Thomas Wagenseil will wieder als Bezirksrat in Augsburg tätig sein. Nachdem unter anderem positive Bezugnahmen auf Wehrmacht und Waffen-SS und seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz öffentlich wurden, war er nur noch einmal in dem Gremium aufgetaucht – bis heute.
Nach langer Pause nahm Thomas Wagenseil am heutigen Donnerstag wieder an einer Sitzung im Bezirkstag Schwaben teil. Herr Wagenseil teilt mit, dass er berufsbedingt verhindert gewesen sei, an drei Bezirkstagssitzungen teilzunehmen. Nun möchte er auch seine Tätigkeit als Bezirksrat wieder aufnehmen. Die AfD-Fraktion unterstützt Wagenseil dabei. »Sollten sich jedoch verfassungsrechtliche Bedenken gegen Herr Wagenseil auftun, werden wir diesen von der AFD Fraktion ausschließen.«
Das schrieb der Augsburger Polizeibeamte und Vorsitzende der Rechtsaußenfraktion Frank Skipiol am Dienstag in einer Mail an den Präsidenten des Bezirksrats. Dem Schreiben liegt eine Erklärung von Thomas Wagenseil bei, in der er zu seiner Beobachtung durch den Verfassungsschutz Stellung bezieht. Beides liegt Allgäu ⇏ rechtsaußen vor.
»Im Bezirkstag nicht tragbar«
Nach der am Dienstag versandten Stellungnahme von Thomas Wagenseil hatte manch Bezirksrat eine Aussprache zu den Vorwürfen gegen Thomas Wagenseil erwartet. Schriftlich hatte Wagenseil mit Verweis auf »laufende Verfahren« allerdings bereits angekündigt, sich den Fragen der Bezirksräte nicht stellen zu wollen.
»Herr Wagenseil war da, hat aber nichts gesagt«, bestätigte Heidi Terpoorten kurz nach der Sitzung am Donnerstag gegenüber Allgäu ⇏ rechtsaußen. Zwar soll es erst nach der Sommerpause im September zu einer offiziellen Stellungnahme der anderen Fraktionen kommen, doch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bezirkstag findet schon jetzt klare Worte: Es gehe nicht, die Waffen-SS positiv zu besetzen, erklärte Terpoorten unter dem Eindruck der Stellungnahme Wagenseils.
»Die Haltung der SPD-Bezirkstagsfraktion ist eindeutig, eine Person im schwäbischen Bezirkstag ist nicht tragbar, die eine positive Bewertung der Wehrmacht und der Waffen-SS von sich gibt«, kommentierte auch Wolfgang Bähner als Vorsitzender der SPD-Fraktion des Gremiums bereits am Mittwoch auf Anfrage von Allgäu ⇏ rechtsaußen. Das Amt niederzulegen sei »die letzte Konsequenz«. Allerdings sei Wagenseil gewählt, weshalb die Entscheidung bei ihm läge.
Bezirksräte der ÖDP und der Linken wollten eine Aussprache noch vor der Sommerpause, wie es aus informierten Kreisen heißt.
Positive Bezugnahme auf Wehrmacht und Waffen-SS
Kurz nach seiner Vereidigung im Dezember hatte Thomas Wagenseil nur noch einmal Anfang des Jahres an den Sitzungen des obersten Organs des Bezirks Schwaben teilgenommen und war dann nicht mehr aufgetaucht. Im Hintergrund ging Wagenseil erfolglos gegen unliebsame Berichterstattung vor. Etwa dagegen, dass Allgäu ⇏ rechtsaußen mit Bezug auf einen Bericht von Zeit online aus dem Jahr 2016 bereits im März 2018 darauf hinwies, dass Thomas Wagenseil einst auf Facebook ein Bild der German Defence League (GDL) als Titelbild nutzte, auf dem »Maximaler Widerstand« gefordert wird. Bei der GDL handelt es sich laut einem Experten um »radikale Islam-Feinde mit Neonazi-Verbindung«.
Später wurde bekannt, dass auch der Verfassungsschutz Thomas Wagenseil im Auge hat: »Aktivitäten von Herrn Wagenseil auf Facebook wiesen in der Vergangenheit auf einzelne Beziehungen in den Phänomenbereich Rechtsextremismus (Identitäre Bewegung), vor allem jedoch auf eine positive Bezugnahme auf die Wehrmacht und die Waffen-SS hin«, schrieb die Behörde kurz vor Weihnachten zur Beobachtung von Thomas Wagenseil.
Wagenseil sieht »Waffen SS […] rehabilitiert«
Dagegen behauptet nun Wagenseil in seiner Stellungnahme an den Bezirkstag, dass er »zu keinem Zeitpunkt Kontakt zur IB hatte: »Ich kenne niemanden dieser Organisation und war niemals auf einer Veranstaltung oder etwas vergleichbarem. Dieser Vorwurf ist komplett aus der Luft gegriffen und in keinster Weise zutreffend.«
Den Vorwurf der positiven Bezugnahme auf Wehrmacht und Waffen-SS weist Thomas Wagenseil nicht von sich. Er sehe allerdings »immer nur die militärische Seite dieser kämpfenden Truppen«. Politisch gebe »es nichts daran auszusetzen der kämpfenden Truppe Respekt und Ehre zu zollen, dies werde ich mir auch in Zukunft nicht verbieten lassen, egal von wem.« Selbst Politiker wie Konrad Adenauer und Kurt Schumacher hätten »die Waffen SS als 4.Teil der Wehrmacht akzeptiert und rehabilitiert.« Sollte seine Haltung dazu »ein Grund sein jemanden vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, dann leben wir in einer Gesinnungsjustiz und die vielgepriesene Meinungsfreiheit existiert nicht mehr«, so Wagenseil.
Straf- und zivilrechtliche Schritte gegen »infame Lügen«
Wagenseil Verfassungsfeindlichkeit zu unterstellen sei »absurd und abwegig.« Daher habe er »mithilfe eines renommierten Anwalts« Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingereicht. Das hatte er bereits im Februar angedroht. Ende März sind die Klage und ein Antrag auf einstweilige Entscheidung im Eilverfahren bei Gericht eingegangen, wie eine Sprecherin des Bayerischen Verwaltungsgerichts in München auf Anfrage bestätigte. Die zuständige 30. Kammer habe jedoch noch keinen Termin zur mündlichen Verhandlung festgesetzt. Der Verfassungsschutz gibt »aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes« keine Auskunft zu der Klage.
»Auch gegen die infamen Lügen« habe Thomas Wagenseil laut seiner Stellungnahme straf- und zivilrechtliche Schritte eingeleitet. Allgäu ⇏ rechtsaußen hatte im Dezember Screenshots veröffentlicht, die Wagenseils besonderes Faible für Wehrmacht und Waffen-SS zeigen. Zudem hegt Wagenseil demnach auch Sympathien für neue Nazis und hängt einer gefährlichen Verschwörungstheorie an, nach der Flüchtlinge eine feindliche Invasionsarmee darstellen sollen.
Tatsächlich stellte Thomas Wagenseil bereits im Dezember Strafantrag wegen Verleumdung gegen den Chefredakteur von Allgäu ⇏ rechtsaußen. Das Verfahren wurde allerdings entgegen der Behauptung des Antragstellers bereits Anfang März eingestellt. Herr Wagenseil sagt, dass er die entsprechenden Posts nicht auf seiner Facebook Seite getätigt hat, sondern diese gegen seinen Willen auf seinem Facebook Account gepostet wurden, da dieser gehackt wurde.