Via WhatsApp teilt ein 19-Jähriger Leutkircher einen antisemitischen Sticker und ein Hitlerbild. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein, weil der Empfängerkreis zu klein sei.
Der Vorfall wurde bislang nicht öffentlich bekannt. Erst auf eine Bundestagsanfrage der Linksfraktion zu Protesten gegen und Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte taucht der Fall auf. In der Antwort der Bundesregierung (Drs 19/21647) ist er als politisch rechts motivierte Volksverhetzung mit »Angriffsziel ›Asylunterkunft‹« gelistet. Datiert ist er dort auf den 12. März 2020. Allgäu rechtsaußen hat recherchiert, was genau passiert ist.
Der »Sachverhalt hat keinerlei Bezüge zu Asylsuchenden oder deren Unterkünfte«, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg auf Anfrage mit. Nachdem der 19-jährige Beschuldigte in einem WhatsApp-Gruppenchat mit fünf Personen bzw. in einem Chat mit einer weiteren Person einen antisemitischen Sticker sowie ein Hitlerbild postete, ermittelte die Polizei wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Empfängerkreis für Strafbarkeit zu klein
Allerdings fehle nach der Rechtsprechung bei einem so kleinen Personenkreis das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Verwendung, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf unsere Anfrage. Daher stellte die Behörde das Verfahren (Az 110 Js 22189/20) mangels hinreichendem Tatverdacht ein.
Der Sticker mit der antisemitischen Aufschrift »Juden werden hier nicht bedient« ist laut Staatsanwaltschaft am 1. Februar 2020 verschickt worden, das »Hitleremoticon« am 26. März 2020. Für das von der Bundesregierung genannte Datum 12. März 2020 »ergibt sich nichts aus der Akte«, so der Behördensprecher.
Aus der Akte eines anderen bei der Bundesregierung ebenfalls abweichend auf den 12. März 2020 datierten Falls ergibt sich aber eine mögliche Erklärung: Die Polizei hatte dieses Ermittlungsverfahren am 12. März 2020 nach einer staatsschutzrechtlichen Überprüfung von öffentlich einsehbaren Facebookprofilen eingeleitet. Hier könnte es ähnlich gewesen sein.
(Titelbild: Unterkunftsbaracke des KZ-Außenkommando Biesings, auch Schlachters genannt, im Landkreis Lindau. Es war eines der Außenlager am Bodensee des Konzentrationslagers Dachau. Gemeinfrei, aus: Werner Dobras, Andreas Kurz (Hrsg.): Daheim im Landkreis Lindau, Stadler Verlagsgesellschaft, Konstanz 1994, S. 133, ISBN 3-7977-0281-7)