Ein Anhänger von Combat 18 mit Sturmgewehr. Die Gruppe gilt als der bewaffnete Arm des zwar in Deutschland verbotenen aber weiter aktiven internationalen Neonazinetzwerks Blood&Honour.

Verschwörungsideologien: Rechter Hass unterm Brennglas

Eine Verschmelzung rechter und verschwörungsideologischer Strömungen ist brandgefährlich. Sie ist dazu geeignet rechten Hass in kollektive Gewaltanwendung zu überführen – auch im Allgäu. Ein Kommentar nach Halle.

»Feminism is the cause of declining birth rates in the West, which acts as a scapegoat for mass immigration, and the root of all these problems is the Jew«. So präsentiert Stephan B. seine Weltsicht in einem Video das er während seiner rechtsterroristischen Tat in Halle live ins Internet streamte. Sein bewaffneter aber missglückter Angriff auf eine Synagoge am höchsten jüdischen Feiertag kostete zwei Menschen das Leben. Es grenzt an ein Wunder das nicht mehr Menschen seinem rechten Hass und Verschwörungswahn zum Opfer gefallen sind. Erklärtes Ziel von Stephan B. war es möglichst viele jüdische Menschen zu ermorden.

Als Triebfeder für seine schreckliche Tat verschmolz der Terrorschütze von Halle drei Ideologien, die uns auch bei der AfD und anderen Neu-Rechten Strömungen immer wieder begegnen, zu einer großen Verschwörung: Antifeminismus, den angeblichen »großen Austausch« durch »Masseneinwanderung« und »der Jude« als Strippenzieher und »Wurzel« allen Übels. Der Verschwörungsglaube, nachdem die »autochthone« europäische Gesellschaft gezielt durch »Masseneinwanderung« ausgetauscht werden solle war bereits für den Täter von Christchurch zentral und ist es für große Teile der extremen Rechten, allen voran der Identitären Bewegung und ebenso der AfD.

Für die Verbreitung, Bündlung und Verstärkung derartiger Verschwörungsideologien haben verschiedene Politiker und Kommentatoren zurecht auch auf anonyme Plattformen im Internet verwiesen. Vor dem Anschlag im amerikanischen El Paso im August, bei dem 20 Menschen starben, soll der Attentäter seine Tat auf dem Imageboard 8chan angekündigt haben. Das Portal ist seitdem online nicht mehr aufrufbar. Fredrick Brennen, Gründer von 8chan, geht davon aus, dass sich auch der Attentäter Stephan B., vor seinem Anschlag in Halle auf 8chan radikalisiert hat. Laut Brennen geht es auch auf 8chan um die vermeintliche Weltherrschaft der Juden, den Geburtenrückgang aufgrund von Feminismus sowie den angeblichen Austausch der weißen Rasse.

Die Besonderheit in solchen Foren ist die absolute Anonymität der Nutzer, welche die Verbreitung von Hassbotschaften und Verschwörungsglauben niederschwellig und ohne direkte negative Konsequenzen ermöglicht. Dennoch wäre es verfehlt anzunehmen, dass gefährliche rechte Verschwörungsideologien nur in solchen zwielichtig anmutenden Bereichen des Internets verbreitet und verstärkt werden. Auch in sozialen Medien die im Mainstream der Internetnutzer stark verankert sind erfährt derartiges Gedankengut eine Normalisierung und breite Streuung in nicht unerhebliche Teile der Gesellschaft.

Nicht selten fungieren hier beispielsweise rechtspopulistisch bis rechtsradikal geprägte Gruppen bei Facebook als Schnittstelle zwischen Vertretern der AfD und verschwörungsideologischen Kreisen. Erstere machen mit dramatisierenden Meldungen Stimmung und schüren durch ihre Postings rassistische und antifeministische Ressentiments. Zweitere verbinden diese Inhalte dann mit ihrem eigenen verschwörungsideologischen Weltbild. Es ist wenig verwunderlich, dass damit mitunter auf lokaler Ebene auch eine Vernetzung beider Akteure von statten geht, wie Allgäu ⇏ rechtsaußen sie jüngst zum Beispiel in Lindau am Bodensee aufgedeckt haben.

Eine solche Verschmelzung rechtspopulistischer und verschwörungsideologischer Strömungen ist brandgefährlich. Sie ist dazu geeignet, rechten Hass in kollektive Gewaltanwendung zu überführen. Der rechte Terroranschlag in Halle hat gezeigt zu welchen Taten rechtsradikaler Verschwörungsglaube einen Menschen bringen kann. Zu welchen Taten eine Gesellschaft fähig ist bei der antisemitischer Verschwörungsglaube handlungsleitend wird zeigt nicht zuletzt die deutsche Geschichte.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

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