Während »Querdenker« in Kempten wieder über Gewalt diskutieren, sagen deren Gegner: »Gegen Corona hilft nur Solidarität«. Deshalb wollen sie am Samstag gegen die »reaktionäre Scheinrevolte« demonstrieren.
Für »Frieden und Freiheit« und »die Wiederherstellung unserer Grundrechte« wollen die selbsternannten Querdenker am Samstag wieder in Kempten demonstrieren. Dagegen wendet sich ein kritisches Bündnis aus SJZ react!or und Kempten gegen Rechts. Für »Frieden und Freiheit« auf die Straße zu gehen sei »eine ehrenwerte Sache und auch Kritik an den Pandemie-Maßnahmen zu üben ist vollkommen legitim«, schreiben die Initiativen in einem Aufruf, ab 13:30 Uhr gegen die Querdenken-Versammlung zu protestieren.
»Gegen Corona hilft nur Solidarität«
Jedoch werden, so die Kritik, bei Querdenken die Mund-Nasen-Schutzmasken mit dem NS-Regime gleichgesetzt und als unangemessene Beschneidung der persönlichen Freiheit »verteufelt«. Das sei unverantwortlich und unsolidarisch. Wer zudem mit Rechtsradikalen auf die Straße gehe, verliere »jeglichen Anspruch, sich Ziele wie Frieden und Freiheit auf die Fahnen zu schreiben« und sei »brandgefährlich«.
Die Querdenken-Gegner weisen in ihrem Aufruf darauf hin, dass Weltweit inzwischen eine Million Menschen nach einer Infektion mit dem Corona-Virus gestorben sind. Und die Pandemie bedrohe die wirtschaftliche Existenz vieler, die sich ohne regelmäßiges Einkommen oder mit Einbußen wiederfänden. Besonders gefährde das Virus weltweit die Schwächsten, die in Armut leben, von Rassismus und Ausgrenzung betroffen seien. »Gegen Corona hilft nur Solidarität«, meinen die jungen Aktivist_innen deshalb. »Wir alle« bräuchten gerade in der Pandemie soziale Sicherheit und Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung.
»Reaktionäre Scheinrevolte«
Die Querdenken-Bewegung sei dagegen »eine reaktionäre Scheinrevolte. Rebelliert wird nicht gegen soziale Ungerechtigkeit oder gegen die ungerechte Verteilung der Einschränkungen« kritisierte das SJZ react!OR am Sonntag in einem Statement. Im Gegenteil gehe es bei Querdenken nur um »die ungestörte Freiheit zur Rücksichtslosigkeit gegenüber Schwächeren.«
Es gebe etwa angesichts der desaströsen Zustände an und vor Europas Außengrenzen genügend Gründe, für Freiheit und Menschenrechte auf die Straße zu gehen. Wer aber »immer wieder egomanisch für die eigene Freiheit mit radikalen Rechten auf die Straße geht und im großen Stil Werbung für ein Verweigern von Corona Schutzmaßnahmen macht, zementiert die aus der Pandemie resultierenden Ungleichheiten und macht sich zum Steigbügelhalter des Faschismus.«
Schutzbewaffnung, Gewalt und Querelen um Versammlungsort
Ursprünglich sollte die Versammlung von Querdenken und entsprechend auch der Gegenprotest am Hildegardplatz stattfinden. Doch unter dem Eindruck des vergangenen Montags, als Querdenken 800 Personen auf den Hildegardplatz zog, verlegten die Behörden die Veranstaltungen in das Illerstadion. Den »Querdenkern« gefällt das nicht. Intern diskutieren sie, zu klagen oder einfach entgegen der behördlichen Auflagen zum Hildegarplatz zu gehen.
Nach der Eskalation in Berlin, bei der auch Kinder zum Schutz vor der Polizei in erster Reihe platziert worden sein sollen, diskutiert Querdenken in Kempten auch wieder über Gewalt. So kursieren Ankündigungen, am Samstag mit Schutzbewaffnung zu erscheinen. Ein Harald H. etwa schreibt: »Ja, da hast Du wohl recht und die Vorderen halten immer als erstes den Kopf hin. Eigentlich sollten alle Demoteilnehmer mit Motorradhelmen und Regenkombi erscheinen. Ich glaube nicht mehr an eine gewaltlose Lösung dieser ganzen Sache, lehne Gewalt zwar ab, glaube aber einfach nicht mehr dran. Es ist auch in der Bevölkerung inzwischen immer mehr Frust angestaut. Der wird sich seinen Weg bahnen.« In einer anderen Nachricht heißt es: »Leistet Widerstand wo es nur geht, Widerstand überall«.
Ein Gedanke zu „»Mitdenken statt Querdenken«“