Viele fürchten eine Etablierung von Neonazitreffpunkten und einen Anstieg rechter Gewalt im Bereich Bad Wurzach und Leutkirch. Jetzt soll es zu einem Treffen mit den Bürgermeistern kommen, um das zu verhindern.
Die »Gefahr, dass sich in den Gemeindegebieten von Bad Wurzach und der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft der Gemeinden Leutkirch, Aitrach und Aichstetten ein oder mehrere Treffpunkte von Neonazis und ein erweitertes Rekrutierungsfeld der rechtsradikalen Szene entwickelt« sehen die Initiatoren der Petition Kein Nazi-Treff in Wurzach.
Um das zu verhindern lädt die Gruppe die Ortsvorsteher der betroffenen Gemeinden zu einem Gespräch über die rechtsradikalen Aktivitäten und mögliche Gegenstrategien ein. Das geht aus einem Schreiben hervor, das die Initiative am Dienstag an Bürgermeisterin Alexandra Scherer und ihre Kollegen Dietmar Lohmiller, Hans-Jörg Henle und Thomas Kellenberger sandte.
Anstieg rechter Straftaten befürchtet
»Auch ein Anstieg rassistisch motivierter Übergriffe und sonstiger rechter Gewalttaten sind aus unserer Sicht zu befürchten«, heißt es in der Mitteilung. Diese Sorgen werden von vielen Menschen geteilt. Anwohner suchten die Bürgermeister persönlich auf und schalteten eine Anzeige im Gemeindeblatt, in der sie sich von der rechten Szene distanzierten.
Die Petition unterzeichneten 566 Personen, darunter 237 aus dem Landkreis Ravensburg. Sie fordern von den zuständigen Behörden und den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden, zu »prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um künftige Neonaziveranstaltungen in Bad Wurzach und dem Landkreis Ravensburg zu verhindern und diese Möglichkeiten konsequent« auszuschöpfen.
Behörden sollen rechtsradikale Veranstaltungen verhindern
Im Namen aller Unterzeichner soll diese Forderung mit der Übergabe der Petition an die Bürgermeister bekräftigt werden. Die Petenten verweisen auf einen offenen Brief der Initiative gegen Rassismus – Westallgäu, die bereits im Juli forderte, »alle nötigen Schritte zu unternehmen, um derartige Veranstaltungen in Zukunft zu verhindern« und schlug mögliche Handlungsstrategien vor.
Zuletzt feierten im Landkreis Ravensburg mehrere hundert teils aus dem Ausland angereiste Personen aus der militanten Neonaziszene im Oktober letzten Jahres im Bereich der Gemeinde Bad Wurzach und im Juli in Stockbauren bei Aichstetten Rechtsrockkonzerte. Beide Veranstaltungen sollten geheim bleiben, flogen aber auf.
Gehöft in der Hand von Neonazis
Das Konzert im Oktober fand in einem großen Gehöft statt, das nach Recherchen von Allgäu ⇏ rechtsaußen kurz zuvor in das Eigentum eines Anhängers der Neonazikameradschaft Voice of Anger überging. Im Juli sollte die braune Feier eigentlich im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Memmingerberg stattfinden. Doch die bayerischen Behörden verboten das Konzert und verhinderten den Aufbau. Darauf wichen die Fans der braunen Musik einfach in den Nachbarlandkreis nach Baden-Württemberg aus, wo die Behörden sie gewähren ließen.
Auf Anfrage war keiner der mit der Petition angesprochenen Ortsvorsteher kurzfristig zu erreichen. Dietmar Lohmiller, Bürgermeister von Aichstetten, sagte bereits nach dem Konzert in einer Gemeinderatssitzung, die Gemeinde habe auf juristischem Wege nichts dagegen unternehmen können. Die Polizei habe ihm berichtet, das Konzert sei in ihren Augen nicht unter das Veranstaltungsrecht gefallen. Nur dann aber hätte es genehmigt oder untersagt werden können.
Bürgermeister »sensibilisiert« aber machtlos?
Leutkirchs Bürgermeisterin Christina Schnitzler schreibt in einer Antwort auf den offenen Brief der Initiative gegen Rassismus Westallgäu, man sei nun sensibilisiert und werde bei gegebenem Anlass »im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten reagieren«. Dazu werde die Gemeinde „mit den benachbarten Kommunen überlegen, wie wir gegen einen eventuell aufkeimenden Rechtsextremismus vorgehen wollen«. Allerdings habe die Veranstaltung auf privatem Gelände stattgefunden. »Dieser Umstand beschränkt auch unsere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.«
Die Initiatoren der Petition Kein Nazi-Treff in Bad Wurzach gehen davon aus, dass es sich bei beiden Konzerten um genehmigungspflichtige Veranstaltungen mit kommerziellem Interesse gehandelt habe. »Wir vertreten die Auffassung, dass ein Verbot der jüngsten Veranstaltung im Vorfeld wie in den angrenzenden bayrischen Gemeinden möglich und notwendig gewesen wäre«, schreiben sie in ihrer heutigen Einladung an die Bürgermeister.
In Bayern sieht man es genauso, wie aus der Verbotsbegründung der Verwaltungsgemeinschaft Memmingerberg hervorgeht. »Bei der geplanten Veranstaltung handelt es sich um eine öffentliche Vergnügung«, erklärt die Behörde in dem Dokument, das Allgäu ⇏ rechtsaußen vorliegt. Das Interesse der Veranstalter sei überwiegend kommerzieller Natur. Die Veranstaltung wurde durch einen öffentlichen Flyer beworben, weshalb davon auszugehen sei, dass die Veranstaltung keinen privaten Charakter aufweise. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit wurde das Konzert verboten und verhindert.
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