Kinder für Querdenken-Aktionen instrumentalisiert

Am 1. April tauchen vor mehreren Rathäusern im Allgäu Kinderschuhe und Forderungen nach einem Ende der Corona-Maßnahmen auf. Die Aktion, zu der Querdenken-Kreise aufgerufen hatten, zieht eine grausame Parallele zum millionenfachen Kindermord im Nationalsozialismus.

»Liebe Mitbürger, liebe Eltern, Großeltern, Geschwister, liebe Kinder, ich lade alle Menschen in Deutschland ein zur ›Aktion Kinderschuhe‹. Jeder Schuh ein Kind; jeder Schuh eine Zukunft; jeder Schuh ein Herzenswunsch.« So auf den ersten Blick unschuldig rief Winfried Straub im Gemeinde-Ortsblatt zu einer Aktion am Legauer Rathaus auf. Damit wolle Straub gegen Maskenpflicht und Lockdown protestieren. Weiter heißt es: »Wenn wir es nicht selbst stoppen, werden wir alles verlieren!«

»Wir haben keine Pandemie!«

Dem Aufruf, den Winfried Straub aus verschwörungsideologischen Querdenken-Kreisen übernahm, folgten auch in Legau Pandemie-Leugner.
Dem Aufruf, den Winfried Straub aus verschwörungsideologischen Querdenken-Kreisen übernahm, folgten auch in Legau Pandemie-Leugner.

Tatsächlich irritierten dann über die Osterfeiertrage vor dem Rathaus Legau aufgereihte Kinderschuhe. Daneben Briefe, in denen unter anderem Familie Straub den örtlichen Bürgermeister auffordert, sich der Umsetzung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu verweigern. Angeblich zum Schutz des Kindeswohls. Sogar mit der Kinderrechtskonvention wird argumentiert. Dabei sind auch von Kindern gemalte Plakate und ein Kuscheltier. Aber auch ein Plakat mit der Aufschrift: »Wir haben keine Pandemie – wir haben eine Test-Seuche!«

Zu ganz ähnlichen Aktionen kam es unter anderem vor den Rathäusern in Nesselwang und Wangen. Dort wurde dazu aufgerufen, die Masken abzulegen und eine »Geiselhaft« behauptet, in die Großeltern genommen würden.

Grausame Erinnerung

Zu der Aktion hatte bundesweit eine Initiative aus dem verschwörungsideologischen Umfeld von Querdenken aufgerufen. Die selben Kreise waren vornehmlich für deren Verbreitung verantwortlich. Straub verschwieg freilich, dass er den Aufruf aus diesen Kreisen übernommen hatte. Die Bilder von hunderten Kinderschuhen in der Öffentlichkeit riefen Anfang des Monats eine grausame Erinnerung hervor, berichtet der MDR:

»Eine Erinnerung, über die der Autor Johannes R. Becher in einem Gedicht über die furchtbaren Morde an Millionen Kindern im Nationalsozialismus schreibt. Der Kindermord sei klar erwiesen, dichtet er, ›und nie vergess ich unter diesen, die Kinderschuhe aus Lublin.‹ Diese eindrucksvolle Schilderung beruht auf dem Bild von Bergen an Kinderschuhen in den KZ-Lagern, die bei der Befreiung gefunden wurden und die Dimension der grausamen Morde vermitteln.«

Auch im Allgäu ist Querdenken bereits vielfach durch die Relativierung des Nationalsozialismus und der Schoah aufgefallen.

Mehr zu diesem Thema:  NS-Relativierung und antisemitischer Verschwörungswahn

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