UFO-Konferenz in Stadthalle Memmingen

Am Wochenende findet eine sogenannte UFO-Enthüllungskonferenz in der Stadthalle Memmingen statt. Die Veranstaltende verbreitet Rassenlehre und Referent*innen sind von Antisemitismus und Verschwörungsglauben geprägt. Kontakte unterhalten sie bis in die Neonaziszene hinein. Verantwortliche der Stadt sehen kein Problem.

»Es ist Zeit für Kontakt«, heißt es auf der offiziellen Website der Stadt Memmingen. Denn, so wirbt der Text des Veranstaltungshinweises weiter: »Die „Ultimative UFO-Enthüllungskonferenz“ kommt nach Deutschland!« Genauer gesagt in die Stadthalle Memmingen. Bei der dreitägigen Veranstaltung soll es dieses Wochenende laut memmingen.de um »spirituelle Implikationen des UFO-Phänomens«, »die Auswirkungen der Anwesenheit von UFOs« und »das Thema der „Enthüllung/Disclosure“ durch Weltregierungen, Multimedien und auf individueller Basis« gehen.

Was auf den ersten Blick nur skurril und absurd wirkt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Sammelbecken für Anhänger*innen gefährlicher Ideologien. Verschwörungsglaube, Antisemitismus und die Vernetzung bis in das neonazistische Milieu sind Teil dieser »UFO-Szene«. Dennoch stellt die Stadt auch auf eine Konfrontation hin weiter ihre Räumlichkeiten zur Verfügung und hält an der Bewerbung der Veranstaltung fest.

Update: Nach Erscheinen unserer Berichterstattung verschwand die Ankündigung auf der Website der Stadt spätestens Freitag morgen doch. 

Vom UFO zum »Arier«: Veranstalterin verbreitet Rassenlehre

Veranstalterin der UFO-Konferenz ist Anja Schäfer (Bodensee), die im engen Kontakt mit der Amerikanerin Sheila Gipson steht. Gipson schreibt unter dem Pseudonym Omnec Onec Bücher und hält Vorträge, in denen sie vorgibt vom Planeten Venus zu stammen, dort als »nordische« oder »arische« Außerirdische geboren und auf die Erde gekommen sei, um den Erdenmenschen ihre spirituellen Botschaften zu offenbaren. Schäfer fungiert dabei laut ihrer Website »als eine Art „Brücke“ zwischen Omnec und der Welt« und verbreitet ihre Botschaften in Form von Büchern oder Vorträgen.

Auch auf der Memminger »UFO-Konferenz« tritt Gipson als Rednerin auf. Ihren Schilderungen zufolge gäbe es höheres Leben auf verschiedenen Planeten und auch die Menschheit habe extraterrestrische Wurzeln. Daraus leitet Gipson eine Rassenlehre ab: Die »Venusianer«, wie Gipson sie repräsentieren will, werden als überlegene, »arische Rasse« verstanden.

Schäfer erklärt in einer ZDF-Doku: »Wir sind hier alle Kolonien, wenn man so will. Und [Omnec] hat gesagt die ersten Kolonien sind aus unserem Sonnensystem von Mars, Saturn, Venus und Jupiter gekommen. Von denen hat Omnec eben immer primär erzählt, dass die Rassen, die auf der Erde eben die dominanten oder eben die auffälligsten sind, von Mars, Venus, Saturn und Jupiter kommen. Venus: Die Weissen, Mars: Die Gelben, Saturn: die Roten und Jupiter: die Schwarzen.«

Vom Verschwörungsglauben zur Querdenken-Ideologie: Neue Welt Ordnung und Antisemitismus

Nicht nur mit dieser rassistischen Evolutionsgeschichte dringt die Welt der Ufogläubigen tief in braune und esoterische Sphären ein. Reiner Feistle aus Ellwangen, ebenfalls Referent der Konferenz, führt zum Beispiel einen Online-Shop mit Literatur, die wohl alle Nischen und Richtungen des verschwörungsgläubigen und rechts-esoterischen Klientels bedient. In Feistle’s Eigenverlag »All-Stern-Verlag« ist beispielhaft erst letztes Jahr ein Buch erschienen, das um eine Frage kreist, die durch entsprechende Chiffren den antisemitischen Inhalt aufzeigt: »Werden wir künftig in einer Welt von Freiheit und Selbstbestimmung leben oder als […] willenlose Sklaven einer satanischen Elite?« Feistle kommentiert als Verleger, das Buch quelle nur so über »von Pharma-Verschwörung, skurrilen Hintergrundmächten, organisiertem Verbrechen, Science-Fiction, aber auch spiritueller Weisheit«.

Das Buch sei bewusst in Romanform erschienen, erklärt Feistle in einem seiner Videos, damit der Autor Bernd Huber »gewisse Dinge, die jetzt natürlich in dieser Zeit schwierig sind, öffentlich auszusprechen« darin verarbeiten könne. Im Videohintergrund sind Teppiche mit den Farben der Reichsflagge, ein beliebtes Symbol der Reichsideolog*innen, zu sehen.

In welche Richtung der Inhalt eines anderen Buches aus dem hauseigenen Verlag steuert, das von der vermeintlichen »Wahrheit« über Corona handelt, könnte ein Coverbild kaum besser veranschaulichen: »Verschwörung?« steht über einem brennenden Q, dem Zeichen der antisemitischen Qanon-Ideologie, die bereits die politische Ausrichtung von Querdenken maßgeblich prägte.

