Für das versenden perfider volksverhetzender Videos und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwarnt das Amtsgericht Günzburg einen 20-Jährigen, der nun zwei Gedenkstättenführungen besuchen muss.
Ende Januar musste sich ein 20-Jähriger Lauinger wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf dem jungen Mann vor, zwischen Mitte 2019 und Mitte 2020 als Mitglied einer WhatsApp-Gruppe namens »Hüdde« mehrere problematische Posts eingestellt zu haben.
NS-Fackelzüge und rassistische Hetze
So soll er zunächst am 23. Juli 2019 ein Video verschickt haben, das zunächst einen Ausschnitt aus der Zeichentrickserie »Spongebob Schwammkopf« zeige, welches mit arabischer Musik hinterlegt ist. Nach einem Schnitt würden Bilder von Fackelzügen der Nationalsozialisten, mehrfach auch mit Hakenkreuzen, gezeigt. Unterlegt ist dieser Filmabschnitt mit einem Lied einer der populärsten deutschen Neonazibands.
Am 8. Dezember folgte dem laut Staatsanwaltschaft ein Video, in dem der Fahrer eines grünen SUV am Bahnhof Bellenberg lautstark in eine rassistische Hasstirade verfällt. Zuvor drohte der Mann einem Schwarzen mit einem Messer in aller Öffentlichkeit den Tod an, wie Allgäu rechtsaußen damals dokumentierte.
Gedenkstättenbesuche als Strafe für Hetze und Nazi-Parolen
Am 31. Dezember postete der junge Mann darauf ein Video, zu dessen Beginn eine unbekannte männliche Person den linken Arm zum Hitlergruß hebt. Ein Video vom 22. Februar 2020 zeigte dann mehrfach Adolf Hitler in Uniform mit Hakenkreuzbinde am Arm und ein letztes Video vom 22. Juni 2020 laut Staatsanwaltschaft »eine offenkundig betrunkene männliche Person an einem Bartresen«, die die linke Hand zum Hitlergruß erhebt und »Heil Hitler« sagt.
Amtsgerichtsdirektor Henle verurteilte den 20-Jährigen schließlich wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen. (3 DS 409 Js 24036/20 jug) Im Übrigen wurde das Verfahren eingestellt. Der Angeklagte erhielt eine Verwarnung mit der Auflage, binnen sechs Monaten jeweils an einer Führung des KZ Oberer Kuhberg in Ulm und der Gedenkstätte in Dachau teilzunehmen und dies dem Gericht nachzuweisen. Außerdem muss er 1.000 Euro an die jüdische Gemeinde Ulms bezahlen.
(Titelbild: Im Ulmer Fort Oberer Kuhberg richteten die Nazis von November 1933 bis Juli 1935 ein KZ ein. (CC BY-SA 3.0 Speifensender))
Erstmal einen Dank für Eure wichtige und wertvolle Recherchearbeit im Allgäu aus Worpswede bei Bremen – dort treten wir im Rahmen der Initiative NIE WIEDER – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts aktiv jeden Montag gegen die „Spaziergänger*innen“ an.
Zum Ausgang des Gerichtsverfahrens kann ich nur sagen: unglaublich – eine Verwarnung mit Gedenkstättenbesuch. Da lacht die Koralle. Verwarnungen gibt’s bei uns z.B. für drei Mal Schwarzfahren mit dem ÖPNV.
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Update:
Außerdem muss er 1.000 Euro an die jüdische Gemeinde Ulms bezahlen.
Hoffentlich ist die jüdische Gemeinde sich nicht zu fein dafür, Geld von einem Nazi zu nehmen. Eine Strafzahlung ist keine Spende! Der Deutsche Kinderschutzbund hat mal eine Edathy auferlegte Zahlung abgelehnt. Das zeugte m.E. eher von Dummheit als von Anstand.
Uiuiui, einer jüdischen Gemeinde präventiv vorzuwerfen, dass (falls!) sie Geld von einem Nazi nicht annehmen möchte und das dann auch noch mit Worten wie »Dummheit« und mangelndem Anstand in Verbindung zu bringen ist schon auch krass. Sie muss die Zahlung im Übrigen nicht annehmen, auch wenn es keine klassische Spende ist. Dann geht’s halt für den Typen zurück zum Richter.
Ja finde ich gut, hoffentlich bekommen noch mehr rechte Pöbler solche Strafen aufgebrummt. Das würde mich freuen.
Naja, ich bin mir da nicht so sicher, ob diese Art von Strafe angemessen ist. Ich verstehe nicht, wieso immer wieder unterstellt wird, dass genau die Leute, die das fordern, was die Nazis umgesetzt haben plötzlich geläutert werden, wenn ihnen das präsentiert wird. Nazis wissen in der Regel sehr genau, was sie da fordern. Und ganz davon abgesehen davon, wie sinnvoll das ist: Solange das nicht wenigstens mit Ankündigung passiert und sichergestellt ist, dass die a) unter Aufsicht sind und b) keinen unbedarften Überlebenden oder Hinterbliebenen über den Weg laufen, finde ich das ziemlich daneben.