Mehrfach überkleben oder entfernen Unbekannte im selbstverwalteten Jugendzentrum react!OR unter anderem antisemitismuskritisches Material.

Wie die Trägerstruktur des react!OR in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme mitteilt, wurden wiederholt unter anderem antisemitismuskritische Sticker, Symbole und Informationsmaterialien – darunter welches von Allgäu rechtsaußen – im Haus entfernt oder überklebt. Stattdessen seien etwa Flyer der Roten Jugend aufgetaucht.
Auch inhaltlich kam es demnach zu problematischen Auftritten: Bei einer Veranstaltung von Prole Kempten im September sei etwa Lenin ohne jede kritische Einordnung zur Lektüre empfohlen und die brutale Gewalt relativiert worden, mit der die ukrainische Zivilbevölkerung durch die russische Armee auch jenseits der Front massakriert und zwangsrussifiziert wird. Derartige Verharmlosungen und die gezielte Entfernung antisemitismus- und herrschaftskritischer Inhalte stünden im Widerspruch zum Selbstverständnis des Projekts.
Derartige Vorfälle hätten sich gehäuft, seit die erst in diesem Jahr gegründeten Gruppen Offenes Antifaschistisches Treffen Kempten (OAT) und Prole die Räume nutzten. Trotz der klaren Ansage des Trägers, dass ihnen der react!OR nicht für Veranstaltungen zur Verfügung stehe, hätten sich die Gruppen weiterhin ohne Wissen und Zustimmung der Verantwortlichen in den Räumen getroffen. Selbst nach direkter Konfrontation zeigten sie laut react!OR keinerlei Bereitschaft, die Entfernung antisemitismuskritischer Materialien oder die damit verbundenen Vorwürfe aufzuarbeiten.
Darüber hinaus seien Schlüssel ohne Absprache verteilt worden. Auch insgesamt habe es an einer konstruktiven Kommunikation gefehlt, stattdessen sei auf Nachfragen ausweichend, irreführend und mit Lügen reagiert worden. Aus all den Gründen habe der Träger entschieden, die fraglichen Gruppen rauszuwerfen und tauschte am Freitag das Schloss der Räumlichkeiten aus. Zwar sei den Verantwortlichen ein derartiges Vorgehen »zutiefst zuwider«, erklären sie ausführlich in der Stellungnahme ihre Beweggründe. Doch anders hätte man sich nicht in der Lage gesehen, »eine seit Monaten schwelende autoritäre Umgestaltung und Übernahme« des react!OR, als die sich die Aktivitäten der Gruppen in der Rückschau erwiesen hätten, zu stoppen.
Das OAT wies einen Teil der Vorwürfe in einer seinerseitigen Stellungnahme von Montag zurück. Für die überklebten Sticker etwa »können wir keine Verantwortung übernehmen.« Man könne ja nicht ausschließen, dass es jemand von den übrigen Nutzenden war. »Darüber hinaus distanzieren wir uns ausdrücklich und unmissverständlich von Antisemitismus in jeglicher Form. Der gegen uns erhobene Vorwurf ist daher unbegründet und entbehrt jeder Grundlage.«
Von den Aussagen anderer Gruppen distanziere sich das OAT, unterhalte »keinerlei organisatorische Verbindung«, spreche »ausschließlich für sich selbst.« Anderen habe man keinen Zutritt gewährt. Auf die Vorhalte des react!OR bezüglich Autoritarismus, Dogmatismus, Hegemoniestreben und Übernahmeversuch erwidert das OAT Kempten indes nichts weiter. Für die Gruppe sei »das Thema damit abgeschlossen«. Prole äußerte sich bislang nicht.
		
		


