz inszenierte sich Der Dritte Weg in Bad Grönenbach als Tierschützer. In Kempten hielten rund 35 Anhänger der Neonazipartei einen Aufmarsch »für einen starken Bauernstand« ab, beim Bauernprotest in Memmingen biederten sich die Rechtsradikalen ebenfalls an.

Mehr zu diesem Thema:  Bauernprotest braucht keine rechten Steigbügelhalter

Behauptungen nicht haltbar

»NS jetzt« ist nur eine der unverhohlenen Forderungen der durch Plauen marschierenden Neonazis der Partei Der Dritte Weg. ©S. Lipp
»NS jetzt« ist nur eine der unverhohlenen Forderungen der durch Plauen marschierenden Neonazis der Partei Der Dritte Weg. ©S. Lipp

Bei einem Blick in den Ernährungsreport 2019 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft stellt man fest, dass die aufgestellten Behauptungen nicht mit den erhobenen Daten übereinstimmen. Dort heißt es beispielsweise: »Die wohl wichtigste Erkenntnis ist: Wir Deutschen essen und kaufen immer bewusster ein. Wir achten beim Einkauf immer mehr auf Siegel, die uns auf einen Blick zeigen, ob ein Produkt ökologisch, fair oder tierwohlge­recht produziert worden ist«. Nach dem Report achtet jeder zweite Deutsche beim Einkaufen »immer« oder »meistens« auf Bio-Siegel. 80 Prozent ist die Angabe zum Herkunftsort wichtig.

Auch das Kaufverhalten der Bevölkerung schätzt Der Dritte Weg falsch ein. Eine Umfrage der Stiftung Warentest ergab, dass 80% beim Kauf von frischem Obst und Gemüse auf regionale Herkunft achten. Bei tierischen Produkten sind es über 50 Prozent.


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