Wegen mehrerer volksverhetzender und menschenverachtender E-Mails verurteilt das Amtsgericht Kaufbeuren einen mittlerweile in die Schweiz verzogenen 55-Jährigen.
Mit einem »Gruß aus Braunau« gingen im Jahr 2018 eine Reihe massiv rassistischer und menschenverachtender Mails bei der Leserredaktion der Bildzeitung in Berlin ein. »Ein Patriot« lebte darin seine Gewalt-, Mord- und Vergewaltigungsphantasien gegen vermeintlich Nicht-Deutsche und andere Feindbilder aus. Im Anschluss an Schilderungen, wie er diese foltern wolle, wünschte sich der Autor darin etwa: »und zum Schluss ab nach Dachau ins KZ wie den Rest von dem Gesindel und Merkel mit«.
Handyauswertung überführt Angeklagten
Das wirft die Staatsanwaltschaft einem 55-jährigen Ex-Kaufbeurer vor, der inzwischen in der Schweiz lebt. Dabei habe er beabsichtigt, dass es zu einer die Öffentlichkeit erregende Berichterstattung kommen solle. Zu seiner daher vom Amtsgericht Kaufbeuren angesetzten Gerichtsverhandlung (Az 1 Cs 110 Js 18771/18) ist Holger B. am Mittwoch allerdings nicht erschienen. Über seinen Verteidiger ließ er ausrichten, er habe die Mails nicht verschickt. Möglicherweise habe jemand anderes seinen Account gehackt oder bei einem Krankenhausaufenthalt im Mai sich Zugriff auf sein Mobiltelefon verschafft. Nur ein Teil der beiden in der Anklageschrift erwähnten – sowie weiteren in Form und Inhalt vergleichbaren – Mails vom Konto des Angeklagten fielen jedoch in den Zeitraum des Krankenhausaufenthalts.
Auf dem bei einer Hausdurchsuchung in Kaufbeuren beschlagnahmten Mobiltelefon des Angeklagten konnten die Emails sichergestellt werden. Das Gerät hatte Holger B. zwar erst deutlich nach den Tatzeitpunkten in einem Geschäft in Kaufbeuren gekauft, allerdings werden die Daten des Email-Kontos auf allen Geräten synchronisiert, wie der zweite als Zeuge geladener Polizeibeamte erläuterte, der das Mobiltelefon ausgelesen hatte. Dort fand er die betreffenden Mails, aber keinerlei Hinweise auf einen Zugriff auf den Mail-Account durch andere. Die Voreinstellungen sowohl der Hardware als auch des Mailanbieters ließen ein Szenario, in dem jemand anderes die Mails verschickt haben könnte, als äußerst unrealistisch erscheinen.
Geldstrafe für Volksverhetzung
So erachtete das Gericht den Vorwurf der Volksverhetzung als erwiesen und es ging beim Urteil letztlich nur noch um die Höhe der Strafe. Der Angeklagte sei arbeitslos und habe derzeit kein Einkommen. Aufgrund seines neuen Wohnsitzes in der Schweiz beziehe er momentan auch keine Sozialleistungen, erklärte der Anwalt nach telefonischer Rücksprache.
Das Gericht urteilte schließlich auf 130 Tagessätze zu je 15 € für Holger B., der sich den Polizeibeamten gegenüber bei der Hausdurchsuchung in Kaufbeuren unkooperativ bis feindselig verhalten haben soll. Der erste Zeuge zitierte ihn sinngemäß mit den Worten, in diesem Land könne man nicht mehr leben.