Stolpersteine: Hetze statt Gedenken

Der Künstler Gunter Demnig verlegte am 13. Oktober an 14 Stellen in Memmingen weitere 32 der Stolpersteine, die an Bewohner der Stadt erinnern sollen, deren Leben durch das nationalsozialistische Regime ausgelöscht wurden. Auf Facebook wird dagegen gehetzt.  

Seit 1992 verlegt der Künstler Gunter Demnig die kleinen Gedenktafeln als Stolpersteine im ganzen Bundesgebiet und teils europaweit. Die Messingplatten sollen an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Sie werden mit einer individuellen Gravur versehen und in den Boden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der jeweiligen Person eingelassen.

Am 13. Oktober verlegte Demnig weitere 32 der Mahnmale an 14 Orten in Memmingen. Damit wird nun in der Stadt  insgesamt 93 mal der Opfer des NS-Regimes in dieser Form gedacht. Vier weitere Steine konnten wegen Baustellen bislang noch nicht verlegt werden.

Online stößt die Erinnerung an die Verbrechen Nazi-Deutschlands allerdings auf vehemente Abwehr: »muss man die scheisse immer wieder aufkochen«, schäumt da ein User, der meint, »jedes Land« habe »solche schlechten Vorgeschichten« und damit die historische Einmaligkeit der Shoa in Frage stellt. Anschließend ruft er dazu auf, den Künstler aus der Stadt zu jagen.

Auch andere versuchen die historische Schuld der Deutschen an Verbrechen anderer zu relativieren oder finden das Gedenken an den geschichtlich einmaligen industriell organisierten Massenmord der Nazis »maßlos übertrieben« oder gar »Sinnlos wia a Kropf«. Einer Kommentatorin ist der Holocaust zudem sogar »Egal und ich will nicht dauernd Erinnert werden was mal war«.

Doch es gibt auch Gegenstimmen. »Der Großteil derjenigen, die am liebsten alles vergessen würden, sind auch meistens die, die von Hitlers’s Autobahnen schwärmen und jetzt AfD wählen, weil angeblich endlich wieder was für’s ›Volk‹ getan wird«, kontert etwa ein Nutzer am Mittwoch Abend. Vorangegangene Kommentare würden genau zeigen, »wie notwendig es ist, sich zu erinnern!«

»Die Kommentare über die Stolpersteinverlegung beweisen, dass wenigstens ein Ziel erreicht wurde«, kommentiert der Vorsitzende des Vereins Stolpersteine in Memmingen, Helmut Wolfseher, auf Anfrage. Sein Verein initiierte die Stolpersteinverlegungen in der Stadt. Zumindest sei es durch die Diskussion gelungen, »dass auch Ignoranten vor Augen geführt wird, dass der von Deutschland industriell organisierte Massenmord ohne Beispiel in der Geschichte dasteht. Auch das Andenken an die ermordeten Widerstandskämpfer wäre in jeder europäischen Nation selbstverständlich.« Warum es Deutsche gebe, die nicht einmal die Erinnerung an jene ermordeten Mitbürger bewahren wollen, die sich gegen die Naziherrschaft aufgelehnt hätten und nach dem verlorenen Krieg als Alibi für das gute Deutschland benutzt würden sei überhaupt nicht zu verstehen. Der Verlauf der Diskussion gebe allerdings Hoffnung.

(Beitragsbild by Lourie Shaull)


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