Mit einem Dialogangebot reagiert der Ortsvorsitzende der AfD in Lindau auf Protest von Parteigegnern. Doch diese lassen Rainer Rothfuß rechts liegen.
»Die AfD ist aufgrund ihres rechtspopulistischen und in Teilen rechtsradikalen Personals sowie ihrer teils klar verfassungswidrigen Forderungen (z.B. Obergrenze für Asyl) keine Partei wie jede andere. Wir werden in keinem Fall durch die Teilnahme an einer Veranstaltung einer solchen Partei zur Normalisierung rassistischer und rechtsradikaler Positionen beitragen, sondern uns dieser Normalisierung auch weiterhin klar entgegenstellen.« So reagierte die Initiative gegen Rassismus Westallgäu am Mittwoch in einem offenen Brief auf das Dialogangebot von Rainer Rothfuß.
Der Ortsvorsitzende der AfD in Lindau lud nach einem Bericht der Lindauer Zeitung (LZ) vom Dienstag die Gegner seiner Partei zum Gespräch. Er plane eine »Dialogveranstaltung mit den selbst erklärten Gegenspielern der AfD Lindau«, zitiert die LZ aus einer Pressemitteilung von Rainer Rothfuß. Zwei afrikanische Redner der Partei hätten ihre Teilnahme bereits zugesagt. Im Oktober werde er auch »die regionalen Vertreter des linksgrünen Spektrums« einladen, die für die Anti-AfD-Demonstration vor knapp zwei Wochen in Nonnenhorn verantwortlich gewesen seien.
Initiative hält Dialogangebot der AfD für unglaubwürdig
»Wenn Sie mit uns diskutieren wollen, können Sie dies gerne bei einer unserer Veranstaltungen tun oder sich schriftlich an uns wenden«, erwiderte die antirassistische Initiative. Grundlage hierfür sei allerdings, »dass Sie Ihr Selbstbild zunächst gründlich hinterfragen und mit der Realität in Einklang bringen.« Das Dialogangebot von Rainer Rothfuß hält die Initiative für unglaubwürdig, da er jüngst öffentlich »massiv diffamierend« über Parteigegner gesprochen und sie als »D(ä)monstranten« bezeichnet hatte.
Zudem hätten Rothuß und seine Unterstützer versucht, Parteigegner wegen ihrer Teilnahme an der Protestkundgebung gegen eine AfD-Veranstaltung in Nonnenhorn in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken. Das weißt die Initiative als »geschmacklos und geschichtsvergessen« zurück. Dagegen gäbe es eine Vielzahl von ideologischen und personellen Verbindungen der Partei zum Neonazismus. Rainer Rothfuß selbst habe zu seiner Veranstaltung den Parteikameraden Peter Felser eingeladen, »welcher in der Vergangenheit mehrfach durch seine enge Verbindungen zu neonazistischen Kreisen und seine Zusammenarbeit mit diesen aufgefallen ist.« Schließlich kam es zu einem »Drohbrief mit augenscheinlich rechtsradikalem Hintergrund an den Anmelder eben dieser Kundgebung.«
Vorwurf des Rassismus hält AfD für »per definitionem abstrus«
Der Ortsverband der AfD Lindau antwortete noch am Mittwoch auf das Schreiben. Man bedauere die reservierte Haltung der Parteigegner: »Wer abstruse Vorwürfe in den Raum stellt, sollte auch die Courage haben, diese im direkten Dialog zu argumentieren.« Der Vorwurf des Rassismus sei »per definitionem abstrus angesichts zahlreicher Ethnien aus aller Welt, die sich in der AfD an prominenter Stelle engagieren bzw. sie wählen.«
Insbesondere Rainer Rothfuß sei »profilierter und auch ehrenamtlich engagierter Experte für Forschung und Entwicklungsprojekte im Kampf gegen die Verfolgung religiöser und ethnischer Minderheiten in Afrika und Asien«. Als Professor habe er »unter 25 deutschen Bewerbern« einen Mann aus Nigeria als wissenschaftlichen Assistenten ausgewählt und angestellt – die AfD Lindau bezeichnet ihn als »Schwarzafrikaner«. Überdies geht die AfD nicht konkret auf die vielfach vorgebrachten Vorwürfe der Initiative gegen Rassismus ein.
Partei sucht Alternative für Dialog
Wenn die Initiative an einem Dialog nicht interessiert sei, sage sie mehr über ihre eigene Dialogfähigkeit aus als über die AfD Lindau, schließt der Ortsverband sein Schreiben. Man richte die »Einladung selbstverständlich gerne an alle übrigen Initiativen und Organisationen, die sich in der Lage sehen, einen niveauvollen Dialog zu führen, statt sich überheblich über einen Versuch der zivilisierten Verständigung hinwegzuheben.« Dies sei ein wichtiges Signal an die breite Mehrheit der Bevölkerung.
Doch ob der Rückhalt der AfD in Lindau und Umgebung so groß ist, wie die Partei in ihrem Brief suggeriert, darf bezweifelt werden. Der Anmelder der Nonnenhorner Demonstration etwa sagt, bei ihm habe sich zwar »außer dem anonymen Briefschreiber noch niemand gemeldet«. Doch er möchte sich nicht mit der AfD Lindau an einen Tisch setzen.
Auch Mitglieder der Facebook-Gruppe Du weißt, dass du aus Lindau bist diskutieren die Einladung der Lindauer AfD – und lehnen sie überwiegend ab: »Mit Rechten wird nicht geredet. Sollte die AfD regieren, dann würden wir uns bald in einem autoritären Staat wiederfinden«, schreibt etwa Manuela M.
»Den Wolf im Schafspelz vom Dialog ausschließen«
Manche Nutzer der Forums teilen die Kritik der Initiative gegen Rassismus Westallgäu an der AfD. Ralf K. meint, »wer nur Teile unserer Gesellschaft überhaupt achtet, manchen sogar gesetzlich verankerte Rechte abspricht, ihren Glauben verächtlich macht, sie pauschal als gefährlich und kriminell darstellt, der verdient keinen Dialog!« Wer Journalisten, Politiker, Linke und Antifaschisten »zu Feinden des Volkes erklärt und sie als Verräter bezeichnet«, lege »die Axt an unsere freiheitliche Ordnung, hetzt Menschen gegen Menschen und gefährdet sogar unseren inneren Frieden.«
Ralf K. schreibt weiter vom »Wolf im Schafspelz, der erst dann »offen sein hässliches Gesicht« zeige, wenn er stark genug sei das zu tun. Das erreiche man »nicht im Dialog mit Rechten, die ausreichend Kreide gefressen haben, um noch nicht ganz so abstoßend zu wirken als sie in Wahrheit sind!« Mandatsträger, Anhänger und Förderer, »die nur ihre Ideologie verbreiten und sich als harmlos bürgerlich tarnen« müsse man vom Dialog ausschließen. Das gelte aber nicht für Menschen, die noch nicht erkannt hätten, welche Gefahren von ganz rechts ausgehen.
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