FDP-Stadtrat Fritz Tröger diskreditiert unliebsame Berichterstattung, verstrickt sich in Widersprüche zu Rechtsaußen-Kontakten – und verschweigt ein Treffen mit einem Neonazi.
Mit einer Videobotschaft reagiert der frisch gewählte Stadtrat Fritz Tröger auf unliebsame Medienaufmerksamkeit. Darin wirft der junge FDP-Politiker Allgäu ⇏ rechtsaußen vornehmlich vor, fälschlich behauptet zu haben, »dass ich rechtsradikal sei«.
Tatsächlich berichtete Allgäu ⇏ rechtsaußen nicht, dass Fritz Tröger selbst rechtsradikal sei, sondern von einem Treffen mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Maier am Wochenende vor der Kommunalwahl, die beide in den Stadtrat Memmingen brachte. Christoph Maier bekennt sich offen zum völkischen Flügel der AfD und fällt immer wieder mit Handlungen auf, die ein Licht auf seine rechtsradikale Gesinnung werfen.
»Das bereue ich nicht«
Das Treffen mit dem Rechtsaußenpolitiker räumt der 27-jährige Optikermeister im Video ein: »Ðas bereue ich nicht und es ist Teil der Demokratie.« Im Wettbewerb der Meinungen stelle sich ein Gleichgewicht her, so Tröger. Man müsse mit allen reden und gemeinsam an Problemen arbeiten. Tröger »werde jedem zuhören und ich werde niemanden ausgrenzen weil das ist Grundstein der Demokratie, jedem zuzuhören«.
Mit der Haltung, auch Rechtsradikale in den Dialog mit einzubeziehen, ist Fritz Tröger bei der FDP in und um Memmingen nicht alleine. So sekundiert etwa die FDP-Kreisvorsitzende Heike Schalk Ende März auf Facebook: »Die AfD ist kein Virus Social Distancing hilft hier nicht! Es helfen Gespraeche und Diskussion um Meinung und Inhalte! Und ich bin froh, dass es noch Menschen gibt, die eine MEINUNG haben und diese auch vertreten….«
Widersprüche im Umgang mit Rechtsaußen
Nach außen scheint die örtliche FDP in ihrer Haltung zur AfD noch nicht ganz sicher zu sein. So erklärte der stellvertretende Vorsitzende der örtlichen FDP Sebastian Baumann kurz vor der Wahl auf Anfrage von Allgäu ⇏ rechtsaußen: »Wir arbeiten nicht zusammen.« Das gehe »weder vom Gedankengut noch von der Haltung zusammen – auch beim Fritz«, so der Spitzenkandidat.
Der widersprüchliche Umgang mit AfD schlägt sich auch in Trögers Video nieder. Einerseits will der Jungunternehmer mit allen reden, dann distanziert er sich von der AfD und will Rechtsradikale ausgegrenzt wissen, da diese für Hass und Hetze stünden. Das gelte auch für »links außen«, so Tröger. Im demokratischen Dialog sei »kein Platz für Beschimpfungen und Ausgrenzungen«, egal ob diese nun von rechts oder links kämen.
Als letzteres diffamiert Tröger die Berichterstattung von Allgäu ⇏ rechtsaußen und definiert, dass diese mit Journalismus nichts zu tun habe. In diesem Punkt unterscheidet sich Fritz Trögers Umgang mit missliebiger Presse nicht von dem Weg, den Rechtsradikale immer wieder wählen, wenn Medien nicht in ihrem Sinne berichten. Das gilt für große öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die zum Ziel breiter von rechts orchestrierter Kampagnen werden ebenso wie immer wieder für Allgäu ⇏ rechtsaußen. Die Art der Angriffe reicht dabei von Schmähkritik bis hin zu ausdrücklichen Gewalt- und Morddrohungen.
»Gemeinsam Probleme lösen«
Sympathien für Christoph Maier will Fritz Tröger nicht haben, wie er erst jetzt via Sprachnachricht auf schriftliche Anfrage von Allgäu ⇏ rechtsaußen erklärte. Zuvor blieben zugesagte Statements aus. Die Nachrichten ähneln in Stil und Inhalt dem Video. Konkrete Antworten auf unsere Fragen enthalten sie aber nicht.
Tröger wiederholt darin etwa, dass er »auch Menschen, die mir unsympathisch sind, eine Chance« geben wolle, »mich zu unterhalten und damit gemeinsam Probleme zu lösen«. Beziehungsweise könne »man auch sagen, meinen Feind zu kennen.« Wenige Minuten später meint Tröger dagegen, er müsse »zugeben«, dass er erst nach dem Treffen erfahren habe, »wie krass radikal« Maier sei. Das habe ihn überrascht. Insofern sei er »zu blauäugig« gewesen, was »so ein bisschen ein Fehler« gewesen sei.
Treffen mit Neonazi verschwiegen
Ob dies auch für den Neonazi gilt, der ebenfalls an dem Treffen teilnahm? Ein bislang unveröffentlichtes Photo zeigt Bernd F. zwischen Christoph Maier und Fritz Tröger bei dem Treffen am Tisch einer Memminger Kneipe. Diesen Umstand verschweigt Tröger in seinem Videostatement. Auch auf konkrete Nachfrage will sich der FDP-Stadtrat nicht zur Rolle des Mannes, Inhalt oder Ergebnis des Treffens äußern.
Jenen Bernd F. erwischte ein Team aus Journalist_innen vom Bayerischen Rundfunk, Spiegel, Zeit online und Allgäu ⇏ rechtsaußen im Sommer bei der Neonazi-Propagandaschmiede Oldschool Records, dessen Betreiber zugleich als Führungsfigur der Skinheadkameradschaft Voice of Anger gilt. F. verließ das Unternehmen von Benjamin Einsiedler auf seinem Motorrad, dessen Kennzeichen auf I488 endet. Der Zahlencode gilt in Neonazikreisen als Anspielung auf die »Fourteen Words«, ein unter Rassisten verbreiteter Glaubenssatz. Als dessen Erfinder gilt der US-amerikanischen Rechtsterrorist David Eden Lane, Die Zahl 88 bezieht sich oft auf Lane’s »88 Grundsätze« und wird gerne als Alternative zum verbotenen Hitlergruß verwendet.