Manuela Grimm errichtet bei Irsee einen neuen Landsitz der völkischen Anastasia-Bewegung. Unterstützung erhält sie vom bis in neonazistische Kreise vernetzten Mutterhof in Unterthingau.
»Es ist ein Paradies für mich«. So beschreibt Manuela Grimm in einem 15-minütigen Online-Film ein Grünland-Areal am Waldrand nur wenige hundert Meter westlich vom Markt Irsee. Auf ihrer 1,25 Hektar großen Fläche möchte Grimm eine kleine Öko-Oase errichten. Auf rund einem Drittel der Fläche habe sie bereits »neue Landschaften« geschaffen, sowie neue Flora und Fauna angesiedelt. Naturromantisch träumt die 48-Jährige Kaufbeurerin davon, eine »Einheit« von »Mensch, Tier, Natur« zu schaffen. Auch größere Tiere wie ihre beiden Esel will sie einsetzen, »die auch arbeiten dürfen, also transportieren dürfen.« Das Gelände solle umgesetzt werden »in etwas Blühendes, etwas Lebendes, etwas das einfach schon immer hier sein wollte«.
In Aufmachung und Inhalt erinnert der Kurzfilm eklatant an ein Werbevideo, mit dem sich der Mutterhof in Unterthingau der Öffentlichkeit als modernes Pionierprojekt für eine ökologische und nachhaltige Zukunft vorstellte. Hinter der grünen Fassade allerdings verbergen sich nach Recherchen von Allgäu rechtsaußen antisemitische Verschwörungsthesen, Neonazi-Kontakte und die Sehnsucht nach einer völkischen Revolution. Tatsächlich war auch der Mutterhof als Familienlandsitz der rechtsradikalen Anastasia-Bewegung konzipiert.
Manuela Grimm errichtet Anastasia-Landsitz bei Irsee
Die Ähnlichkeit der Filme ist weder Zufall noch rein oberflächlicher Natur. Auch hinter Manuela Grimm’s Projekt verbirgt sich mehr als eine ökologische Oase, wie sie im Video auf dem Kanal des Mutterhofs erklärt: »Als ich 2009 die Bücher von Anastasia gelesen habe«, habe es »einfach nur noch Klick gemacht.« Und als »ich das dann von dem Hektar dort gelesen habe [wurde] der Traum geboren, dass ich den auch mal haben werde, haben will.« Nun hat sie ihn offenbar in Irsee gefunden.
»Der Hektar«, auf den Grimm anspielt, ist ein Verweis auf das Konzept der sogenannten (Familien-)Landsitze, das auf die von ihr benannten »Bücher von Anastasia« zurückgeht. Die Romanreihe des russischen Autors Wladimir Megre erzählt stark esoterisch aufgeladen von der mystischen Heilsbringerin Anastasia. Rassistische, antisemitische, frauenfeindliche und verschwörungsideologische Aussagen werden in eine scheinbar ökologische Utopie eingebunden. Zentral neben einem bei völkischen Siedlungs- und Hofprojekten beliebten quasi-religiösen Überbau ist die Idee, sogenannte Familienlandsitze zur Selbstversorgung auf je einem Hektar im Einklang mit ihren Ahnen und der Natur aufzubauen.
Mutterhof exportiert völkische Ideen ins Allgäu
»Präsentiert« wird das Video laut Vorspann von der »Mutterhof Akademie«, auf deren Online-Kanal es auch erschien. Öffenbar wird vom Mutterhof aus die Idee der völkischen Oasen ins Allgäu exportiert. Ausdrücklich bedankt sich Manuela Grimm etwa bei Robert Briechle, dem zentralen Akteur des Unterthingauer Mutterhofs für die Unterstützung. Regelmäßig veranstaltet der Hof zudem einen Markt, auf dem neben Obst und Gemüse auch die politischen Ideen der Betreiber an Konsument*innen und Produzent*innen gebracht werden. Unter den Sympathisant*innen ist etwa auch der Grasser Hof in Aitrang zwischen Irsee und Unterthingau. Auch die jüngst zumindest vorerst gescheiterte Anastasia-»LebensOase« im Ober- und Westallgäu steht mit dem Mutterhof in Kontakt.
Für Manuela Grimm ist ihr Landsitz ebenso kein rein persönlicher Rückzugsraum. Sie will die Idee verbreiten: »Menschen inspirieren, das auch zu tun«, erklärt sie im Video. Sie wolle »nach außen gehen, interessierten Gruppen anbieten«, das Gelände zu besichtigen, »dass ein Dialog entsteht.« Worin dieser Dialog konkret bestehen soll, erklärt sie nicht.
Bürgermeister will rechtes Projekt verhindern
Auf telefonische Anfrage sagte Grimm am Dienstag zunächst, dass es bei dem Projekt um »Heilung« von Mensch und Tier gehe. Erst auf ausdrückliche Nachfrage bestätigt sie, dass es ein Landsitz nach der Anastasia-Idee sein soll. Mit deren problematischen Anteilen will sie aber nichts zu tun haben: »Wenn ich ein Buch lese, dann nehme ich das was für mich an Essenz wichtig ist und das war bei Anastasia einfach diese Familiengärten, die gestaltet werden.« Mit der Bewegung identifiziere sie sich nicht. Doch deren rassistische und antisemitische Inhalte schrecke sie nicht ab. Auch Briechles Kontakte in Neonazi-Kreise spielen für sie keine Rolle, sagt sie. Überhaupt seien die Vorwürfe gegen ihn falsch. Für sie habe der Mutterhof-Gründer »das Herz am rechten Fleck«. Grimm würde auch Neonazis willkommen heißen, wenn sich diese auf ihrem Gelände inspirieren lassen wollten.
»Wenn das einen Rechtsdrall hat, werde ich alles daran setzen, das zu verhindern«, sagt Irsees Erster Bürgermeister Andreas Lieb am Dienstag auf Anfrage. Er habe schon von dem jüngst im Ober- und Westallgäu vorerst gescheiterten Anastasia-Projekt, das seinerseits mit dem Mutterhof in Kontakt steht, gelesen und möchte derartiges auch an seinem Ort nicht zulassen. Frau Grimm und ihr Gelände sei ihm bekannt. Jedoch nicht, dass es ein Anastasia-Landsitz sein soll. Das wolle er nun aufklären und gegebenenfalls – wie im Ober- und Westallgäu – weitere Schritte einleiten.