Anfang letzten Jahres verbreitet ein Günzburger ein »Kinoplakat« mit antisemitischem Symbolgehalt und einen Aufruf zur Freiheitsberaubung gegen Politiker*innen. Das Amtsgericht Günzburg verurteilt ihn zu einer Geldstrafe.
Am Donnerstag musste sich ein Günzburger wegen Beleidigung, übler Nachrede sowie Verleumdung von Personen des politischen Lebens vor dem Amtsgericht Günzburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, mit dem Posting eines Plakats zur Freiheitsberaubung gegen Politiker*innen aufgerufen zu haben. Ein weiteres Plakat reproduziert antisemitische Verschwörungsphantasien, die unter Anhänger*innen von Querdenken grassieren.
Amtsrichterin Lang verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 45 Euro. (Az 1 Cs 511 Js 165/22) Wird das Urteil rechtskräftig, kosten ihn die beiden Postings also 4500 Euro zuzüglich Gerichtskosten.
Aufruf zur Freiheitsberaubung gegen Politiker*innen
Der zur Tatzeit 59-Jährige veröffentlichte nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft am 24. Januar 2022 auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil ein Bild in der Aufmachung eines Fahndungsplakats mit der Überschrift: »Terroristen-Staatsfeinde-Davos Clique wegen organisiertem Verbrechen, Hochverrat, Genozid, Kindesmissbrauch, Volksverhetzung, Freiheitsberaubung, Amtsmissbrauch, Erpressung, Nötigung, arglistige Täuschung und anderen schwerwiegenden Straftaten am deutschen Volk und Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland werden gesucht«.
Darunter sind zahlreiche Personen mit Geburtsdatum und anderen Daten abgebildet. Unter den Betroffenen sind Ursula von der Leyen, Jens Spahn, Markus Oehler, Annalena Baerbock, Karl Lauterbach und Winfried Kretschmann oder die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, Klaus Schwab, Bill Gates, George Soros, Christian Drosten und Lothar Wieler abgebildet. Für »Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen« lobt das Plakat als Belohnung »die Freiheit eines jeden Bürgers sowie die Wiederherstellung der demokratischen Rechtsstaatlichkeit Deutschlands, des Grundgesetzes sowie der Verfassung« aus.
Ausdrücklich richtete sich der Text an Beamte und rief insbesondere auch Privatpersonen zur Freiheitsberaubung gegen die Betroffenen auf. Zumindest habe der Anklage billigend in Kauf genommen, dass das auch ernsthaft umgesetzt wird, so die Staatsanwaltschaft. Baerbock, Spahn und Wieler stellten Strafantrag, die Generalstaatsanwaltschaft betonte ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.
Antisemitische Verschwörungsmythen als Kinoplakat
Den Vorwurf der Beleidigung bezog die Staatsanwaltschaft auch auf ein weiteres Plakat, das der Angeklagte am 8. Februar 2022 auf seinem öffentlichen Facebook-Profil eingestellt habe. Dieses zeigte in der Optik eines Kino-Plakates Gesundheitsminister Lauterbach in der Mitte, umrandet von weiteren deutschen Politikern, wie unter anderem dem Bundeskanzler Olaf Scholz, Ursula von der Leyen, Christian Lindner, Robert Habeck, Annalena Barbock, Frank-Walter Steinmeier, Cem Özdemir und Bärbel Bass.
Dieses Plakat ist der Aufmachung des Films Der Pate entlehnt und trägt den Titel »die Lügner 2.0«. Diese hätten einen »Plan: ein Land zu destabilisieren, das Volk zu spalten und in den Untergang zu zerren«. Zudem heißt es: »Verachtend. Respektlos, Habgierig, Psychisch gestört. Überbezahlt. Realitätsfremd«. Die Geschädigten Baerbock, Roberta Beck und Özdemir stellten Strafantrag. Auch hier hielt die Generalstaatsanwaltschaft wegen des öffentlichen Interesses ein Einschreiten von Amts wegen für geboten. Den antisemitischen Symbolgehalt des Plakats greift die Anklage allerdings nicht auf.