Nachdem Querdenken in Kempten unangenehme Erfahrungen mit Kritiker_innen und Polizei machen musste, weicht die Gruppe nun an Orte aus, an denen diese weniger stark vertreten sind. In Memmingen etwa bedrängten deren Anhänger_innen die Polizei massiv.
Am Montagabend versammelten sich nach Polizeiangaben circa 130 Personen auf dem Memminger Marktplatz. Wie an den Montagen zuvor hätten sie unter dem Motto »Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, kein Impfzwang« »gegen die geltenden Corona-Maßnahmen« demonstriert und seien »überwiegend aus dem süd-west-schwäbischen Raum« angereist, schreibt die Polizei in einer Mitteilung an die Presse.
Querdenken will sich Kritik und Polizei entziehen
Tatsächlich befanden sich unter den Teilnehmenden einige bekannte Gesichter auch aus der Kemptener Querdenken-Szene, die den Gegenprotest scheuten, der an diesem Montagabend gleich an zwei Orten bereitstand. »Antifaschistisch, solidarisch und entschlossen« wolle man weiter gegen die Querdenker_innen vorgehen, obwohl diese ihren allmontäglichen »Lichterspaziergang« unter anderem aufgrund antifaschistischer Blockaden in den vergangenen Wochen nicht mehr fortsetzen durften und dieser zum »Stillstand« gekommen sei. Das schrieb die Initiative Kempten gegen Rechts (KgR) in einem Aufruf zu den Protesten am Montag.
Das bestätigen auch etwa Aussagen von Andreas H., der regelmäßig bei Querdenken in Kempten als Ordner eingesetzt war und immer wieder mit Bezügen auf rechtsradikale (Medien-)Aktivisten wie den Neonazi Nikolai Nerling oder den österreichischen Kopf der Identitären Bewegung, Martin Sellner sowie Parteien wie die Deutsche Mitte und die AfD auffällt. Als Reaktion auf die Berichterstattung über den Aufruf von KgR erklärte dieser gegenüber Allgäu rechtsaußen, man werde dem Protest ausweichen. Überhaupt sehe man sich bei Querdenken nun nicht mehr an eine bestimmte Route, einen Wochentag oder gar »an Verordnungen gebunden«. Man will sich demnach also auch künftig über Verbote hinwegsetzen – oder Versammlungen erst gar nicht mehr anmelden, um sich der Kritik durch Protest und dem Zugriff der Polizei zu entziehen.
Querdenken bedrängt Polizei
Beides gelang am Montag in Memmingen. Einzelne anwesende Ordnungshüter konnten während der Kontrolle von Peter E., der selbst bereits an mehreren Orten im Allgäu Pressevertreter bedrängte und mit einer Nähe zur AfD auffällt, massiv von den Teilnehmenden eingeschüchtert und bedrängt werden. Indes war ein Gegenprotest kaum wahrzunehmen. Lediglich vereinzelte Querdenken-Gegner_innen ließen sich blicken. Ihnen rief ein vorbeiradelnder 32-jährigen Neonazi, der nicht an der Versammlung teilnahm, mehrfach und gezielt den Hitlergruß zu.
Einer der Organisatoren der schließlich verbotenen aber dennoch illegal in Kempten durchgeführten Versammlung nahm am Montag in Memmingen ebenfalls teil. Er will den Memminger Erfolg offenbar wiederholen und hat in mehreren Allgäuer Städten weitere Versammlungen angekündigt – nicht aber in Kempten. Offenbar erhofft man sich auch hier eine geringe Präsenz von Polizei und Kritiker_innen.
Ein Gedanke zu „Querdenken zieht sich vor Protest und Polizei zurück“