Die AfD wirft dem Landestheater Schwaben vor, es sei »staatlich finanzierter und institutionalisierter Linksextremismus« und fordert den Rücktritt der Intendantin. Im Kreistag scheitert ein Antrag der Rechtsaußenfraktion auf politische Einflussnahme auf die Programmgestaltung der Landesbühne.
»Es gab eine Zeit in diesem Land, da gab es einen Reichsdramaturgen, der die Spielpläne der Theater einer politischen Prüfung unterzog und Stücke und Inszenierungen kommentierte, zensierte und verbot. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Zeit die dunkelste war, was Mitmenschlichkeit, humanistische und übrigens auch die im Antrag genannten konservativen Werte angeht, war sie künstlerisch eine vollkommen tote Zeit.« Das sagte Dr. Kathrin Mädler am Montag in einem Videostatement im Kreistag Unterallgäu. Damit reagierte die Intendantin des Landestheaters Schwaben (LTS) auf einen Angriff der AfD gegen ihr Theater und ihre Person.
AfD greift Zivilgesellschaft an
Zuletzt griff die Rechtsaußenpartei die engagierte Zivilgesellschaft Schwabens mit der Veröffentlichung einer vermeintlichen Studie unter dem Titel »›Allgäu rechtsaußen‹ und der linke Radikalismus in Schwaben« an. Darin diffamiert der Herausgeber Christoph Maier Schwabens engagierte Zivilgesellschaft als angeblich linksextremes Netzwerk, zu dem auch das Landestheater gehöre. Jetzt griffen der Memminger Landtagsabgeordnete und die Kreistagsfraktion der AfD das Landestheater und seine Intendantin heraus, um es einzeln ins Visier zu nehmen.
So brachte die AfD am Montag einen Antrag in den Kreistag Unterallgäu ein, der im Kern auf eine künftige politische Einflussnahme auf die Programmgestaltung des Theaters abzielt. Zur Begründung behauptet die Partei unter anderem: »Das LTS betätigt sich sehr stark als Sprachrohr einer am Ultraliberalismus, Universalismus und an der political correctness orientierten Ideologie« und wirft diesem »sozialistische Tendenzen« vor. Als Beleg führen die Rechtsaußen Produktionen der Landesbühne an, die Teils noch nicht einmal gelaufen sind. Zudem werfen sie dem Theater eine Kooperation mit Allgäu rechtsaußen vor – und greifen dafür auch auf falsche Anschuldigungen einer Website aus dem Umfeld der Neonazikameradschaft Voice of Anger zurück.
Theater steht für Vielfalt, Empathie – und künstlerische Freiheit
Mädler hob am Montag hervor, dass es gerade der Nationalsozialismus war, der die im Grundgesetz verbriefte Erkenntnis gebracht habe, dass »Politik den Rahmen für herausragende Kunst schaffen muss, indem sie die künstlerische Freiheit verteidigt.« Da das auch für das Landestheater gelte, werde Mädler »unsere künstlerische Arbeit hier auch nicht zur Debatte stellen für parteipolitische Wünsche oder Geschmacksfragen.«
Stattdessen stellte die Dramaturgin klar, dass das Landestheater Schwaben eben ein politisches Theater sei, »das tatsächlich eine Haltung hat und ganz bestimmt eine Positionierung vornimmt: für die Vielfalt der Erfahrungen, für die Bejahung komplizierter demokratischer Prozesse, für die Verteidigung eines respektvollen Diskurses und sicher in Empathie für die Schwächeren und Schwachen unserer Gesellschaft.« Mädler werde mit ihrem Theater »immer eine offene Gesellschaft verteidigen«.
Ohne weitere Diskussion lehnten die übrigen Fraktionen den zehnseitigen Antrag geschlossen ab. Auf Nachfrage der Memminger Zeitung griff der AfD-Ortschef Christoph Maier Mädlers Rede auf und warf dem Landestheater Schwaben erneut vor, es sei »staatlich finanzierter und institutionalisierter Linksextremismus«. Nachdem die Intendantin nun »ihre Maske fallen gelassen hat«, fordere er sie überdies zum Rücktritt auf. Mädler kommentierte Maiers Aufforderung laut der Zeitung so: »Wenn er jemals unser Theater besucht hätte, würde ihn meine Beschreibung unserer Art Theater zu machen, sicher nicht so überraschen. Es hat nie Masken gegeben.«