»Auch wenn ihrs nicht wissen wollt: Es ist der rechte Mob, mit dem ihr grollt«! So kritisiert eine Antifaschistin am 16. Mai 2020 die selbsternannten Querdenker in Kempten.

Querdenken marschiert unbehelligt durch Kempten

»Die Polizei schaut zu« während es im Allgäu vermehrt zu unangemeldeten Versammlungen der hiesigen Querdenken-Ableger kommt, die bundesweiten Aufrufen folgen. Das kritisiert Kempten gegen Rechts. Sich selbst sieht die Initiative durch die Polizei behindert.

Am Sonntag, dem 19. Dezember 2021, versammelten sich bis zu 200 Menschen auf dem Hildegardplatz, um – so betonten sie – gegen eine gesellschaftliche Spaltung einzutreten, indem sie Kerzen mit unterschiedlichen Farben je nach Impfstatus abstellten. »Durch diese friedliche Außendarstellung versuchen sie aktuell wieder mehr Zulauf in der Bevölkerung zu gewinnen, was ihnen dadurch zum Teil auch gelingt«, kritisiert die Initiative Kempten gegen Rechts (KgR) in einer aktuellen Pressemitteilung. Jedoch fungiere »diese Außendarstellung nur als Tarnung, sind es doch genau sie, die sich selbst durch ihr egoistisches und unsolidarisches Handeln abspalten und durch ihre kruden, wissenschaftsfeindlichen Thesen Angst und Unruhe in der Bevölkerung schüren.«

Reichsbürger und andere Rechte auf Querdenken-Versammlung

»Immer wieder«, so die Initiative weiter, »behaupten sie gebetsmühlenartig, es gebe keine Nazis in ihren Reihen und im selben Atemzug wird an eben diesem Sonntagabend ein Reichsbürger beklatscht und bejubelt, der eine minutenlange aggressive und laute Abhandlung über die Nicht-Existenz der Bundesrepublik hält.« Mitten auf der Veranstaltung am Sonntag hätten sich zudem Mitglieder der AfD und deren Sympathisant*innen befunden. Die unangemeldete Versammlung habe die Polizei laut KgR kurzfristig genehmig und mit Auflagen zum Infektionsschutz versehen, die allerdings kaum eingehalten worden seien.

Bis zu 300 Teilnehmende folgten bereits am Montag erneut dem bundesweiten Aufruf zu unangemeldeten Versammlungen auf den Hildegardplatz. Kurzfristig rief auch die Initiative Kempten gegen Rechts zum Protest auf. Nur wenige Minuten nach deren Beginn hätten sich Hunderte mit Kerzen auf dem Hildegardplatz versammelt und seien umgehend »mit erhobenem Mittelfinger und hämischem Gelächter« über die Versammlungsfläche zur Gegenkundgebung gezogen. Zahlreiche anwesende Polizist*innen hätten keine Reaktion gezeigt. »Es gab keinerlei Schutz in dieser gefährlichen Situation«, klagt KgR.

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Querdenken unbehelligt, Protest behindert

»Auch wenn ihrs nicht wissen wollt: Es ist der rechte Mob, mit dem ihr grollt«! So kritisiert eine Antifaschistin am 16. Mai 2020 die selbsternannten Querdenker in Kempten.
»Auch wenn ihrs nicht wissen wollt: Es ist der rechte Mob, mit dem ihr grollt«! So kritisiert eine Antifaschistin am 16. Mai 2020 die selbsternannten Querdenker in Kempten.

Sodann zog Querdenken laut Gegner*innen ohne Maske und Abstände ungehindert durch die gesamte Fußgänger*innenzone Richtung Forum und gab sich durch lautes Rufen einschlägiger Parolen eindeutig nach außen als Demonstration zu erkennen. Statt einzugreifen habe die Polizei dem unangemeldeten »Montagsspaziergang« Straßen gesperrt, damit dieser ungehindert durch die Innenstadt ziehen konnte. Nach rund anderthalb Stunden war der Demonstrationszug wieder am Hildegardplatz angekommen und der Großteil der Teilnehmenden trat den Nachhauseweg an. Erst dann hätte die Polizei wenige verbleibende Grüppchen aufgelöst und die Versammlung beendet.

Die fünf Personen des Gegenprotests indes hätten um jede Positionierung mit ihrem Banner außerhalb der ursprünglichen Versammlungsfläche bei der Polizei um Erlaubnis fragen müssen und seien strengster Kontrolle ausgesetzt gewesen. »Wir sind wütend über diese ausgeprägte ›Laissez-faire-Haltung‹, die die Staatsmacht hier an den Tag legt und fragen uns ernsthaft wie wir das zu verstehen haben«, erklärte eine Aktivistin von Kempten gegen Rechts. »Wie in der gesamten Bundesrepublik wird auch hier in Kempten noch immer zugeschaut wie ein sich immer mehr und mehr radikalisierender Mob alle an der Nase herumführt, während zeitgleich jede Form von Gegendemonstration so klein wie nur irgend möglich gehalten und an Repressionen nicht gespart wird.«

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»Wie viele Menschen müssen noch sterben?«

Zwar sei Querdenken keine Mehrheit, doch »dennoch sind es viel zu viele, die egoistisch und hämisch auf über fünf Millionen Gräbern tanzen und mit ihrem geheuchelt friedlichen Auftreten, ihren Lügen und ihrer Propaganda immer noch andere Menschen auf ihre Seite locken!« Vermeintlich im Namen der Pflege stellten sie sich in geschmackloser Manier vor Krankenhäuser, während dort zugleich an Covid-19 Erkrankte um ihr Leben ringen, bedrohten Journalist*innen und Politiker*innen, griffen Impfzentren an, erschössen Menschen.

Angesichts dessen fragt die Aktivistin: »Wie lange noch wollen wir zuschauen, wieviele Menschen müssen noch sterben? Braucht es tatsächlich noch ein paar mehr Attentate bis endlich verstanden wird, dass hinter diesen montäglichen ›Lichterumzügen‹ ein hochgefährliches Gewaltpotential steckt?« Die Initiative Kempten gegen Rechts jedenfalls betont, dass sie dies auch weiterhin nicht kommentarlos hinnehmen werde und lädt die Allgäuer Bevölkerung dazu ein, sie bei zukünftigen Protesten dabei zu unterstützen.

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Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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