Zwischen Zeitreise-Aliens und Neonazis

Auch Schäfer teil auf ihrem Social-Media-Kanal Qanon-Inhalte. In anderen Verlagsbüchern geht es um Deutschland als Zentrum einer weltweiten Auseinandersetzung um eine vermeintliche »Neue-Welt-Ordnung«, um die Geheimpläne der Illuminaten, deren Ziel die »Versklavung, Verarmung und Verelendung der Weltbevölkerung« sei , eine »reptiloid-hybride Agenda […], [die] zunehmend mehr Terroranschläge, Kriege und Katastrophen« plane, Verschwörungserzählungen um den 11. September 2001, den »Deep State«, pro-russische Propaganda, Nazi-Aliens, die durch die Zeit reisen, zutiefst rassistische, asylfeindliche Inhalte, …

Kurzum: Es dürfte kaum ein Thema der esoterischen Rechten geben, das allein in den verlagseigenen Büchern nicht angeschnitten wird. Zusätzlich werden Bücher von dem extrem rechten Esoteriker Jan Udo Holey unter seinem Pseudonym »Jan van Helsing« angeboten, dessen Bücher teilweise wegen Holocaustleugnung verboten wurden. Im Jahr 2000 publizierte Holey ein Buch über die vermeintlichen Kontakte von Feistle und seiner Ehefrau zu Außerirdischen.

Sheila Gipson (»Omnec Onec«) trat bei dem Holey nahestehenden »Secret-TV« auf, der rechtsesoterische Themen durch Videos propagierte. 2015 hielt der der Anastasia-Bewegung nahestehende Neonazi Frank Willy Ludwig bei dem so genannten »All-Stern-Kongress« in Betzigau einen Vortrag, der vom All-Stern-Verlag organisiert wird – Feistle äußerte schon damals, dass er und Ludwig gute Bekannte seien. Kennengelernt und mehrmals getroffen hätten sie sich bei dem von Holocaustleugner Ernst Köwing initiierten rechtsradikalen »Honigmann-Treffen«.

Auch weitere Konferenzsprecher verdeutlichen die inhaltlichen und personellen Verstrickungen tief ins rechtsradikale Milieu. So etwa Peter Denk, ein im entsprechenden Milieu bekannter Verschwörungsideologe und Anhänger der rechtsradikalen »Neuen Germanischen Medizin«. Oder Frank Jacob, der auf einem von Traugott Ickeroth moderiertem Kongress auftrat. Ickeroth wurde 2023 als Beschuldigter der mutmaßlich rechtsterroristischen Reichsbürger-Truppe um Prinz Reuß verhaftet.

Stadt Memmingen hält an Veranstaltung fest

Mit der Problematik konfrontiert antwortet die Pressestelle der Stadt am Mittwoch auf Anfrage, man sei »selbstverständlich« »nicht daran interessiert die Stadthalle Memmingen für Veranstaltungen mit rassistischem, antisemitischem oder rechtsextremen Inhalt zu vermieten.« Dennoch bleibt es bei der geplanten Veranstaltung, denn: »Aus dem Programm der geplanten UFO-Konferenz selbst lassen sich keine Schlüsse auf rassistische, antisemitische oder rechtsextreme Inhalte schließen. Auch haben wir Ihre ergänzenden Angaben überprüft; diese waren entweder nicht stichhaltig genug oder erbrachten keine weiteren Erkenntnisse – dies auch unter Einschaltung weiterer Stellen.« Man werde sich aber »über die Inhalte der Veranstaltung stichpunktartig selbst ein Bild machen.« Nach Erscheinen unserer Berichterstattung verschwand die Ankündigung auf der Website der Stadt spätestens Freitag morgen doch.

Die UFO-Gläubigen werden’s der Stadt danken. Können sie doch so nicht nur den Absatz ihrer für ab 220 Euro erhältlichen Tickets fördern und sich gleichzeitig ein harmloses Image geben lassen. Die sogenannte »UFO-Messe« im Foyer der Stadthalle wird darüber hinaus interessierte anziehen, unter denen die UFO-Ideolog*innen dann neue Anhänger*innen auch für die entsprechenden Ideologien werben werden. Den nächsten Kongress mit ähnlicher Besetzung plant Anja Schäfer schon Anfang Juli im Schloss Hohenfels am Bodensee.


Hilfe: Du hast selbst einen Übergriff erlebt?

Dann kannst du Hilfe bei B.U.D. Bayern bekommen. Das ist eine unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von rechten, rassistischen und antisemitischen Übergriffen.

Zeug_innen können sich an B.U.D. Bayern wenden, dann wird der Vorfall registriert und Betroffenen geholfen – wenn sie das wollen.

Wenn du in Baden-Württemberg bist, ist dieLeuchtlinie für dich da.

Eltern, Angehörige und Freunde von Jugendlichen, die sich rechts orientieren, können Hilfe bei der Elternberatung bekommen.

Und wenn du selbst etwas gegen Rechts unternehmen willst, steht dir die Mobile Beratung zur Seite.

Ein Gedanke zu „UFO-Konferenz in Stadthalle Memmingen“

  1. bei aller berechtigten Kritik:

    ich überlege, mir einen „Bulwer-Lytton“ zu kaufen –

    den „Bulwer-Lytton“ mit innovativem „Vril-Antrieb“, der über den Boden schwebt – technische Details hier:

    „Rudolf Steiners rassistischer Science-Fiction-Trash: Aus der Akasha-Chronik“, https://hpd.de/artikel/10883

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