»Der pure Hass in Baden-Baden«

Während seine Parteifreunde vor der SWR-Zentrale in Baden-Baden die Pressefreiheit ins Fadenkreuz nehmen und Medienschaffende bedrohen, verbreitet der Redner Rainer Rothfuß als Ortsvorsitzender der AfD in Lidnau erneut verschwörungsideologische Inhalte.

Pressefreiheit im Fadenkreuz

Anlässlich eines satirischen Videos des WDR haben unter anderem Anhänger und Funktionäre der AfD in den vergangenen zwei Wochen eine aufwendige Kampagne gegen öffentlich-rechtliche Medienanstalten in den sozialen Medien betrieben. Bereits am 29. Dezember hatten in Köln vor der WDR-Zentrale in Köln etwa 100 Personen aus dem rechtsradikalen Spektrum eine Kundgebung abgehalten. An der Kundgebung beteiligten sich unter anderem Mitglieder der Bruderschaft Deutschland und andere rechte Gruppen. Bereits im Vorfeld war es im Zuge der Kampagne in den sozialen Medien zu Bedrohungen gegen Mitarbeiter*innen des WDR gekommen. Auch abseits der Sendeanstalten versuchten rechtsradikale Akteure zudem Medienvertreter*innen einzuschüchtern und protestierten unter anderem vor dem Haus der Familie eines Journalisten.

Für das vergangene Wochenende wurde erneut zu entsprechenden Demonstrationen in mehreren Städten aufgerufen. Dem Aufruf des aufgrund seiner Haltung zu Antisemitismus selbst in seiner eigenen Fraktion umstrittenen Baden-Württembergischen Landtagsabgeordneten der AfD Stefan Räpple für die Demonstrationen »gegen den GEZ-Rundfunkbeitrag« in Baden-Baden schloss sich auch der Lindauer Ortsverband um Rainer Rothfuß an. Dieser warb online für eine Teilnahme und kündigte einen eigenen Auftritt vor Ort an.

Rechte Drohgebärden

Der Lindauer AfD-Chef beteiligte sich mit einem Redebeitrag an der Anti-GEZ Demo am 04.01.2020 in Baden-Baden. (Screenshot Youtube/EWO Live)

In Anbetracht von mehreren Hundert Gegendemonstranten verzichtete Räpple vor Ort auf einen geplanten Demonstrationszug zur Sendeanstalt des SWR. So versammelten sich verschiedene Anhänger des rechten und rechtsradikalen Spektrums direkt zu einer stationären Kundgebung am Gebäude. Hier kam es unter lautstarken Gegenprotesten erneut zu Bedrohungen gegen die im Medienhaus befindlichen Journalisten. Nachdem Räpple dem Sendern unter anderem »linksgrüne Propaganda« und »Dekadenz im Endstadium« vorgeworfen hatte, übernahm der Freiburger AfD-Stadtrat Dubravko Mandic das Mikrofon. Der rechtsradikale Aktivist ist Mitglied des offen völkischen Flügels der Partei und war bereits in der Vergangenheit mehrfach durch tätliche Angriffe und verbale Bedrohungen gegen politische Gegner*innen aufgefallen. In einem überaus aggressiv vorgetragenen Redebeitrag spracht er erneut Drohungen gegen Medienschaffende der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten aus: »Ich sage Ihnen da oben, das hier ist nur der Anfang. Wir werden Sie aus Ihren Redaktionsstuben vertreiben. Wir werden uns Ihre Lügen nicht länger anhören.«

Selbstinszenierung entgegen aller Vernunft

Im Kontrast hierzu gab sich der angereiste Lindauer AfD-Funktionär Rainer Rothfuß in seiner abschließenden Rede bemüht, seine Rechtsaußenpartei als friedliebend und dialogbereit darzustellen. Ohne ausdrücklich auf die massiven Bedrohungen gegen Journalist*innen in Zusammenhang mit dem Anlass der Demonstration und das aggressive Auftreten seiner Vorredner einzugehen griff Rothfuß hierbei erneut auf verschwörungsideologische Inhalte zurück. Dabei warf er der deutschen Regierung vor, diese würde den islamistischen Terror finanzieren, deutete Verschwörungstheorien zu den Anschlägen von 9/11 an und behauptete, Kriege würden heute durch gelenkte Migration geführt.

Während Rothfuß mit seinen verschwörungsideologischen Ansichten beim Publikum gut ankam, fiel seine friedensbewegte Selbstinszenierung sichtlich aus dem Rahmen der Veranstaltung. Gegenüber einer Kritikerin distanzierte sich Rothfuß später auf Facebook von Mandics Rede und bezeichnete diese öffentlich als »überhaupt nicht hilfreich«. Dies wirft die Frage auf, inwiefern der Lindauer sich im Vorfeld mit den Hintergründen seiner Parteifreunde aus dem Breisgau beschäftigt hat.

Sowohl Mandic als auch Räpple gelten seit langem auch innerhalb der Partei als Scharfmacher und standen hierfür bereits mehrfach öffentlich in der Kritik. Auch hier erscheint die Selbstdarstellung des Lindauer Dreifachkandidaten für die Kommunalwahl erneut in starkem Kontrast zu seinem tatsächlichen Politischen handeln. Für seine teils skurril anmutenden Äußerungen sieht sich Rothfuß vor Ort in Lindau weiterhin heftiger Kritik ausgesetzt. Ob eine von ihm angekündigte weitere Nominierungsversammlung zur Kommunalwahl am 9. Januar tatsächlich stattfinden wird ist bislang unklar.

Mehr zu diesem Thema:  Rainer Rothfuß mit leeren AfD-Listen auf dem Weg ins Licht

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