Ermordeten Neonazis vor 30 Jahren in Kempten einen fünfjährigen Jungen? Das ermittelt nun die SOKO 1990.
Unter Leitung der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München hat das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West nun bei der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben (KPI-Z) die Sonderkommission SOKO 1990 eingerichtet. Diese nahm in der vergangenen Woche ihre Ermittlungen wegen Mordes auf.
Unter Verwendung moderner Ermittlungshilfsmittel soll die SOKO 1990 nun versuchen, einen Brandanschlag vom 17. November 1990 aufzuklären und Zusammenhänge mit weiteren Anschlägen aus dieser Zeit prüfen. Das berichteten die Generalstaatsanwaltschaft München und das Kemptener Polizeipräsidium am Freitagmittag in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Täter trotz Bekennerschreiben unbekannt
Damals drangen die Täter in ein Wohnhaus in der Füssener Straße in Kempten ein, verschütten im hölzernen Treppenhaus Brandbeschleuniger und legten Feuer. Die meisten Bewohner konnten sich gerade noch retten. Doch ein fünfjähriger Junge, den die Feuerwehr aus seinem Kinderzimmer in dem brennenden Haus barg, erlag wenig später einer Rauchvergiftung.
Erst 30 Jahre später erfährt die Familie durch Recherchen von Allgäu rechtsaußen und Zeit online, dass ihr kleiner Sohn Opfer eines Neonazi-Anschlages geworden sein könnte. Denn damals tauchte ein Schreiben auf, in dem sich eine »Anti Kanaken Front Kempten« zu der Tat bekannte. Dennoch wurde das Ermittlungsverfahren nach weniger als zwei Jahren ergebnislos eingestellt. Nachdem Zeit online Ende Oktober darüber berichtete, fiel der Beschluss, das Ermittlungsverfahren wieder aufzurollen. Nun lautet der Tatvorwurf nicht mehr schwere Brandstiftung, sondern Mord.