Morddrohung gegen Journalisten

Der Journalist Hüseyin Şenol hat an seinem Büro in Neu-Ulm eine Morddrohung erhalten. Unbekannte legten auf seinem Briefkasten ein Projektil ab.

»Der Absender ist noch unbekannt, aber die ›Post‹, die der Ulmer Journalist Hüseyin Senol vor Kurzem erhalten hat, ist unmissverständlich in ihrer Botschaft: Hör auf, kritisch zu berichten. Anders sei die Spitze einer Patronenhülse, die jetzt auf dem Briefkasten seines Büros stand, kaum zu interpretieren, sagt der 58-Jährige.« Das berichtet die Schwäbische Zeitung.

Als Linker und Erdoğan-Kritiker vermutet Şenol, dass sowohl deutsche Nazis als auch türkische Faschisten mit oder ohne Staatsauftrag hinter der Drohung stehen könnten, wie die kurdische Nachrichtenagentur ANF berichtet. »Schließlich richtet sich unsere Haltung und unser Kampf gegen Faschisten und Rassisten beider Strömungen«, so der HDP-Aktivist, der seit seiner Flucht vor 40 Jahren in Deutschland aktiv ist und als Journalist arbeitet. Insofern ist er Anfeindungen insbesondere aus dem Milieu türkischer Nationalist*innen gewohnt. Die jüngste Drohung hat aber auch für Şenol eine neue Qualität.

Die Polizei von Neu-Ulm soll ballistische Untersuchungen an dem Projektil durchführen und »in alle Richtungen« ermitteln. Hüseyin Şenol hat ihre Arbeit, wie die Schwäbische berichtet, aber bereits enttäuscht. Er habe Angst um seine Familie. Doch die Polizei habe ihm zwar zugesichert, dass sich ein Staatsschutzbeamter zeitnah mit ihm in Verbindung setzen werde, als er mit der Patronenhülse bei der Polizei in Neu-Ulm aufgetaucht sei. Dieser sollte ihm vermitteln, worauf er nun zu achten habe. Doch noch eine Woche später ist es dazu nicht gekommen. Für Nachfragen der Zeitung war die Pressestelle zunächst nicht zu erreichen.

Damit habe der 58-Jährige nicht zum ersten Mal schlechte Erfahrungen mit der hiesigen Polizei gemacht. Vor wenigen Jahren sei er bei einer Demonstration in Ulm von einem Polizisten rassistisch beschimpft worden: »Sinngemäß habe dieser ihm nahegelegt, in rüdem Ton, Deutschland zu verlassen, wieder in die Türkei zurückzukehren«, berichtet die Schwäbische. Weil der Polizist allerdings Anzeige gegen Şenol erstattet habe, sei es zum Prozess bekommen, an dessen Ende der Journalist Recht bekommen und der Polizist sich nur halbgar bei ihm entschuldigt habe.

Tatsächlich beobachtet das Recherchekollektiv rechte Umtriebe Ulm seit Jahren Aktivitäten, die sie dem türkischen Nationalismus und der extrem rechten Gruppe der Grauen Wölfe zuordnen. Aktuell machen sie das an zwei Beispielen fest. So sei der Tatverdächtige des Brandanschlages auf die Ulmer Synagoge in die Türkei geflohen. Auf einem seiner Internetprofile seien Inhalte und Freundschaften zu finden gewesen, die auf türkischen Nationalismus und Graue Wölfe hinwiesen. Zudem gebe es in der Ulmer Weststadt Räume eines Vereins, der ideologisch den Grauen Wölfen nahezustehen scheine.


(Titelbild von anfdeutsch.com)


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