Die Staatsanwaltschaft prüft einen Aushang der ehemaligen Bäckerei Posselt. Der Verdacht: Der Querdenken-Bäcker relativiert immer wieder den Holocaust auf volksverhetzende Weise.
»Leider ist es mir nicht gelungen die Bäckerei an einen Nachfolger zu übergeben«, schreibt der ehemalige Kaufbeurer Bäcker Rudolf Posselt auf der noch recht harmlosen ersten Seite eines Aushangs, der offenbar seit dem 25. Oktober 2021 an einer Filiale zu lesen ist. Posselt habe die Bäckerei 1980 übernommen und »über 40 Jahre am Leben erhalten.« Doch nun sei ihm vorgeworfen worden, dass er sich statt um das Überleben seiner Bäckerei um die örtliche Querdenken-Szene kümmerte. Auch deshalb soll Kundschaft fern geblieben sein und Posselt musste schließen.
»Holocaust größeren Ausmaßes«
Weiter schreibt Posselt: »Die Ansichten der Querdenker werden bisher nur von einer Minderheit geteilt. Wenn man als Geschäftsmann sich gegen die Ansichten der Mehrheit seiner Kunden stellt, ist dies sicher nicht von Vorteil. Doch ich hielt mich mit meinem Wissen und Gewissen verantwortlich meine Stimme gegen die Corona-Maßnahmen zu erheben.«
Doch dabei belässt es der Bäcker nicht. Die folgenden beiden Seiten des Aushangs relativieren den Holocaust wie den Nationalsozialismus insgesamt: »Es ist für uns offensichtlich, dass sich vor unseren Augen ein weiterer Holocaust größeren Ausmaßes abspielt.« Damit nimmt Posselt Bezug auf ein Schreiben angeblicher Holocaust-Überlebender, das »einen sofortigen Stopp der Impfung« fordert. Außerdem werde mit falschen Therapien gegen Corona vorgegangen. »Dieses Vorgehen hat große Ähnlichkeit mit dem Euthanasieprogramm Adolf Hitlers. Daher halte ich die Warnungen der Holocaust-Überlebenden für äußerst berechtigt«, schreibt Posselt.
»Für mich ist dieses Deutschland die Wiederauferstehung Nazi-Deutschlands«
Auch in den Quarantäne-Regelungen glaubt Posselt ein NS-Regime zu erkennen: »Ihr könnt vollkommen gesund sein und wegen einer Testung oder einem Kontakt zu einer angeblich infizierten Person in Quarantäne weggesperrt werden.« Deshalb hat Rudolf Posselt eine eindeutige Botschaft an »alle Bürger Deutschlands: Für mich ist dieses Deutschland die Wiederauferstehung Nazi-Deutschlands.«
Die Polizei ist nicht sicher, ob diese Relativierung von NS und Holocaust als strafbewährte Volksverhetzung qualifiziert und hat den Vorgang zur Überprüfung der rechtlichen Bewertung an die Staatsanwaltschaft Kempten gesandt. Ein Ergebnis steht noch aus. Das schreibt ein Sprecher der Behörde am Freitag auf Anfrage.
Vergleiche verhöhnen Opfer des NS
Bei der Querdenker-Demo heute in Nürnberg gab es wieder unangebrachte Vergleiche mit der NS-Vernichtungspolitik, die eine massive Verharmlosung der #shoa #shoah darstellen. @Report_Antisem #nbg0910 #antisemitismus #antisemitism pic.twitter.com/A5rZlfqFsN
— Endstation Rechts. (@ER_Bayern) October 9, 2021
Posselt fiel bereits im Januar auf den Querdenken-Versammlungen in Kaufbeuren auf. Dort sagte er etwa als Redner, er informiere sich viel über »alternative Medien« statt über »Mainstream Medien«. Daher habe er eine »andere Sichtweise«. Etwa: »Wir werden nicht von unseren Politikern regiert, sondern von globalen Großkonzernen und der Hochfinanz«, formulierte er einen in »alternativen« und rechten Kreisen weit verbreiteten Verschwörungsglauben, der meist antisemitisch konnotiert ist. So war der Begriff der »Hochfinanz« zentral für die antisemitische NS-Propaganda. Bis heute gilt er als Schlüsselbegriff der Rechtsradikalen Szene – er bietet einen »sanften« Einstieg in antisemitische Vorstellungen. Auf der selben Versammlung rief Karl Hilz die Polizei zum Putsch auf. Bis zu 180 Personen applaudieren den Verschwörungsmythen und Umsturzphantasien.
»Die Behauptung, es fände durch die Impfung ein neuer Holocaust, gar noch größeren Ausmaßes statt, ist nicht nur ganz offenbar falsch. Sie verharmlost auch die Verfolgung und systematische Vernichtung der europäischen Juden und Jüdinnen in der Schoah. Mit solchen Vergleichen werden die Opfer und ihre Angehörigen verhöhnt«, sagt Nikolai Schreiter von RIAS Bayern. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) nimmt Meldungen über antisemitische Vorfälle auf und unterstützt Betroffene von Antisemitismus in Bayern.
Auch andernorts verhöhnte Posselt die Opfer des NS mit der aktiven Verbreitung seiner »alternativen Sichtweisen« über Holocaust und Nationalsozialismus. So präsentierte er erst im Oktober in Nürnberg und München Ganzkörperschilder mit entsprechenden Parolen. In München bezeichnete er bloße »Impf-Proapaganda« als »Holocaust2«.
Was ist es eigentlich, wenn die GEZ Sender echte Antisemiten einstellen und deren Einstellung zu Juden öffentlich so ist, das man eigentlich nur sagen kann, sie hassen Juden?
@ Frank Danz
was hat Ihr Kommentar mit dem Artikel zu tun? Null.
Dann vergessen Sie zusätzlich auch noch, den Leser*innen zu sagen, wer denn das sein soll, Zitat Danz: „… wenn die GEZ Sender echte Antisemiten einstellen …“
Sie versuchen – je dummdreister, desto besser! – vom im Artikel beschriebenen „Querdenken“-Problem abzulenken.